Anselm Huttenbrenner
(*
13. Oktober
1794
in
Graz
; †
5. Juni
1868
in
Oberandritz
) war ein
osterreichischer
Komponist
und
Musikkritiker
.
Huttenbrenner erhielt schon wahrend seiner Schulzeit in
Graz
eine musikalische Ausbildung an Klavier und Orgel. Bereits wahrend seines in Graz und
Wien
erfolgreich absolvierten Jurastudiums wurde er 1815 Schuler von
Antonio Salieri
in Wien, bei dem er Gesang und Komposition studierte. Bei Salieri lernte er auch
Franz Schubert
kennen, mit dem ihn bald eine herzliche Freundschaft verband und mit dem er auch gelegentlich offentlich auftrat.
Um 1815 machte er die Bekanntschaft von
Ludwig van Beethoven
, der ihn mit den ungewohnlichen Worten empfing: ?Ich bin nicht wert, daß Sie mich besuchen.“ Zufallig war er auch am 26. Marz 1827 zugegen, als Beethoven starb. Außer ihm stand zuletzt nur die Haushalterin Sali an Beethovens Sterbebett. Zum Andenken schnitt sich Huttenbrenner eine Locke von Beethovens Haar, die sich heute zusammen mit seinem Stammbuch im
Universalmuseum Joanneum
in
Graz
befindet.
[1]
Daruber hinaus besitzt auch das
Johann-Joseph-Fux-Konservatorium Graz
Haare Beethovens aus dem Besitz von Huttenbrenner.
[2]
1821 kehrte er nach Graz zuruck, wo er ? inzwischen mit Elise von Pichler verheiratet ? als Komponist und Musikkritiker tatig war. Hier gehorte er auch zu den Gasten des Salons von
Marie Pachler-Koschak
. Von 1824 bis 1839 war er Leiter des
Steiermarkischen Musikvereins
in Graz. Nach dem Tode seiner Frau ubersiedelte Huttenbrenner 1852 nach
Radkersburg
und lebte teilweise auch in der
Untersteiermark
, namentlich in
Pettau (Ptuj)
,
Marburg (Maribor)
und
Cilli (Celje)
sowie in
Ober-Andritz
bei Graz. Die letzten funfzehn Lebensjahre verbrachte er in stiller Zuruckgezogenheit, mit mystisch-theologischen Betrachtungen beschaftigt, Fruchte einer innigen Freundschaft mit dem Mystiker
Jakob Lorber
und dessen damals so gut wie unbekannter monumentalen Offenbarung.
Huttenbrenner besaß die Originalpartitur von
Schuberts
Unvollendeter
, die er bis 1865 unter Verschluss hielt, so dass sie erst danach aufgefuhrt werden konnte. Eine Version besagt, dass Schubert ihm diese Partitur als Dank fur die von Huttenbrenner vermittelte Ehrenmitgliedschaft Schuberts bei dem
Steiermarkischen Musikverein
ubereignet haben soll. Die angebliche Widmungsurkunde Schuberts wurde aber schon vor Jahrzehnten als ungeschickte Falschung entlarvt. Das Requiem in c-Moll wurde als Totenmesse aus Anlass des Todes von Salieri (1825),
Beethoven
(1827) und Schubert (1828) aufgefuhrt.
Von der Familie Huttenbrenner zu erwahnen sind ferner auch Anselms Bruder Joseph Vinzenz (1796?1873), der zeitweilige Grazer Burgermeister
Andreas
(1797?1869) sowie der literarisch ambitionierte
Heinrich
(1799?1830). Intensiven Kontakt zu Schubert hatten nur die beiden alteren Bruder, Anselm war neben
Franz Lachner
,
Ignaz Aßmayer
und
Benedikt Randhartinger
einer der wenigen seiner Komponisten-Duzfreunde. Joseph hingegen, der im Schubert-Kreis nie geduzt wurde, fungierte mit mehr oder weniger glucklicher Hand als eine Art Sekretar, fertigte Werkabschriften an und erledigte Botengange. Seine Ambitionen, uber Schubert auch journalistisch zu arbeiten, blieben in zeitgenossischen Periodika unberucksichtigt.
