Anstellwinkel

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Der Anstellwinkel  zwischen Stromungsrichtung und Profilsehne eines Tragflachenprofils

Der Anstellwinkel oder Anstromwinkel ist in der Aerodynamik der Winkel zwischen der Richtung des anstromenden Fluids und der Sehne eines Profils . Das Profil kann dabei beispielsweise Teil einer Tragflache , eines Rotorblatts , eines Segels oder einer Turbinenschaufel sein. Die Große des Anstellwinkels bestimmt zusammen mit der Anstromgeschwindigkeit die Große des dynamischen Auftriebs . Er ist daher ein wichtiger Parameter beim Betrieb von Flugzeugen, Windkraftanlagen, Turbinen oder Segelbooten.

Grundsatzliches

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Beziehung zwischen Anstellwinkel α und Auftriebsbeiwert C L (L fur engl. lift ) fur ein symmetrisches Tragflachenprofil

Im nebenstehenden Diagramm ist die Beziehung zwischen Anstellwinkel α und dem Koeffizienten des dynamischen Auftriebs C L dargestellt. Es ist ersichtlich, dass der Auftrieb bei großer werdendem Anstellwinkel zunachst ebenfalls großer wird, dann ein Maximum erreicht und dann wieder kleiner wird. Der Grund dafur ist, dass beim Erreichen des maximalen Auftriebs die Stromung sich vom Profil zu losen beginnt. Bei einer weiteren Vergroßerung des Anstellwinkels kommt es zu einem ganzlichen Abreißen der Stromung . Dies vermindert den Auftrieb stark.

Anstell- oder Nickwinkel werden gelegentlich verwechselt. Der Anstellwinkel ist nicht zu verwechseln mit dem Einstellwinkel (dem Winkel zwischen Profilsehne und Flugzeug- oder Propellerlangsachse).

Anstellwinkelleuchtwarnanzeige (AoA indicator) von Garmin
Ein Anstellwinkel-Sensor von Thomson-CSF zur Montage an der seitlichen Flugzeugaußenhaut (Bild von 2009)

Im stationaren Flug wird der Anstellwinkel durch den Schwerpunkt und durch die Stellung des Hohenruders beeinflusst. Bei gleichem Anstellwinkel sind die Auftriebskraft und der Luftwiderstand proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit des Flugzeugs (doppelte Geschwindigkeit ergibt vierfache Auftriebskraft) gegenuber der umgebenden Luft. Im Geradeausflug ist der Auftrieb gleich der Gewichtskraft des Flugzeugs. Daher erfordert langsames Fliegen einen besonders großen Anstellwinkel. Da der Auftrieb jenseits eines fur das jeweilige Tragflachenprofil charakteristischen Anstellwinkels wieder abnimmt, bestimmt der Anstellwinkel des maximalen Auftriebs die minimale Geschwindigkeit, mit der ein Flugzeug fliegen kann (v min ).

Bei einigen wenigen Flugzeugen wird der Anstellwinkel ohne Fluglagenanderung uber Verandern des Einstellwinkels der Tragflache gegenuber dem Flugzeugrumpf gesteuert, z. B. bei der Vought F-8 . Der Anstellwinkel andert sich auch, wenn das Profil durch Ausfahren von Vorflugeln oder Landeklappen verandert wird oder wenn es sich durch Auf- oder Abwinde bewegt. Uber den kritischen Anstellwinkel hinaus kann der Auftrieb durch Strakes erhoht werden.

Der Stromungsabriss und die Gleitzahl eines Flugzeuges sind direkt vom Anstellwinkel abhangig und nur indirekt von der Geschwindigkeit (die Mindestgeschwindigkeit und die Geschwindigkeit des besten Gleitens sind von Fluggewicht, Lastvielfachen und weiteren Faktoren abhangig, wahrend die zugehorigen Anstellwinkel fest sind.). Deshalb ist eine Messung des Anstellwinkels von Bedeutung. Diese kann mit speziellen Instrumenten erfolgen ( angle of attack indicator ).

Seitenfaden sind bei Segelflugzeugen an der Haube ublich und bei Hangegleitern an der Unterverspannung. Sie zeigen die Richtung der vorbeistromenden Luft an.

Bei Hubschraubern wird der Anstellwinkel der Rotorblatter des Hauptrotors gleichformig (kollektiver Pitch) oder winkelabhangig (zyklischer Pitch) uber die Taumelscheibe gesteuert, wodurch sich deren Anstellwinkel andert. Bei Verstellpropellern wird auf gleiche Weise mit der Anderung des Einstellwinkels der Anstellwinkel und damit der Schub verandert.

Propeller und Lufter

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Propeller und Lufter haben große Einstellwinkel an der Nabe und kleine an der Spitze, sodass der Anstellwinkel moglichst homogen bleibt.

Windkraftanlagen

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Moderne Windkraftanlagen nutzen die Veranderung des Anstellwinkels der Rotorblatter zur Leistungsregelung. Dabei wird der aerodynamische Wirkungsgrad des Rotors durch Verringerung des Auftriebs so eingestellt, dass die Nennleistung des Generators nicht uberschritten wird.

Im Segelsport ist die Wahl des richtigen Anstellwinkels wichtiger Teil des Segeltrimms . Der Anstellwinkel des Segels muss dabei auf das momentane Segelprofil (Wolbung des Segels) abgestimmt werden, da es im Gegensatz zu herkommlichen Tragflachen durch Einsatz von Trimmeinrichtungen oder passiv durch zu- oder abnehmenden Winddruck verandert wird.

  • Ernst Gotsch: Luftfahrzeugtechnik . Motorbuchverlag, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-02006-8 .
  • Joachim Schult: Segeltechnik . 11. Auflage. Delius Klasing Verlag, Bielefeld 2004, ISBN 3-87412-140-2 .
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