Anstiftung (Deutschland)

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Die Anstiftung ist ein Institut des Strafrechtes Deutschlands . Demnach wird als Anstifter gleich einem Tater bestraft, wer vorsatzlich einen anderen zu dessen vorsatzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt ( § 26 StGB ). Die Anstiftung ist neben der Beihilfe ( § 27 StGB) eine Form der Teilnahme an einer Straftat .

Der Strafgrund fur die Anstiftung ist nach herrschender Meinung die Verursachung einer Rechtsgutsverletzung /-gefahrdung, [1] nicht [2] die Verstrickung eines anderen in Schuld und Unrecht.

Anforderungen an die Haupttat

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Der angestiftete Haupttater muss eine vorsatzliche rechtswidrige Haupttat begehen. Aus § 11 StGB ergibt sich, dass eine rechtswidrige Tat immer auch eine tatbestandsmaßige Tat sein muss (?nur eine solche, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfullt“), also eine Tat, die alle objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale eines Straftatbestands erfullt. [3]

Ob der Haupttater auch schuldhaft gehandelt hat, ist unbeachtlich (sogenannte limitierte Akzessorietat ). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 26 StGB (?… rechtswidriger Tat…“) und dem Grundsatz, dass jeder gemaß seiner eigenen Schuld zu bestrafen ist ( § 29 StGB). [4] [5]

Eine erfolglose und somit lediglich versuchte Anstiftung ist nur im Fall eines beabsichtigten Verbrechens gemaß § 30 StGB ( Versuch der Beteiligung ) strafbar, [6] bei einem beabsichtigten Vergehen dagegen straflos (Wortlaut des § 26 StGB: ?… wer vorsatzlich einen anderen zu dessen vorsatzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat“).

Von der versuchten (erfolglosen) Anstiftung des Haupttaters ist aber die Anstiftung zum Versuch des Haupttaters zu unterscheiden. Wenn jemand einen Haupttater zu dessen Versuch anstiftet, ist die Anstiftung insofern erfolgreich: Auch eine versuchte Tat ist eine mogliche Haupttat. [3] Die Anstiftung zum Versuch ist daher auch dann strafbar, wenn die Haupttat ein Vergehen ist, solange bei der Haupttat der Versuch auch strafbar ist.

Anstiftungshandlung (?Bestimmen“)

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Als Anstifter wird gleich einem Tater bestraft, wer vorsatzlich einen anderen zu dessen vorsatzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat ( § 26 StGB). Was darunter zu verstehen sei, ist in der rechtswissenschaftlichen Literatur schon lange umstritten. Der Bundesgerichtshof und die herrschende Meinung in der Literatur verstehen darunter jegliches Hervorrufen eines Tatentschlusses . [7] [8] [9] Hiernach reicht also die Herbeifuhrung einer verlockenden Situation gegebenenfalls aus. Nach anderen Ansichten soll beispielsweise eine Kommunikation mit dem Haupttater erforderlich sein [10] [11] oder sogar ein Unrechtspakt [12] ( Kollusion ).

Unschadlich ist eine bloße Tatgeneigtheit des anderen. Wer bereits zu einer Straftat fest entschlossen ist, kann schon begrifflich nicht mehr dazu angestiftet werden. Der von Juristen verwendete lateinische Fachbegriff hierfur lautet omnimodo facturus (auch alias facturus ). Auch in diesen Fallen liegt nur ein (bei Vergehen straffreier) Versuch einer Anstiftung vor. Zu denken ist in diesen Fallen allerdings an eine psychische Beihilfe oder den stets strafbaren Anstiftungsversuch zu einem Verbrechen, § 30 StGB. [13]

Vorsatz hinsichtlich der Haupttat und Wille zur Rechtsgutsverletzung

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Der Anstifter muss auch die verubte Haupttat gewollt (in seinen Vorsatz aufgenommen) haben.

Ein agent provocateur (Lockspitzel) will nicht die Beendigung der Haupttat und eine Verletzung des geschutzten Rechtsgutes (wie Eigentum oder korperliche Unversehrtheit), sondern nur deren Versuch (oder ggf. nur deren formelle Vollendung ohne eine tatsachliche Rechtsgutsverletzung, im Einzelnen umstritten). [14] [15] Er ist hiernach nicht als Anstifter zu bestrafen, denn der Strafgrund der Anstiftung liegt in der Verursachung einer Rechtsgutsverletzung oder -gefahrdung. Dies gilt auch fur Verdeckte Ermittler .

