Antoni Henryk Radziwiłł

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Le chevalier de Chateaubourg: Antoni Henryk Radziwiłł, 1797, Louvre .
Friedrich Oldermann nach Franz Kruger : Antoni Henryk Radziwiłł, um 1830.

Antoni Henryk Radziwiłł oder deutsch Furst Anton Heinrich Radziwill [1] (* 13. Juni 1775 in Wilna ; † 7. April 1833 in Berlin ), seit 1814 Majoratsherr in Njaswisch und Olyka , war ein polnisch-litauischer und preußischer Politiker (Furst und Statthalter), Großgrundbesitzer, Musiker und Komponist . Er gilt als Verfechter einer deutsch-polnischen Annaherung. [2]

Jugend und Heirat

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Elisabeth Vigee-Lebrun : Luise Radziwiłłowa geborene Prinzessin von Preußen , 1802, Metropolitan Museum .

Seine Eltern waren der letzte Woiwode von Wilno , der Furst Michał Hieronim Radziwiłł (1744?1831), und dessen Gattin Helena geborene Grafin Prze?dziecka (1753?1821). Die Radziwiłłs gehorten zu den reichsten und machtigsten Magnaten Polen-Litauens sowie zu den neun Familien, die schon seit 1515 Reichsfursten im Heiligen Romischen Reich waren und seit 1569 diesen Titel in der sonst titellosen Adelsrepublik fuhren durften.

Antoni Henryk studierte ab 1792 mit seinen Brudern in Gottingen . 1794 erhielt er eine Einladung an den Hof Friedrich Wilhelms II. von Preußen . Als nach dem Untergang Polens Warschau vorubergehend preußisch war, besuchte die preußische Konigsfamilie 1795 Radziwiłłs Eltern auf deren Schloss Nieborow bei Łowicz . Dabei verliebten sich Antoni Henryk und die funf Jahre altere Prinzessin Luise von Preußen , eine Nichte Friedrichs II. und Schwester des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen . Nach zahen Verhandlungen durften die beiden am 17. Marz 1796 heiraten. Ihre Ehe dauerte 37 Jahre und galt als glucklich.

Fruhe politische Tatigkeit

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Sein Leben lang pendelte Antoni Henry Radziwiłł zwischen Berlin, Posen , Warschau , Nieborow und Sankt Petersburg , immer bemuht, die Wiederaufrichtung Polens in Personalunion mit dem Konigreich Preußen zu fordern, was jedoch in Polen auf wenig Gegenliebe stieß. Solange das sogenannte Sudpreußen mit Warschau preußisch blieb, trug er sich mit Planen, daraus ein neues Konigreich Polen unter dem Konig von Preußen zu schaffen. In den Jahren 1802 bis 1805 stand er dem Prinzen Jozef Antoni Poniatowski nahe, gewann aber keine Unterstutzung fur seine polnisch-preußischen Plane.

1806 schien Friedrich Wilhelm III. entschlossen, Radziwiłłs Konzeption durchzufuhren und gab ihm den Auftrag, eine Verfassung fur Preußisch-Polen auszuarbeiten: Es sollte zu einem Konigreich Polen ausgerufen werden, mit eigener Verwaltung und eigenem Heer, wobei Radziwiłł selbst als Vizekonig und Tadeusz Ko?ciuszko als Oberkommandierender des Heeres fungieren sollten. Die preußische Niederlage in der Schlacht bei Jena und Auerstedt im selben Jahre machte alle diese Plane zunichte.

Großgrundbesitzer

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Jagdschloss Antonin (Polen), 2. Halfte des 19. Jahrhunderts
Schloss Njaswisch ( Belarus )
Schloss Olyka ( Ukraine )

Ab 1815 anderte sich die Situation des Fursten: Er residierte zwar in Berlin (in seinem Rokoko -Palais an der Wilhelmstraße 77, der spateren Reichskanzlei ), besaß aber in Preußen nur wenige Guter: Das Majorat Przygodzice bei Ostrow Wielkopolski in der Provinz Posen mit dem von Karl Friedrich Schinkel 1822?1824 erbauten Jagdschloss Antonin , spater auch das 1825 angekaufte Waldgut Ruhberg bei Kowary im Riesengebirge . Ein paar zerstreute Guter waren seit 1772 Teil des osterreichischen Galiziens . Nieborow gehorte nun zu Kongresspolen .

Der Hauptbesitz des Hauses Radziwiłł aber, die Majorate Njaswisch , Olyka und Mir , lagen in Belarus und der Ukraine, also auf russisch kontrolliertem Gebiet. Sie hatten seinem Vetter Dominik Hieronim gehort, der als Offizier der Polnischen Legion auf Seiten Napoleons gekampft und 1813 bei Hanau gefallen war. Darauf hatte Alexander I. sie konfisziert . Um sie fur die Familie zu retten, betatigte sich Antoni Henryk auf dem Wiener Kongress als Berater des Kaisers. Vor allem aber war ihm die verwandtschaftliche Beziehung zum preußischen Konig hilfreich. So erhielt er das gebundene Vermogen Dominik Hieronims zuruck, und dessen Erbtochter Stefania (1809?1832), nachdem sie 1828 den Russen Ludwig zu Sayn-Wittgenstein-Sayn geheiratet hatte, das nicht gebundene. [3] Im Besitz des Familienfideikommisses seines Vetters war Radziwiłł nun Oberhaupt seines Hauses und einer der großten Grundbesitzer Russisch-Polens. [4] Weil Auslander dort kein Land besitzen durften, erwog er zeitweise, sich naturalisieren zulassen. Seine Verwandtschaft mit dem preußischen Konigshaus half ihm jedoch, die Guter unbeanstandet behalten zu konnen, obwohl er nach Berlin zuruckkehrte. Das prunkvolle Radziwiłł-Palais im Zentrum von Warschau aber verkaufte er 1818 dem Staat ? es wurde Amtssitz des Gouverneurs und schließlich Residenz des polnischen Staatsprasidenten. Das heruntergekommene Schloss Njaswisch mit seinen 350 Raumen machte erst Radziwiłłs Enkel Antoni Fryderyk Wilhelm (1833?1904) wieder bewohnbar. Die Majorate Njaswisch und Olyka verblieben bis 1939 im Familienbesitz.

