Die
Arabeske
, aus italienisch
arabesco
(?maurisch, orientalisch“), ist ein aus spatantiken, hellenistischen Vorbildern entwickeltes Ranken
ornament
. Mit dem Begriff werden sowohl die flachenfullenden, naturnahen
Akanthusranken
der Renaissance als auch die stilisierteren Blattrankenornamente in der islamischen Kunst benannt. Beide stehen nicht in direkter Abhangigkeit zueinander, haben aber ahnliche Wurzeln.
Abgrenzung und Gebrauch des Begriffs
Arabeske
sind widerspruchlich und uneinheitlich. Missverstandlich ist schon die anachronistische Anwendung auf die spatantiken Dekorformen. Primar handelt es sich um einen 1530 erstmals als
rabesci
belegbaren
[1]
Begriff, mit dem man dann auch
Akanthusornamente
auf den Frontfeldern von
Pilastern
bezeichnete. Die Begriffswahl hat man damit erklart, dass die vorbildhafte hellenistisch-romische Ornamentik den Renaissancekunstlern uber
Byzanz
bekannt wurde, das seit 1453 zum
Osmanischen Reich
gehorte.
Seit dem 17. Jahrhundert wurden die Bezeichnungen
Arabeske
,
Groteske
und
Maureske
oft gleichbedeutend benutzt. Spatestens seit 1851
[2]
wird
arabesque
auch fur orientalische Ornamente angewendet, vor allem, seit
Alois Riegl
[3]
den Begriff auf die stilisierte Gabelblattranke der islamischen Kunst einschrankte.
[4]
Die Unsicherheit halt bis heute an,
[5]
ihr kann durch eine konkretere, anschaulichere Wortwahl (z. B.
Akanthusranke
) entgangen werden.
[6]
Wesentliche Kennzeichen der Renaissance-Arabeske sind: eine im Vergleich zu anderen Ornamenten relativ organische, naturnahe Wiedergabe, eine nicht immer symmetrische Anordnung, die Gegenlaufigkeit der feingliedrigen
Volutenranken
, die gleichmaßige Flachenfullung und der in der Regel rechteckige Rahmen.
Diese Elemente charakterisierten schon den Ornamentstil der romischen Kaiserzeit, wo die Akanthusranke als Reliefdekor von Architekturteilen beliebt war. So wurde das Ornament auch in der italienischen Renaissance an Bauten und von Malern bei der Architekturdarstellung sowie im Buchschmuck viel verwendet.
Seit etwa 1520 kehren entsprechende Motive in deutschen Ornamentstichen wieder, gern unter Einbeziehung von
Kandelabermotiven
und menschlichen Figuren. Zu ihren
Stechern
gehoren
Peter Flotner
,
Heinrich Aldegrever
,
Barthel Beham
,
Daniel Hopfer
und andere. Ausgefuhrte Arabeskenreliefs zeigen die Fuggerkapelle Augsburg (1518), der
Marktbrunnen in Mainz
(1526), das Georgentor in Dresden, die Terrakottafriese des
Statius von Duren
(1551/66) und die Profanarchitektur in Gorlitz.
Die Arabeske unterscheidet sich von der gleichzeitigen
Maureske
, von der sie nicht immer eindeutig auseinandergehalten wird, durch großere Naturnahe und geringeren Abstraktionsgrad. Wahrend die Arabeske aus antiken Vorbildern ableitbar ist, kam die Maureske durch den Import kunsthandwerklicher Waren aus den
maurisch
dominierten Gebieten Spaniens uber Italien auch nach Deutschland und die Niederlande, wo sie, noch starker vereinfacht und stilisiert, eine eigene Variante innerhalb des reichen Spektrums der
Groteskenornamentik
darstellte.
Die Arabeske kennzeichnet keine zeitlich eng begrenzbare Dekorationsweise (wie etwa
Knorpelwerk
oder
Rocaille
), sondern bleibt ein wiederholt in verschiedenen Stilen bis uber die Barockzeit hinaus aufgegriffenes Motiv.
Die Kultur der deutschen
Romantik
widmete der Arabeske eine ganz eigene Aufmerksamkeit.
