Andenkondor

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Andenkondor

Portrat eines mannlichen Andenkondors ( Vultur gryphus )

Systematik
Klasse : Vogel (Aves)
Ordnung : Greifvogel (Accipitriformes)
Familie : Neuweltgeier (Cathartidae)
Gattung : Vultur
Art : Andenkondor
Wissenschaftlicher Name der  Gattung
Vultur
Linnaeus , 1758
Wissenschaftlicher Name der  Art
Vultur gryphus
Linnaeus, 1758

Der Andenkondor ( Vultur gryphus ) ist eine Vogel art , die zu den Neuweltgeiern (Cathartidae) zahlt. Innerhalb dieser Familie bildet er die monotypische Gattung Vultur . Es werden keine Unterarten beschrieben.

Andenkondor in Peru

Mannliche ausgefarbte Andenkondore sind machtige, schwarze Greifvogel mit an der Oberseite deutlich weißen bis silbern weißen Handschwingen und Deckfedern und einer weißen Halskrause, die den nackten, rotlichbraunen Kopf vom Rumpf absetzt. Ein wulstiger Kamm bedeckt die Kopfoberseite. Sie sind mit bis zu 15 Kilogramm die schwersten Greifvogel und zahlen zu den wenigen Vogeln, deren Spannweite uber 300 Zentimeter betragen kann. Weibchen sind kleiner, oft wesentlich leichter, gleichen in der Farbung jedoch den Mannchen. Wie die duster dunkelbraun gefarbten Jungvogel weisen sie keinen Kamm auf.

Die Art ist in der Andenregion Sudamerikas von Venezuela bis Feuerland verbreitet. Im Norden dieses großen, sich in Nord-Sud-Richtung uber 8000 Kilometer [1] erstreckenden Gebietes sind die Vorkommen gering, regional auch vollig erloschen, nach Suden hin wird die Art haufiger. [2]

Andenkondore sind hauptsachlich Aasfresser; sie nisten auf Felssimsen und Plattformen, wo sie meist im Zweijahresrhythmus ein Junges großziehen. Die IUCN schatzt den Gesamtbestand auf etwa 6.700 erwachsene Vogel und listet die Art als gefahrdet (VU = vulnerable). [1] Vor allem durch intensive Bejagung seit der spanischen Conquista hat der Bestand der Art stark abgenommen; insbesondere in den nordlichen Andenstaaten ist der Andenkondor weitgehend verschwunden oder nur mehr in kleinen, voneinander isolierten Restbestanden existent.

Der Andenkondor ist der Wappenvogel einiger sudamerikanischer Staaten. Trotz seiner großen allgemeinen Bekanntheit fehlen zu seiner Biologie noch immer viele wesentliche Daten.

Der Andenkondor ist auf Grund seiner herausragenden Große unverwechselbar. Er ist ein machtiger, massiger, fur einen Neuweltgeier relativ kurzbeiniger Vogel mit lang gefingerten, brettartigen Flugeln, die im Gleitflug annahernd waagrecht gehalten werden. Bei ausgefarbten Individuen ist die weiße Halskrause auch auf großere Entfernungen auszumachen, in der Obersicht sind die weißen Flugelabzeichen deutlich erkennbar. Von unten wirken die Vogel ungezeichnet dunkel. Der breite, ungezeichnete, verhaltnismaßig lange Schwanz ist im gefacherten Zustand gerundet bis leicht spatelformig.

Das Grundgefieder ist glanzend schwarz. Davon heben sich die weißen Armschwingen und weißen Großen- und Mittleren Flugeldecken, sowie die weiße bis leicht grauweiße, flauschige, meist zur Kehle hin leicht geoffnete Halskrause deutlich ab. Die weißen Flugelabzeichen sind individuell unterschiedlich stark ausgepragt, meist dunkeln sie sowohl nach außen wie auch nach innen silbern ab und weisen in diesen Bereichen zusatzlich ausgedehntere Schwarzanteile auf. Der Kopf ist weitgehend nackt, braun-rotlich und deutlich braun-rotlich bis violett geadert. Seine Farbsattigung verstarkt sich bei großerer Erregung ins Rotliche, kann aber, vor allem bei sexueller Stimulation, auch leuchtend gelbe Farbtone annehmen. Der hornfarbene Schnabel ist vergleichsweise klein und etwa bis zur Schnabelmitte von einer fleischfarbenen Wachshaut uberzogen. Die stammigen, bis uber das Intertarsalgelenk befiederten Fuße sowie die nur schwachlich bekrallten Zehen sind grau-braun, infolge von Fakalresten jedoch haufig weißlich. [3] Der ungezeichnete, schwarze Schwanz schließt beim sitzenden Vogel etwa mit den Flugelspitzen ab. Ihr Erwachsenenkleid erreichen Andenkondore nicht vor dem 6.?8. Lebensjahr. [3]