Franz Schubert widmete ihm seine
13 Variationen uber ein Thema von Anselm Huttenbrenner
, dessen Thema aus Huttenbrenners erstem
Streichquartett op. 3
stammt.
Im Jahr 1895 wurde in Graz (
Jakomini
, 6. Bezirk)
[3]
die
Huttenbrennergasse
nach dem Komponisten benannt.
Ebenso 1907 in Wien-
Landstraße
(3. Bezirk). Diese Huttenbrennergasse wurde 1911 bis zur Arsenalstraße verlangert und 2001 verkurzt.
[4]
Von Huttenbrenners Werken sind manche verloren, der Großteil blieb jedoch im Familienbesitz seiner Nachfahren und wird seit 2007 in der Universitatsbibliothek der Universitat fur Musik und darstellende Kunst Graz verwahrt, wo er vor Ort benutzt werden kann; samtliche Titel sind im Onlinekatalog der Universitatsbibliothek suchbar. Seine Werke gelten als sehr melodienreich, etwas opernhaft und in manchem dem musikalischen Idiom
Webers
nahestehend. Bis heute wartet Huttenbrenners Werk auf eine genaue musikalische Aufarbeitung und Bewertung.
- 27 Geistliche Werke: darunter 6 Messen, 3 Requien
- 4 Opern: darunter ?Lenore“ und ?Oedip zu Colonos“ vollstandig erhalten
- 258 Lieder
- Huttenbrenner, Anselm: Lieder fur eine Singstimme mit Klavierbegleitung: Vol. 1, herausgegeben von
Ulf Bastlein
, Alice und Michael Aschauer, 2008, Accolade Musikverlag (www.accolade.de): ACC.1209a
- Huttenbrenner, Anselm: Lieder fur eine Singstimme mit Klavierbegleitung: Vol. 2, herausgegeben von
Ulf Bastlein
, Alice und Michael Aschauer, 2008, Accolade Musikverlag (www.accolade.de): ACC.1209b
- 133 Mannerquartette
- 159 Mannerchore
- 20 Orchesterwerke: darunter 2 Symphonien
- 13 kammermusikalische Werke: darunter 2 Streichquartette, 1 Streichquintett
- 60 Werke fur Klavier zu 2 Handen
- 23 Werke fur Klavier zu 4 Handen
- 8 Bearbeitungen fremder Werke
- Lieder von Anselm Huttenbrenner, In:
Gundula Janowitz
?
Salzburger Festspiele
1972, mit: Gundula Janowitz,
Irwin Gage
; Orfeo, 2002
[5]
- Streichquintett c-moll, mit:
Dieter Klocker
,
Consortium Classicum
; CPO, 2007
[6]
- Chorwerke fur Mannerstimmen "Die Macht des Gesanges", mit:
Camerata Musica Limburg
, Jan Schumacher; Helbling, 2013
[7]
- Geisterszenen fur Klavier, mit:
Julia Rinderle
; Helbling, 2016
[8]
- Lieder von Anselm Huttenbrenner, In: Wie tut mir so wohl der selige Frieden! Lieder nach Texten von
Karl Gottfried von Leitner
, mit:
Ulf Bastlein
,
Sascha El Mouissi
; Gramola, 2016
[9]
- Der Wanderer, Schlummerlied, In: Nachthimmel, mit:
Franz Vitzthum
, Katharina Olivia Brand; Christophorus, 2021
[10]
- Constantin von Wurzbach
:
Huttenbrenner, Anselm
.
In:
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
.
9. Theil. Kaiserlich-konigliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1863, S. 406?409 (
Digitalisat
).
