Das
Andreas-Gryphius-Theater
(
polnisch
Teatr im. Andreasa Gryphiusa
), benannt nach dem
schlesischen
Dichter
Andreas Gryphius
, ist ein
Schauspielhaus
in
Głogow
(deutsch:
Glogau
).
Die Glogauer Theatergeschichte ist gekennzeichnet durch langjahriges Nebeneinander von protestantischem Schultheater des
Barock
und katholischem
Jesuitentheater
. Das 1629 zum Kolleg erhobene Gymnasium besaß einen Buhnensaal, der aber mit Brand des Kollegs 1711 zerstort wurde. Bis 1720 wurden Kolleg und Theatersaal wiederhergestellt.
Das schlesische protestantische Barocktheater ist unter der Bezeichnung ?Gryphius-Buhne“ in der Literatur- und Theatergeschichte bekannt. Auffuhrungsorte zu
Gryphius'
Zeit waren entweder der Theatersaal im Gymnasium, das
Schloss
, oder der Komodiensaal im Jesuitenkolleg. Das erste selbststandige Theater ist anlasslich eines Besuchs von
Kaiser Leopold
in Glogau 1660 belegt, als ein ?Theater auf dem Reitplatz“ bestand. Vermutlich war dieser Bau, selbst wenn es sich um ein gedecktes Gebaude handelte, wohl nicht auf dauerhaftes Bespielen ausgelegt.
Das Theater wurde im Wesentlichen in den Jahren von 1798 bis 1799 im
klassizistischen
Stil gestaltet. Der Entwurf stammt von dem Architekten Johann Christian Valentin Schultze (1748?1831).
Der heutige Bau entstand uber einen Zeitraum von 150 Jahren durch mehrere Um- und Ausbauten. An der Ostseite des Rings befanden sich seit dem 13. Jahrhundert die Fleischbanke oder -scharren, zwei langgestreckte Holzbauten in Besitz der Fleischerinnung. Als diese dem Stadtbrand 1758 zum Opfer fielen, wurden sie nur provisorisch wiederaufgebaut und uber die Nutzung des Areals debattiert. Nach Forderung der
Kriegs- und Domanenkammer
Preußens
, als oberster Landesbehorde, wurde legte Dannenberg einen Entwurf fur einen Neubau mit Fleischbanken im Erdgeschoss und Schmetterhaus im Obergeschoss vor. Die Kriegs- und Domanenkammer beauftragte jedoch Karl von Machui mit einem Gegenentwurf, der im Obergeschoss ein offentliches Kaffeehaus und einen Redoutensaal vorsah. Gegen den Widerstand der Fleischerinnung wurde dieser Bau ausgefuhrt. Ob jedoch der Redoutensaal als Theatersaal genutzt wurde, ist nach Quellenlage unklar.
Auf Ersuchen des Theaterdirektors Faller 1798 zur Grundung eines stehenden Theaters erhob sich die Frage nach einem geeignete Spielort. Der Redoutensaal wurde als nicht zweckmaßig erachtet, auch war das gesamte Gebaude schon baufallig. Baudirektor
Christina Valentin Schultze entwickelte Plan zum Aufstocken des Gebaudes, um einen Theatersaal zu schaffen. Dieser Bau wurde 1799/1800 eroffnet. Bei seinem Umbau setzte Schultze den Fleischbanken nicht nur ein drittes Geschoss auf, sondern verband die Bauteile durch fruhklassizistisches Formenreportoire.
Im Jahr 1839?40 wurde ein Umbau vorgenommen, bei dem die Decke uber dem Redoutensaal entfernt wurde und so ein großerer Theatersaal geschaffen wurde. Im Jahr 1859 oder 1859 wurde eine zweilaufige Freitreppe vorgelegt, die die vorherigen Eingange zur Fleischbanken verdeckt. Im Jahr 1926 wurde der Buhnenbereich neu gestaltet, 1928 das gesamte Gebaude, wobei nur die Umfassungsmauern erhalten blieben und eine Eisenbetonkonstruktion eingezogen wurde. Weiterhin wurden die Fleischbanke abgebrochen und die Freitreppe entfernt, wodurch der Theaterbau ein Erdgeschoss fur Publikumsverkehr gewann.
Der Bau steht auf schmalen, langgestreckten Grundriss. Der Bau ist dreigeschossig und nur drei Fensterachsen tief. Das Sockelgeschoss ist durch Putzstreifen gegliedert, die Obergeschosse sind durch ein
Friesband
und
Gesimsprofil
getrennt und an den Ecken durch
Risalite
betont.
Zentrum der langen Ostfront ist ein kraftiger Mittelrisalit, der von zwei massiven Wandpeilfern gebildet ist, denen ein großer Portalbogen eingeschrieben ist. Zwischen den Saulen waren ursprunglich Zugange zu den Fleischbanken. Der Mittelrisalit hatte auch bautechnische statische Grunde weil er als Widerlagers und bauversteifende Klammer Ausbrechen des Dachwerkes verhindert. Der Portalbogen ist unterteilt in eine dreiachsige zweigeschossige Saulenanordnung, deren Schafte einen
Architrav
tragen. Uber dem Architrav wolbt sich eine kassettierte Halbkuppel die eine Nische fur Portratbuste fur Grpyhius dient.
Die Herkunft des Portalmotivs ist in der Literatur weithin diskutiert und soll sich teils auf italienische Vorbilder beziehen. Auch auf Vorbilder von
Francesco Milizia
wird verwiesen. Schulze selbst verwendete ahnliche Portale am Glogauer Landwehrkasino, Orangerie im Ludwigsgarten in
Sagan
un am Wurttembergisches Palais in
Luben
.
1863 entschied sich ein Ausschuss des Magistrats und des Wissenschaftlichen Vereins fur die Aufstellung einer Buste in der großen, halbsteinformigen Portaloffnung uber der Freitreppe des Stadttheaters. Am 6. Juli 1864, 10 Tage vor dem 200. Todestag des Dichters, fand die feierliche Enthullung des Denkmals statt.
[1]
Bei der
Belagerung von Glogau
[2]
im Spatwinter 1945 brannte das Andreas-Gryphius-Theater aus, nur die Außenmauern des Theaterbaus blieben in stabilem Zustand erhalten.
Das Theater wurde von 2017 bis 2019 wiederaufgebaut. Die Gesamtkosten belaufen sich auf ca. 20 Millionen
Złoty
. Dabei wurde die Außenfassade des Theaters rekonstruiert und die noch erhaltene historische Bausubstanz integriert.
[3]
[4]
[5]
- ↑
Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 10, Oktober 2016
- ↑
Die Kampfe durch die Belagerung endeten am 1. April 1945 (Siehe HB Hist. Statten, Schlesien, S. 133); der Brand des Theaters im Spatwinter 1945 kann damit nicht im Zusammenhang stehen.
- ↑
Wiederaufbau Theater
. Aufgerufen am 25. Februar 2018 (poln.)
- ↑
Wiederaufbau Theater (Bilder)
. Aufgerufen am 15. Oktober 2018 (poln.)
- ↑
Bilder zum Wiederaufbau des Theaters
(poln.)
Bernd Vogelsang,
Funde und Befunde zur schlesischen Theatergeschichte: Theaterbau in Schlesien
, Forschungsstelle Ostmitteleuropa, 1983, S. 130?146
51.66352
16.09401
Koordinaten:
51° 39′ 48,7″
N
,
16° 5′ 38,4″
O