Andreas Schockenhoff
(*
23. Februar
1957
in
Ludwigsburg
; †
13. Dezember
2014
[1]
[2]
in
Ravensburg
[3]
) war ein
deutscher
Politiker
der
CDU
und von
Dezember 1990
bis zu seinem Tod
Mitglied des Deutschen Bundestages
. Bei der
Bundestagswahl 2013
wurde er zum siebten Mal in Folge per
Direktmandat
fur den
Bundestagswahlkreis Ravensburg
in den
Deutschen Bundestag
gewahlt.
Nach dem
Abitur
1976 am
Friedrich-Schiller-Gymnasium Ludwigsburg
absolvierte Schockenhoff ein Studium der
Romanistik
,
Germanistik
und
Geschichte
in
Tubingen
und
Grenoble
. Wahrend seines Studiums wurde er Mitglied der
KStV Alamannia Tubingen
im
KV
. Anschließend war er von 1982 bis 1984
Referendar
fur das Lehramt an Gymnasien. 1985 erfolgte seine
Promotion
zum
Dr. phil.
mit der Arbeit
Henri Albert und das Deutschlandbild des Mercure de France 1890?1905
an der
Eberhard Karls Universitat Tubingen
. Danach war er bis 1990
Lehrer
am Freien Katholischen Gymnasium im
Bildungszentrum St. Konrad
in
Ravensburg
.
Nachdem er schon als Schuler 1973 in die
Junge Union
eingetreten war, wurde er 1982 Mitglied der CDU. Von 2000 bis 2011 war er Vorsitzender des CDU-Bezirksverbandes
Wurttemberg-Hohenzollern
und gehorte dem Prasidium und dem Landesvorstand der
CDU Baden-Wurttemberg
an.
Schockenhoff wurde erstmals bei der
Bundestagswahl am 2. Dezember 1990
in den Deutschen Bundestag gewahlt. 1994 wurde er Vorsitzender der deutsch-franzosischen Parlamentariergruppe
[4]
und blieb es bis zu seinem Tod.
[5]
Von 1998 bis 2005 ? wahrend dieser Zeit regierte eine rot-grune Koalition unter
Gerhard Schroder
? war er stellvertretender außenpolitischer Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion
.
[4]
Am 29. November 2005, kurz nach der
Bundestagswahl 2005
, wurde er zum Stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion fur die Bereiche Außen, Verteidigung und Europa gewahlt. Ab 2006 fungierte Schockenhoff zudem als
Koordinator der Bundesregierung fur die deutsch-russische zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit
; nach der
Bundestagswahl 2013
wurde er in dieser Funktion Anfang 2014 von
Gernot Erler
(SPD) abgelost.
[6]
[7]
Schockenhoff zog stets als direkt gewahlter Abgeordneter des Bundestagswahlkreises Ravensburg?Bodensee in den
Bundestag
ein. Bei der
Bundestagswahl 2005
erhielt er 49,6 % der
Erststimmen
. Am 27. Juni 2008 wurde Schockenhoff von der CDU-Mitgliederversammlung des neuen
Wahlkreises Ravensburg
(jetzt ohne Bodenseekreis, aber dafur mit fast allen Gemeinden des
Landkreises Ravensburg
) mit 58,3 % der Stimmen
[8]
als Direktkandidat fur die
Bundestagswahl 2009
nominiert. Dort erhielt er 44,8 % der Erststimmen und damit das Direktmandat des Wahlkreises.
[9]
2013
zog er mit 51,6 % der Erststimmen in den Bundestag ein.
[10]
Nach seinem Tod ruckte
Ronja Kemmer
(damals noch Ronja Schmitt) in sein Mandat nach.
[11]
Andreas Schockenhoff war ein Bruder des Moraltheologen
Eberhard Schockenhoff
(1953?2020). Er war
katholisch
[4]
und hatte drei Kinder.
[12]
Seine erste Ehefrau erlag 2002 einem Krebsleiden; seine zweite Ehe wurde 2011,
[13]
seine dritte 2013 geschieden.
[12]
Schockenhoff wohnte bis zuletzt in Ravensburg.
[12]
1995 und 1998 wurde Schockenhoff mit Verkehrsunfallen unter Alkoholeinfluss aktenkundig.
[14]
Anfang 1998 kam Schockenhoff mit seinem Auto bei winterlichen Verhaltnissen von der Straße ab und erhielt wegen der Fahrt in angetrunkenem Zustand ein
Fahrverbot
.