Statthalter in Posen

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Radziwiłłs Bruder Michał Gedeon , 1810er Jahre, Nieborow .
Henryk Siemiradzki : Der junge Chopin bei den Radziwiłłs, 1887.

Mit dem mehrheitlich von Polen bewohnten Großherzogtum Posen schuf der Wiener Kongress einen mehrheitlich von Polen bewohnten Satellitenstaat Preußens. Radziwiłł wurde 1815 zu dessen Statthalter ernannt, auch erhielt er den Rang eines Generalleutnants und spater eines Staatsrats . Seinen Amtssitz hatte er im ehemaligen Posener Jesuitenkollegium . Im Namen des Konigs nahm er die Huldigung von 700 Vertretern von Adel, Geistlichkeit, Beamten und Bauern entgegen. Als seine Aufgabe sah er an, die Polen mit Preußen zu versohnen und an die Hohenzollern-Dynastie zu binden, wogegen die Polen vor allem Selbstverwaltung anstrebten.

Der Statthalter hatte nur reprasentative und beratende Funktion: Er prasidierte die Zusammenkunfte der Regierungen von Posen und Bromberg und konnte gegen Beschlusse, welche die polnische Bevolkerungsmehrheit betrafen, sein Veto einlegen, wobei der endgultige Beschluss beim Konig lag. Seine Beziehungen zum ersten Oberprasidenten der Provinz, Joseph von Zerboni di Sposetti , gestalteten sich gut, verfeindet war er dagegen mit General Friedrich Erhardt von Roder , dem die preußischen Truppen im Großherzogtum unterstanden. Fur die Polen tat er viel: Er intervenierte stets bei der Ernennung hoherer Beamten und Geistlichen, unterstutzte die Petitionen des Posener Landtags und half aufstrebenden Talenten. Er wurde fur seine Kultur, Hoflichkeit und Menschenbehandlung geschatzt. Seine Frau war den Polen wohlgeneigt und in der Wohltatigkeit engagiert. Sie half oft durch ihre Kontakte zum Berliner Hof und zu Kanzler Hardenberg , mit dem sie jahrelang korrespondierte, antipolnische Maßnahmen der preußischen Beamtenschaft ruckgangig zu machen. Alles in allem wird Radziwiłł in Polen aber als schwacher und unselbstandiger Politiker gesehen.

Seine politische Karriere wurde durch erfolglose Verhandlungen in den Jahren 1822 bis 1824 uber eine Heirat seiner Tochter Eliza mit dem Prinzen Wilhelm (Kaiser Wilhelm I. ) beeintrachtigt, der Novemberaufstand von 1830 in Kongresspolen beendete sie. Den Ausschlag gab die Rolle seines jungeren Bruders Michał Gedeon Radziwiłł (1778?1850) als Oberbefehlshaber der Aufstandischen. 1831 hob Friedrich Wilhelm III. die Posener Statthalterschaft auf.

Radziwiłł war auch Musiker und Komponist . Wie Friedrich Wilhelm II. von Preußen spielte er Cello . Zu seinen Werken zahlen Compositionen zu Goethes Faust , [5] Complainte de Maria Stuart sowie Lieder, darunter Lieder mit Begleitung der Gitarre und des Violoncellos (erschienen in Leipzig bei Breitkopf & Hartel). Ludwig van Beethoven widmete ihm die Große Ouverture C-Dur, op. 115, Maria Szymanowska die Serenade fur Klavier mit Cellobegleitung, Fryderyk Chopin das Trio fur Klavier, Violine und Cello g-Moll, op. 8.

Er starb 1833 in Berlin und wurde im Posener Dom beigesetzt. Seine Gemahlin folgte ihm drei Jahre spater. Nach seinem Tod wurden die Majorate unter den Sohnen aufgeteilt, so dass nun zwei Hauptlinien des Geschlechts existierten, die Herzoge von Njaswisch und Olyka. Erst als die Latifundien langst enteignet waren, gelangten die beiden Titel wieder in den Besitz einer einzigen Person, des Warschauer Arztes Ferdynand Radziwiłł (1935?1992).

Luise von Preußen gebar ihm sieben Kinder, von denen vier das Erwachsenenalter erreichten:

Commons : Antoni Radziwiłł  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Litauisch : Antanas Henrikas Radvila; deutsch: Anton Heinrich Radziwill.
  2. Lech Trzeciakowski: Furst Anton Heinrich Radziwiłł. Ein Verfechter polnisch-deutscher Annaherung. In: K. Ruchniewicz, M. Zybura (Hrsg.): ?Der du mein ferner Bruder bist…“ Polnische Deutschlandfreunde in Portrats. Osnabruck 2017, S. 11?30.
  3. Als letztes Familienmitglied besaß diese Guter, die großer waren als ein deutscher Kleinstaat, Stefanias Tochter Maria (1829?1897), Gattin von Reichskanzler Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfurst .
  4. Alfons Clary-Aldringen : Geschichten eines alten Osterreichers. Ullstein, Frankfurt 1977, ISBN 3-550-07474-3 , Seite 28.
  5. Compositionen zu Goethes Faust vom Fursten Anton Radziwill. Partitur. Trautwein, Berlin 1835.