Friedrich Schlegel
hatte schon ihre Bedeutung als Strukturprinzip aller Dichtung hervorgehoben (siehe den Hauptartikel
Arabeske (Literatur)
). Auch in der Bildenden Kunst diente sie nunmehr nicht mehr nur als Dekoration, sondern wurde selbst zum Bedeutungstrager. Angeregt weniger von der oben besprochenen Renaissance-Ornamentik Italiens, sondern vor allem von den Randzeichnungen
Albrecht Durers
im
Gebetbuch Maximilians I.
, wurde sie haufig als umlaufendes Ornament im Buchschmuck der Zeit verwendet. Aber auch auf Gemalden, z. B. von
Philipp Otto Runge
wird das Gestaltungsprinzip der rahmenden Arabeske zu einem haufig wiederholten Grundmuster. Die ihr einbeschriebenen allegorischen und symbolischen Motive scheinen spielerisch und gehen doch uber das Dekorative weit hinaus.
Peter Cornelius
,
Eugen Napoleon Neureuther
,
Moritz von Schwind
, sogar noch
Adolph von Menzel
haben diese Gestaltungsform in ihren Kompositionen benutzt.
Wohl mitbedingt durch das
islamische Bilderverbot
entwickelte sich im vorderen Orient unter spatantikem Einfluss die fur die islamische Kunst typische, flachig stilisierte Ranke aus sich gabelnden Blattern, die in schwingender Bewegung ein Feld gleichmaßig fullen.
Besonders eindrucksvolle Arabesken befinden sich in vielen Salen der
Alhambra
in
Granada
.
Verwendung findet das Muster in Architekturornamentik, Kunsthandwerk und Buchkunst.
In den
Streitkraften der DDR
wurden die
Kragenspiegel
als Teil der
Rangabzeichen
der
Dienstgradgruppe
der
Generale
und
Flaggoffiziere
als
Arabeske
bezeichnet. Siehe den Hauptartikel
Larisch-Stickerei
.
siehe auch die Literaturliste unter
Groteske
- E. Baer:
Jeweled Ceramics from Medieval Islam: A Note on the Ambiguity of Islamic Ornament.
In:
Muqarnas.
Band 6, 1989, S. 83?97.
- Lotte Pulvermacher
:
Arabeske
.
In:
Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte
.
Band 1, Stuttgart 1935, Spalte 895?900.
- Ernst Kuhnel:
Die Arabeske. Sinn und Wandlung eines Ornaments.
Wiesbaden 1949 (zum islamischen Ornament)
- Alois Riegl:
Stilfragen.
2. Auflage, Berlin 1923
- Werner Busch:
Die notwendige Arabeske, Wirklichkeitsaneignung und Stilisierung in der Kunst des 19. Jahrhunderts.
Mann, Berlin 1985 (
Digitalisat
).
- Verwandlung der Welt ? Die romantische Arabeske.
Ausstellungskatalog Hamburger Kunsthalle 2014.
(unter weitgefasster Auslegung des Begriffs Arabeske).
- ↑
Textilmusterbuch, Venedig 1530
(
Memento
vom 20. Juni 2012 im
Internet Archive
)
- ↑
John Ruskin:
The stones of Venice
, Kap. 1, § 26
- ↑
Alois Riegl:
Stilfragen
, Berlin 1893
- ↑
so auch Ernst Kuhnel:
Die Arabeske
, Wiesbaden 1949
- ↑
Das
Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte
(Arabeske)
, das
Reclam Sachlexikon der Kunst
, S. 32 und
Johannes Jahn
,
Stefanie Lieb
:
Worterbuch der Kunst
(=
Kroners Taschenausgabe
.
Band 165). 13., vollstandig uberarbeitete und erganzte Auflage. Kroner, Stuttgart 2008,
ISBN 978-3-520-16513-8
wenden den Begriff nur auf die europaische Renaissance-Ornamentik an, das ostdeutsche
Worterbuch der Kunst
, Leipzig 1987, Bd. 1. S. 224 folgt der Rieglschen Eingrenzung auf die islamische Kunst.
- ↑
Jungere Fachautoren zur europaischen Ornamentgeschichte wie Carsten-Peter Warncke:
Die Ornamentale Groteske in Deutschland
Berlin 1979 oder Gunter Irmscher:
Ornament in Europa
, Koln 2005, verzichten in diesem Zusammenhang ganz auf den Begriff
Arabeske
.