[15]
Nach einem Bericht des
Kolner Stadt-Anzeigers
wurden die alkoholisierten Autofahrten Schockenhoffs zweimal im
Immunitatsausschuss des Deutschen Bundestages
behandelt.
[16]
Schockenhoff selbst bestatigte einen Vorfall in den 1990er Jahren.
[17]
2011 beging er Unfallflucht nach einem Unfall mit einem parkenden Pkw. Die Polizei traf ihn noch am selben Abend in seiner Wohnung alkoholisiert an und veranlasste eine Blutentnahme. Nach Aufhebung der
politischen Immunitat
leitete die
Staatsanwaltschaft
Ravensburg am selben Tag ein
Ermittlungsverfahren
gegen Schockenhoff wegen des Verdachts der
Gefahrdung des Straßenverkehrs
sowie des unerlaubten Entfernens vom Unfallort und
Trunkenheit im Verkehr
ein; außerdem wurde ihm am selben Tag die Fahrerlaubnis vorlaufig entzogen.
[18]
Ende November 2011 erließ das
Amtsgericht Ravensburg
einen
Strafbefehl
wegen ?unerlaubten Entfernens vom Unfallort und Trunkenheit im Verkehr“ in Hohe von 60 Tagessatzen, womit Schockenhoff nicht als
vorbestraft
galt.
[19]
Daruber hinaus wurde Schockenhoff die Fahrerlaubnis fur weitere sieben Monate entzogen.
[20]
Unter Berucksichtigung des von Schockenhoff angegebenen und ?nicht ausschließbaren
Nachtrunks
‘“
[20]
sei davon auszugehen, dass Schockenhoff zur Tatzeit eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,18 Promille gehabt habe, womit der Grenzwert der absoluten
Fahruntuchtigkeit
von 1,1 Promille uberschritten war.
[19]
Am 7. Juli 2011 machte Schockenhoff seine
Alkoholkrankheit
bekannt und fugte hinzu, dass er sich einer stationaren Therapie unterziehen werde.
[21]
Um sie in den Griff zu bekommen, absolvierte Schockenhoff eine vierwochige ?tiefen- und verhaltenspsychologische Therapie“, die er ambulant fortsetzen wollte. Ihm zufolge seien seine Blutwerte ?relativ gut“ und ?die korperliche Abhangigkeit noch nicht weit fortgeschritten gewesen“, so dass er ?keine Entgiftung machen oder Medikamente“ habe nehmen mussen.
[22]
Schockenhoff starb in der Nacht zum 14. Dezember 2014 in seiner Heimatstadt.
[23]
Er hatte sich in der Sauna seines Hauses durch Verbruhung Verbrennungen ersten und zweiten Grades zugezogen.
[24]
Das Amtsgericht Ravensburg ordnete eine Obduktion an,
[25]
die ergab, dass Schockenhoff eines naturlichen Todes starb.
[11]
Schockenhoff wurde am 19. Dezember 2014 auf dem Hauptfriedhof Ravensburg beigesetzt.
2017 wurde ihm posthum die
Robert-Schuman-Medaille
verliehen.
Im Mai 2019 fand der erste Vortrag in der Reihe ?Schockenhoff-Lectures“ statt. Er wurde von Bundeskanzlerin
Angela Merkel
gehalten.
[26]
Im Januar 2013 erklarte Schockenhoff als erster deutscher Politiker offentlich, dass gegebenenfalls ein Kampfeinsatz der Bundeswehr im Rahmen der
Operation Serval
in
Mali
erforderlich werde.
[27]
Schockenhoff befurwortete die Beschaffung von Drohnen fur die Bundeswehr. Im Juni 2013 verteidigte er die Rolle von Bundesverteidigungsminister
Thomas de Maiziere
bei dem Skandal um die Beschaffung von
Drohnen fur die Bundeswehr
.
[28]
Im Mai 2006 nahm der
Grunen
-Abgeordnete
Volker Beck
an einer nicht genehmigten Burgerrechtsdemonstration von
Lesben
und
Schwulen
in
Moskau
teil. Dabei wurde er durch Steinwurfe und Schlage, die von Gegnern der Demonstration ausgingen, verletzt.
