Die
Apanage
(
franzosisch
aus
mittellateinisch
appanare
?mit Brot versorgen“) ist die
Abfindung
der nichtregierenden Mitglieder eines
Adelsgeschlechts
mit Landbesitz, Einkunften aus Liegenschaften oder Geldzahlungen zur Ermoglichung eines standesgemaßen Lebenswandels. Sie wurde entweder bis zum Tod des apanagierten Adligen gewahrt oder bis zum Aussterben der von ihm begrundeten Linie. Da es im mittelalterlichen Europa lange Zeit kein einheitliches, klares
Erbfolge
recht gab, versuchte man die nichtregierenden Angehorigen einer
Dynastie
mit einer Apanage abzufinden, um eine
Teilung
des
Herrschaftsgebiets
zu verhindern.
Eine Apanage wurde, zumindest im 17. Jahrhundert im
schweizerdeutschen
Sprachraum, gelegentlich (aber nicht haufig) auch mit dem Begriff (die)
Legitime
[1]
bezeichnet, wobei dieser Begriff wohl auf das
Adjektiv
des umgangssprachlich verkurzten franzosischen Ausdrucks
apanage legitime
[2]
zuruckzufuhren ist.
War der gewahrte Landbesitz mit (allerdings eingeschrankten)
Herrschaftsrechten
verbunden, so handelte es sich um ein
Paragium
.
Das Rechtsinstitut der Apanage war durch die
Primogenitur
ordnung, das heißt die Erbfolge des Altesten aus der altesten Linie, rechtlich bedingt und auch historisch auf diese zuruckzufuhren
(Ubi primogenitura, ibi apanagium)
.
Dem Bedurfnis, die bei der Unteilbarkeit des Landes von der Regierungsnachfolge ausgeschlossenen Prinzen und Prinzessinnen zu versorgen, wurde in alterer Zeit durch
Paragien
, d. h. durch die Uberweisung von Land und Leuten mit beschrankten Herrschaftsrechten (ohne
Landeshoheit
), Rechnung getragen, wahrend seit dem 19. Jahrhundert der Versorgungsanspruch nicht regierender furstlicher Personen, der schon in der
Goldenen Bulle
anerkannt wurde, zumeist durch die Bewilligung von
Renten
befriedigt wird.
Die Hohe der Apanage und die vermogensrechtliche Stellung der apanagierten Prinzen und Prinzessinnen uberhaupt war in den einzelnen Staaten teils durch das Grundgesetz, teils durch Spezialgesetze, teils durch
Hausgesetze
und
Observanz
bestimmt.
Ein Anspruch auf Apanage stand nur ebenburtigen Mitgliedern des Hauses zu. Es waren aber in Ansehung der Apanage zwei Systeme zu unterscheiden, nach denen die Linien oder die einzelnen furstlichen Personen ausgestattet wurden:
- Nach dem Vererbungssystem, das z. B. in
Bayern
,
Sachsen
,
Wurttemberg
und
Waldeck
bestand, war die Apanage fur die Linie bestimmt. Die Kinder bekommen bei Lebzeiten des Vaters keine besondere Apanage, bei dessen Tod aber wird die Apanage unter seinen ebenburtigen Kindern verteilt, und sie bleibt im Erbgang, bis die Linie ausgestorben ist.
- Nach dem Heimfallssystem, wie es z. B. in
Baden
und in
Oldenburg
rechtens war, wurden die einzelnen furstlichen Personen, in der Regel von dem Zeitpunkt ihrer Volljahrigkeit an, besonders dotiert, und die Apanage endete mit dem Tod des Apanagierten.
Auch die direkten Nachkommen des regierenden Herrn, insbesondere auch der
Thronfolger
, hatten in manchen Landern Anspruch auf Apanage, wahrend sie in anderen Staaten bei Lebzeiten des Vaters von ihm unterhalten werden mussten.
Prinzessinnen wurden, solange sie unvermahlt waren, entweder aus der Apanage der Linie erhalten, oder sie empfingen eine besondere Apanage, in diesem Fall oft
Sustentation
genannt. Im Fall der Verheiratung hatten sie einen Anspruch auf
Aussteuer
(
Prinzessinnensteuer
oder
Frauleinsteuer
); die Witwe des Monarchen wie diejenige eines nachgeborenen Prinzen hatten ein
Wittum
zu beanspruchen. Die Finanzierung der Aussteuer galt als legitimer Grund zur Erhebung allgemeiner Steuern, denen die
Landstande
ihre Zustimmung nicht versagen konnten. Steuern zur Finanzierung der Mitgift fur Prinzessinnen wurden daher bisweilen (ebenso wie die Mitgift selbst) als
Frauleinsteuer
bezeichnet.
Apanage, Frauleinsteuer und
Wittum
(Witwenapanage), die regelmaßig in einer Geldrente, zuweilen aber auch in den Einkunften von Liegenschaften bestanden, hatten je nach der in den einzelnen Staaten bestehenden Einrichtung auf dem Kronfideikommissgut (→
Fideikommiss
), dem Kammer- oder Domanenvermogen, auf der Staatskasse oder auch auf der
Zivilliste
des regierenden Herrn ihren Eintrag.
Analoge Verhaltnisse fanden sich auch in den
mediatisierten
furstlichen Hausern sowie in denjenigen Familien, die ein Familienfideikommiss errichtet hatten, dessen Inhaber dann zuweilen an die von der Erbfolge in dasselbe ausgeschlossenen Familienglieder zu deren standesgemaßem Unterhalt Apanagen zu entrichten hatte, deren Große sich nach Statut, Hausgesetz und Familienobservanz richtete.
Auch im
China
der
Ming-Dynastie
(1368?1644) wurden alle nicht regierenden Mitglieder der Kaiserfamilie durch Apanagen versorgt, ublicherweise in Form von weitlaufigen Gutern und
Renten
aus der Staatskasse. Dies trug gewichtig zu einer immer desolateren finanziellen Lage der Regierung bei.
- August Wilhelm Hefftner:
Die Sonderrechte der souveranen und mediatisirten vormals reichsstandischen Hauser Deutschlands.
Schroeder, Berlin 1871 (
online
).
- Hermann Schulze
(Hrsg.):
Die Hausgesetze der regierenden deutschen Furstenhauser.
3 Bande. Mauke u. a., Jena 1862?1883.
- Konrad Wilhelm Ledderhose
:
Von der Frauleinsteuer in Hessen.
In: Konrad Wilhelm Ledderhose:
Kleine Schriften.
Band 5. Akademische Buchhandlung, Marburg 1795, S. 4?74.
- ↑
Jakob I Bernoulli
, Abdruck in: Pet Merian,
Beitrage zur vaterlandischen Geschichte
; Historische Gesellschaft zu Basel, Dritter Band. (Schweighausersche Buchhandlung, Basel 1846), S. 125?145, S. 134f. (
Digitalisat bei books.google.de. Abgerufen am 18. Dezember 2020
)
- ↑
Hans von Bostel
,
Gutachten, die vom Prinzen Moritz von Salm-Kyrburg wegen eingefuhrter Primogenitur geforderte Apanage und einem desfalls am 7. Juli 1803 abgeschlossenen Vergleich betreffend
, (
Wetzlar
1803), S. 7, 18 ff. (
Digitalisat bei books.google.de. Abgerufen am 18. Dezember 2020
)