- Anton Schlossar
:
Huttenbrenner, Anselm
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 50, Duncker & Humblot, Leipzig 1905, S. 523?525.
- Huttenbrenner Anselm.
In:
Osterreichisches Biographisches Lexikon 1815?1950
(OBL). Band 3, Verlag der Osterreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1965, S. 6.
- Dieter Glawischnig
:
Anselm Huttenbrenner 1794?1868, sein musikalisches Schaffen
, ADEVA, Graz 1969.
- Othmar Wessely
:
Huttenbrenner, Anselm.
In:
Neue Deutsche Biographie
(NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972,
ISBN 3-428-00190-7
, S. 747 (
Digitalisat
).
- Till Gerrit Waidelich:
Joseph Huttenbrenners Entwurf eines Aufsatzes mit der ersten biographischen Skizze Schuberts (1823) und zwei Fragmente seines ungedruckten Schubert-Nachrufs (1828).
In: Schubert: Perspektiven 1 (2001), S. 37?73
- Michael Aschauer:
Die Klaviersonaten Anselm Huttenbrenners und ihr stilistischer Kontext.
? In: Schubert : Perspektiven 1 (2001), S. 154?189.
- Michael Kube:
"… lieber in Gratz der Erste, als in Wien der zweyte." Zu den Streichquartetten von Anselm Huttenbrenner.
In:
Werner Aderhold
, Michael Kube,
Walburga Litschauer
:
Schubert und das Biedermeier […] Festschrift fur
Walther Durr
zum 70. Geburtstag.
Kassel 2002, S. 147?159.
- Manfred Tillmanns:
Anselm Huttenbrenner (1794?1868). Das von Gottes Fuhrungen zeugende Leben eines Suchenden
, Lorber-Verlag, Bietigheim-Bissingen 2002,
ISBN 3-87495-608-3
.
- ↑
Vgl.
Klaus Martin Kopitz
,
Rainer Cadenbach
(Hrsg.) u. a.:
Beethoven aus der Sicht seiner Zeitgenossen in Tagebuchern, Briefen, Gedichten und Erinnerungen.
Band 1:
Adamberger ? Kuffner.
Hrsg. von der Beethoven-Forschungsstelle an der Universitat der Kunste Berlin. Henle, Munchen 2009,
ISBN 978-3-87328-120-2
, S. 478?486.
- ↑
Vgl.
Konrad Stekl
:
Beethoven-Haare in Graz.
In:
Mitteilungen des
Steirischen Tonkunstlerbundes
, Nr. 31/32, Graz 1967 und ders.:
Zur Dokumentation der Grazer Beethoven- und Schubert-Locken.
In:
Blatter fur Heimatkunde
.
Band , Heft 1, Graz 1967 (
PDF-Datei
auf historischerverein-stmk.at).
- ↑
Kubintzky, Wentner:
Grazer Straßennamen.
S. 203.
- ↑
Huttenbrennergasse
im
Wien Geschichte Wiki
der Stadt
Wien
- ↑
Gundula Janowitz - Salzburger Festspiele 1972 (CD) ? jpc.
Abgerufen am 11. Juli 2023
.
- ↑
Anselm Huttenbrenner: Streichquintett c-moll (CD) ? jpc.
Abgerufen am 11. Juli 2023
.
- ↑
Anselm Huttenbrenner: Chorwerke fur Mannerstimmen "Die Macht des Gesanges" (CD) ? jpc.
Abgerufen am 11. Juli 2023
.
- ↑
Anselm Huttenbrenner: Geisterszenen fur Klavier (CD) ? jpc.
Abgerufen am 11. Juli 2023
.
- ↑
Ulf Bastlein - Lieder nach Texten von Karl Gottfried von Leitner (2 CDs) ? jpc.
Abgerufen am 11. Juli 2023
.
- ↑
Franz Vitzthum - Nachthimmel (CD) ? jpc.
Abgerufen am 11. Juli 2023
.