[29]
Hierzu erklarte Schockenhoff: ?Man muss sich auf die politische Ordnung eines Gastlandes einstellen“. Er mutmaßte: ?Beck wollte eine Schlagzeile fur sich“. Beck ?konne sich nicht beklagen, dass ihm der notwendige Schutz“ durch die
russische
Polizei
?nicht gewahrleistet werde“. Diese Außerung Schockenhoffs wurde von Vertretern aller im Bundestag vertretenen Parteien (zum Teil heftig) kritisiert. Auch
Bundeskanzlerin
Angela Merkel
distanzierte sich Medienberichten zufolge von Schockenhoffs Außerungen.
[30]
Beck selbst entgegnete ihm: ?Hatten sich die Burger in
Polen
oder in der
DDR
an die politische Ordnung ihres Landes gehalten, dann hatten wir da heute noch
kommunistische
Diktaturen
.“
[31]
Der Antrag der Fraktion Bundnis 90/Die Grunen (Juni 2006), das Amt des Koordinators der Bundesregierung fur deutsch-russische Zusammenarbeit neu zu besetzen (Drs. 16/1885
[32]
), wurde mit 128:410:20 Stimmen abgelehnt. Alle Abgeordneten der Grunen, ein Großteil der FDP-Fraktion und der Fraktion Die Linke sowie drei Abgeordnete der SPD-Fraktion stimmten fur den Antrag.
[33]
Nachdem Schockenhoff 2006 Koordinator der damaligen Bundesregierung (
Kabinett Merkel I
, große Koalition) fur die deutsch-russische zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit geworden war, außerte er sich deutlicher als viele andere Politiker zu Zustanden und Entwicklungen in Russland, die er fur Missstande und Fehlentwicklungen hielt.
Zeitweise wurde er von der russischen Fuhrung nicht empfangen, was einem diplomatischen Affront gleichkam. Die SPD und einzelne Unionspolitiker drangten deshalb Ende 2013 ? nach der Bildung der erneuten großen Koalition (
Kabinett Merkel III
) darauf, einen anderen Koordinator zu wahlen.
Am 21. November 2013 begann in der
Ukraine
eine Protestphase (im Westen als
Euromaidan
bekanntgeworden, in der Ukraine ruckblickend
Revolution der Wurde
genannt), die am 21./22. Februar 2014 mit der Flucht und der Absetzung des Prasidenten endete.
Dieser Phase folgten die
Annexion der Krim durch Russland
und die Destabilisierung durch einen
bewaffneten Konflikt in zwei ostlichen Oblasten der Ukraine
, die beide zum Zeitpunkt seines Todes noch anhielten.
Wahrend andere Politiker der großen Koalition vor einer Verscharfung des Konflikts mit Russland warnten, forderte Schockenhoff,
der Westen
durfe sich von
Wladimir Putin
nicht erpressen lassen und auch nicht den Volkerrechtsbruch durch Russland in irgendeiner Form anerkennen. Solange Putin die russischen Soldaten und Waffen nicht aus der Ukraine zuruckziehe, durfe der Westen die verhangten Sanktionen nicht aufweichen oder zurucknehmen; er solle sie eher verscharfen.
[1]
[34]
Am 1. Juli 2014 veroffentlichte Schockenhoff zusammen mit dem Vorsitzenden der Deutsch-Ukrainischen Parlamentariergruppe,
Karl-Georg Wellmann
, dazu ein Positionspapier.
[35]
Des Weiteren war er im Kuratorium des
Deutsch-Aserbaidschanischen Forums
.
- ↑
a
b
Andreas Schockenhoff gestorben.
In:
Zeit Online.
14. Dezember 2014, abgerufen am 14. Dezember 2014.
- ↑
CDU-CSU-Fraktion:
Wir trauern um Andreas Schockenhoff.
14. Dezember 2014, abgerufen am 14. Dezember 2014.
- ↑
dpa
:
CDU-Abgeordneter Schockenhoff gestorben: Landespolitiker besturzt.
In:
Focus Online.
14. Dezember 2014,
abgerufen am 2. Mai 2024
.
- ↑
a
b
c
Lebenslauf
(
Memento
vom 23. Januar 2010 im
Internet Archive
)
- ↑
www.andreas-schockenhoff.de
(
Memento
vom 15. Dezember 2014 im
Internet Archive
), abgerufen am 15. Dezember 2014
- ↑
Akzentverschiebung in der deutschen Russlandpolitik.
In:
Neue Zurcher Zeitung.
11. Januar 2014, S. 5
- ↑
www.gernot-erler.de;
Deutsch-russische Beziehungen "Es macht Sinn, allergische Reaktionen zu vermeiden"
- ↑
(gegen 41,7 % fur seinen Herausforderer Eugen Abler)
- ↑
Wahlkreise und Wahlergebnisse 2009.