Andenkondorweibchen, wahrscheinlich im 2. Lebensjahr
Andenkondor in Peru

Der Geschlechtsdimorphismus ist nicht besonders ausgepragt. Mannliche Andenkondore konnen etwas großer, aber wesentlich schwerer werden als Weibchen. Der auffalligste sichtbare Geschlechtsunterschied besteht in einem fleischig-wulstigen, in geringem Maße erektilen Kamm der Mannchen, der sich mutzenartig vom Hinterhaupt bis zur Schnabelmitte erstreckt, sowie einem faltigen Kehllappen unterhalb des Schnabels. Die Ansatze des Kamms sind schon bei den meisten juvenilen Mannchen erkennbar. Juvenile Individuen sind duster, weitgehend konturlos grau-braun gefarbt, die Halskrause ist etwas heller als das Grundgefieder. Der noch schutter befiederte Kopf ist dunkel-braunlich, Augen und Schnabel sind dunkelbraun. Die weißen Flugelabzeichen zeigen sich ab dem zweiten Lebensjahr und werden zunehmend deutlicher; die Halskrause verfarbt sich ab dem vierten Lebensjahr sehr langsam uber Orange, Orange-Rotlich ins Weiße; etwa in diesem Alter verandern sich Augen- und Schnabelfarbe, Kamm und Kehlsack der Mannchen bilden sich voll aus. Die Iris der Augen der adulten Vogel ist bei Mannchen braun, bei Weibchen rot. [4] Im 6. Lebensjahr gleicht das Grundgefieder weitgehend dem adulter Andenkondore, die Kopffarbung ist jedoch oft noch immer dunkel und der Halsring oft noch rotlich-orange.

Da Andenkondore wie alle anderen Vertreter der Familie keine Syrinx besitzen, werden die Lautaußerungen durch Zungen- und Schnabelbewegungen sowie durch schnelles, gepresstes Luftausstoßen erzeugt. [5] Sie sind meistens weitgehend stumm. Bei Auseinandersetzungen am Fressplatz sind heiser keuchende und krachzende Laute zu horen, in Balzstimmung außern Andenkondore mit weit geoffnetem Schnabel ein gereihtes, schnalzendes Tok…tok…tok . Bei gleitenden Vogeln konnen Fluggerausche deutlich vernehmbar sein.

Biometrische Daten

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Wie bei allen rekordverdachtigen Lebewesen werden Angaben zu Gewicht und Spannweite des Andenkondors haufig ubertrieben. Gesichert sind Spannweiten sehr großer Mannchen bis 310 Zentimetern und ein Gewicht bis zu 15 Kilogramm. Die Gesamtlange liegt zwischen 100 und 122 Zentimetern. Weibchen sind bis zu 13 Prozent kleiner und bis zu 60 Prozent leichter. [3] Der Quotient aus Gewichts- und Großenunterschieden betragt 26 Prozent zugunsten mannlicher Individuen. [6]

Verbreitung und Lebensraum

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Verbreitungsgebiet des Andenkondors
  • satt orange: weitgehend geschlossene Vorkommen
  • hell orange: selten bis sehr selten oder Durchzieher
  • orange Punkte: Restvorkommen weniger Individuen oder Regionen, in denen Wiederansiedlungsprogramme laufen

Das weitgehend geschlossene Verbreitungsgebiet der Art beginnt heute im zentralen Peru und reicht bis Feuerland. Außerhalb der Anden bestehen kleine Vorkommen in den argentinischen Sierras Pampeanas . Im sudlichen Patagonien erreicht das Verbreitungsgebiet auch die Atlantikkuste. In den nordlichen Andenstaaten kommen Andenkondore nur an wenigen Stellen und in geringer Zahl vor. Die meisten dieser punktuellen Vorkommen mussen durch Wiedereinburgerungen von in Gefangenschaft aufgezogenen Individuen gestutzt werden. Im zentralen und sudlichen Teil seines Verbreitungsgebietes ist die Art zwar nicht haufig, aber doch allgemein verbreitet.

Ei, Sammlung Museum Wiesbaden

Die Brutzeit betragt bis zu 65 Tage. Beide Partner sind fur das Ei verantwortlich. Das Junge wird anfangs zweimal am Tag gefuttert, spater nur noch einmal. Nach 6 Monaten wird der Jungvogel flugge.