Vorsatz hinsichtlich der Anstiftungshandlung

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Der Vorsatz des Anstifters muss auch die Anstiftungshandlung (das Bestimmen) selbst umfassen. Probleme gibt es hier, wenn jemand einen anderen zu seinem (z. B. vorsatzlosen) Werkzeug im Sinne einer mittelbaren Taterschaft machen mochte, dieser das aber durchschaut und vorsatzlich die Haupttat verubt. Wer jemanden zu seinem (abhangigen) Werkzeug macht, tut mehr als ein Anstifter. Somit soll der Wille, jemanden zu einer Straftat anzustiften, im Willen, jemanden zu seinem Werkzeug zu machen, enthalten sein.

Strafrahmen/Strafrahmenverschiebung

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Das StGB legt in § 26 fest, dass der Anstifter gleich einem Tater zu bestrafen ist. Eine gesetzliche Strafmilderung ist also (im Gegensatz zur Beihilfe) nicht vorgesehen. Die Strafe fur den Anstifter ist gegenuber dem Tater trotz fehlender Tatherrschaft nicht zu mildern, da der Anstifter die ?Initialzundung“ fur die Haupttat gegeben hat und es ohne ihn nie zu der Gefahrdung des geschutzten Rechtsgutes gekommen ware. [2] Die tatsachliche Strafe fur den Anstifter kann allerdings in bestimmten Fallen hoher oder niedriger sein als beim Haupttater der konkreten Haupttat (vgl. zur Strafrahmenverschiebung § 28 und § 29 StGB).

Wiktionary: Anstiftung  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
  • § 26 StGB auf dejure.org ? Gesetzestext mit Hinweisen zu Rechtsprechung und Querverweisen
  • § 48 StGB auf lexetius.com ? Gesetzestext und Anderungen des § 48 (R)StGB mit Geltung seit 1872
  • Wolfgang Schild: § 25 - 27 StGB. (Die geschichtlichen Ausfuhrungen der Kommentierung des Abschnittes Vor §§ 25 ff. im Nomos-Kommentar 3. Auflage (2010)).

Einzelnachweise

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  1. Wolfgang Joecks / Jorg Scheinfeld , in: Munchener Kommentar zum StGB, 4. Auflage 2020, Vor § 26 Randnummer (Rn.) 16.
  2. a b Arnd Koch/Katrin Wirth: Grundfalle zur Anstiftung. JuS 2010, S. 203 (203).
  3. a b Gunter Heine/Bettina Weißer, in: Schonke/Schroder, Strafgesetzbuch, 30. Auflage 2019, Vor § 25 Rn. 26.
  4. Hans Kudlich in: BeckOK StGB, v. Heintschel-Heinegg, 49. Edition, Stand: 1. Februar 2021, StGB § 26 Rn. 4.
  5. BGH , Beschluss vom 13. September 2023, Az . 5 StR 200/23 , Rn. 15.
  6. Hans Kudlich in: BeckOK StGB, v. Heintschel-Heinegg, 49. Edition, Stand: 1. Februar 2021, StGB § 26 Rn. 27.
  7. Kristian Kuhl , in: Lackner/Kuhl, StGB, 29. Aufl. 2018, StGB § 26 Anstiftung, Randnummer (Rn.) 2.
  8. BGH, Urteil vom 20. Januar 2000, Az. 4 StR 400/99 , NJW S. 2000, 1877?1878 (1878) [= BGHSt 45, 373, 374] mit: ?In welcher Form und durch welches Mittel die Einflussnahme erfolgt, ist gleich [...]“ (Ausfuhrungen zu § 26 StGB zur Auslegung des ?Bestimmens“ in § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG).
  9. BGH, Urteil vom 22. Marz 2000, Az. 3 StR 10/00 , NStZ 2000, S. 421?422 (421), beck-online.
  10. Knut Amelung /Gerhard Boch: Hausarbeitsanalyse - Strafrecht: Ein Ehestreit mit dem Hockeyschlager. JuS 2000, S. 261?267 (263).
  11. Thomas Fischer : Kommentar zum StGB. § 26, Rn. 3b.
  12. Ingeborg Puppe : Was ist Anstiftung? - Zugleich eine Besprechung von BGH, Urteil vom 11. Oktober 2005 - 1 StR 250/05 , NStZ 2006, S. 424?426 (424).
  13. Gunter Heine/Bettina Weißer, in: Schonke/Schroder, Strafgesetzbuch, 30. Auflage 2019, § 26 Rn. 6.
  14. Thomas Ronnau : Grundwissen ? Strafrecht: Agent provocateur . JuS 2015, S. 19?22.
  15. Mark Deiters: Straflosigkeit des agent provocateur? JuS 2006, S. 302?305.
  1. § 48 bezieht sich auf den Ort der Norm fur Anstiftung im StGB vor der Großen Strafrechtsreform .