(
Memento
vom 18. Juli 2010 im
Internet Archive
) Wahlkreis 294 Ravensburg
- ↑
Wahlkreise und Wahlergebnisse 2013.
Wahlkreis 294 Ravensburg
- ↑
a
b
Vera Kamper mit Material von Reuters:
Obduktionsergebnis: Politiker Schockenhoff starb eines naturlichen Todes.
In:
Spiegel Online
, 17. Dezember 2014
- ↑
a
b
c
Biografie von Andreas Schockenhoff.
Schwabische Zeitung, abgerufen am 14. Dezember 2014
- ↑
Politik und Alkohol: Schockenhoff will zuruck in den Bundestag
Spiegel Online vom 4. September 2011, abgerufen am 14. Juli 2015
- ↑
Ermittlungen gegen Schockenhoff eingeleitet
,
Stuttgarter Zeitung
vom 7. Juli 2011
- ↑
CDU-Bundespolitiker unter Verdacht
,
Sudkurier
vom 6. Juli 2011
- ↑
Beratungen wegen Alkoholproblemen
@1
@2
Vorlage:Toter Link/www.rhein-berg-online.ksta.de
(
Seite nicht mehr abrufbar
, festgestellt im Marz 2018.
Suche in Webarchiven
)
Info:
Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prufe den Link gemaß
Anleitung
und entferne dann diesen Hinweis.
,
Kolner Stadt-Anzeiger
vom 6. Juli 2011
- ↑
Politik und Alkohol: Tabubruch im Berliner Trinkbetrieb
, Spiegel online vom 8. Juli 2011
- ↑
Schockenhoff: "Ich bin alkoholkrank"
,
Schwabische Zeitung
vom 7. Juli 2011
- ↑
a
b
Strafbefehl gegen Schockenhoff erlassen
,
Schwabische Zeitung
vom 30. November 2011
- ↑
a
b
Strafbefehl gegen Andreas Schockenhoff
,
Sudkurier
vom 30. November 2011
- ↑
Personliche Erklarung
(
Memento
vom 12. August 2011 im
Internet Archive
) (PDF-Datei; 49 kB) vom 7. Juli 2011
- ↑
Schockenhoff will 2013 wieder kandidieren
in:
Schwabische Zeitung
30. August 2011
- ↑
Mit 57 Jahren: CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff ist tot.
In:
Spiegel Online
, 14. Dezember 2014
- ↑
SIR/dpa:
Tod in der Sauna ? Schockenhoff starb an Verbruhungen
,
Stuttgarter Zeitung
vom 17. Dezember 2014
- ↑
Leiche von Putin-Kritiker wird obduziert.
In:
Die Welt
, abgerufen am 16. Dezember 2014
- ↑
FAZ.net:
Der Wert unserer unvollkommenen Weltordnung
- ↑
Archivlink
(
Memento
vom 17. Januar 2013 im
Internet Archive
) Tagesschau vom 14. Januar 2013
- ↑
spiegel.de vom 6. Juni 2013 / Mathias Zschaler:
De-Maiziere-Talk bei ?Anne Will“: Hemmungslos weißgewaschen
.
- ↑
Volker Beck zusammengeschlagen.
Sueddeutsche.de/AFP, 27. Mai 2006,
abgerufen am 25. August 2009
.
- ↑
Severin Weiland:
Uberfall in Moskau: Merkel ruffelt Beck-Kritiker in der CDU.
Spiegel Online, 29. Mai 2006,
abgerufen am 25. August 2009
: ?Die Außerungen des CDU-Außenpolitikers Andreas Schockenhoff zum Uberfall auf den Grunen-Politiker Volker Beck haben in der Unionsfraktion Unmut ausgelost“
- ↑
Volker Beck: Eingeschrankte Meinungsfreiheit in Moskau.
WDR, 29. Mai 2009, archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar) am
12. Februar 2007
;
abgerufen am 25. August 2009
.
- ↑
bundestag.de (pdf)
- ↑
bundestag.de (Ubersicht)
- ↑
Anmerkung: siehe auch seine Bundestagsrede vom 11. September 2014:
Video (Bundestag)
- ↑
Fur eine Neubestimmung der Beziehungen zu Russland ? Positionspapier
(
Memento
vom 15. Dezember 2014 im
Internet Archive
) (PDF)