Bestand und Gefahrdung

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Detaillierte und großraumige Untersuchungen der Bestandsentwicklung, der Reproduktion und der Mortalitatsursachen sind nicht vorhanden. Auch historische Angaben zur Verbreitung der Art fehlen weitgehend, doch wird vermutet, dass bald nach Beginn der spanischen Conquista ihre Populationsdichte zumindest in den Zentren der Zuwanderung erheblich abnahm. Mit der Intensivierung der Viehhaltung und wachsender Bevolkerung beschleunigte sich dieser Bestandsniedergang, und die Art wurde zunehmend in entlegene Hochgebirgslagen abgedrangt. Hauptverantwortlich dafur waren Bejagung, Vergiftung und der Fang mit Fallen, da behauptet wurde, der Andenkondor wurde Schafe oder Kalber toten, gelegentlich aber auch Kinder angreifen und davontragen. In der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts intensivierte sich die Guanogewinnung an vielen peruanischen und chilenischen Abschnitten der Pazifikkuste, sodass die dort residenten Populationen, die sich vor allem von jungen Seevogeln, Eiern und Robbenkadavern ernahrten, dezimiert und vielerorts, wie zum Beispiel auf der Paracas-Halbinsel in Peru, ausgeloscht wurden. [7] Auch von der indigenen Bevolkerung wurde und wird der Kondor bejagt, da viele seiner Korperteile und Knochen als Heilmittel gelten oder rituellen Zwecken dienen. [8]

Die Gefahrdung durch Abschuss, Vergiftung und Fang halt, wenn auch in weit geringerem Maße, regional noch immer an. Giftkoder werden ausgelegt, um Pumas oder Fuchse zu toten, und vergiften auch die Kondore, die an den Kadavern fressen. Dazu kommen vielfaltige Storungen am Brutplatz durch zunehmenden Trekking- und Bootstourismus. [9] Dem gegenuber steht positiv ein vielerorts sensibilisiertes Umweltbewusstsein, das regionale Schutzmaßnahmen, Schulungsprogramme und Aufklarung der Bevolkerung initiiert. Auch der Wert der Art als Touristenattraktion wird zunehmend erkannt. Die Wiedereinburgerungsprogramme, die in einigen Staaten laufen, konnen Restpopulationen so weit stutzen, dass diese nicht vollig erloschen; nachhaltigen Erfolg scheinen sie bislang nur in Kolumbien gehabt zu haben. [7]

Heute wird die Gesamtpopulation des Andenkondors auf etwa 6.700 reproduktionsfahige Individuen geschatzt, von denen die uberwiegende Mehrzahl sudlich von 15° sudlicher Breite brutet. In Venezuela leben vor allem im Gebiet von Merida weniger als 30, in Kolumbien nun wieder mehr als 180 adulte Vogel. Noch immer stark abnehmend ist die Zahl der Kondore in Ecuador , wo auch die Auswilderungsprogramme auf Widerstand stoßen. [7] Nur die Populationen in den sudlichsten Verbreitungsgebieten scheinen einigermaßen stabil zu sein, in allen ubrigen Bereichen nimmt der Bestand des Andenkondors noch immer ab. Eine großere Untersuchung der Greifvogelbestande in der dicht besiedelten Metropolitan-Region Chiles verzeichnet einen abnehmenden Kondorbestand und gibt als Grund Verfolgung, Nahrungsmangel und Habitatsverlust an. [10]

Einzelnachweise

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  1. a b Factsheet auf BirdLife International
  2. Ferguson-Lees & Christie (2001) S. 313
  3. a b c Ferguson-Lees & Christie (2001) S. 314
  4. Andean Condor. Smithsonian National Zoological Park , 9. Oktober 2007, archiviert vom Original am 9. Oktober 2007 ; abgerufen am 31. Mai 2014 .
  5. Claus Konig: Die systematische Stellung der Cathartidae
  6. Ferguson-Lees & Christie (2001) S. 88
  7. a b c Global Raptor Information engl. ( Memento des Originals vom 22. Februar 2014 im Internet Archive )   Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. @1 @2 Vorlage:Webachiv/IABot/www.globalraptors.org
  8. Ferguson-Lees & Christie (2001) S. 315
  9. Sergio A. Lambertucci, Karina L. Speziale: Some possible anthropogenic threats to breeding Andean Condors (Vultur gryphus). In: Journal of Raptor Research. Band 43, Nr. 3, 2009, S. 245?249, doi : 10.3356/JRR-08-108.1 .
  10. Fabian M. Jaksic, Eduardo F. Pavez, Jaime E. Jimenez, Juan C. Torres-Mura: The Conservation Status of Raptors in the Metropolitan Region, Chile. In: Journal of Raptor Research. Band 35, Nr. 2, 2001, S. 151?158, hier S. 153, ( Digitalisat ).
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