Ein
analytischer Sprachbau
liegt fur die
Sprachtypologie
von
August Wilhelm Schlegel
[1]
in einer Sprache vor, in der die
grammatische Funktion
der Worter/Wortgruppen im Satz (zum Beispiel
Subjekt
,
Objekt
, …) durch unabhangige Einzelworter deutlich gemacht wird. Man spricht in diesem Zusammenhang von analytischen Sprachen. Die analytischen Sprachen umfassen die Gruppe der
isolierenden Sprachen
, zu der auch das Chinesische gehort.
Im Gegensatz dazu stehen die
synthetischen
und
polysynthetischen Sprachen
, in denen verschiedene Informationen durch
Flexion
in einzelne Worter inkorporiert werden. Den von Schlegel betonten Unterschied zwischen analytischen und synthetischen Sprachen halt
Wilhelm von Humboldt
fur graduell und nicht fur sehr relevant.
[2]
Das
Chinesische
(aller ?Dialekte“) ist ein sehr gutes Beispiel fur eine analytische Sprache. Zur Veranschaulichung:
Alle meine Freunde wollen Eier essen.
w?
|
de
|
pengyou
|
men
|
d?u
|
yao
|
ch?
|
jidan.
|
Ich
|
possessiv
|
Freund
|
Plural
|
alle
|
wollen
|
essen
|
Ei.
|
Wie zu sehen, reprasentiert ein einzelnes Wort eine einzelne Funktion. Allerdings sind
de
und
men
im zitierten Beispiel Flexionsendungen zu den jeweils vorangehenden Wortern. Im Deutschen wird hingegen beispielsweise die Information
Plural
durch Flexion in die Worter integriert. Allerdings enthalt auch das Deutsche vielerlei analytische Elemente. In der Phrase ?in meinen Hausern“ werden beispielsweise die Information
Lokativ
und
Possessiv
der 1. Person
durch separate Worter zum Ausdruck gebracht, man vergleiche hiermit das bedeutungsgleiche finnische Wort
taloissani
:
talo
(?Haus“) +
i
(Plural) +
ssa
(
Inessiv
,
in
) +
ni
(?mein“)
Sudostasien
ist ebenfalls die Heimat vieler analytischer Sprachen, wie
Thai
oder
Vietnamesisch
.
Auch Kreolsprachen wie
Haitianisch
sind gute Beispiele fur analytische Sprachen. Im Vergleich zu oben:
Alle meine Freunde wollen Eier essen.
Tout
|
zanmi
|
'm
|
yo
|
vle
|
manje
|
ze.
|
Alle
|
Freund
|
mein
|
Plural
|
wollen
|
essen
|
Ei.
|
- Wilhelm von Humboldt
:
Ueber die Verschiedenheiten des menschlichen Sprachbaues.
In: Wilhelm von Humboldt:
Schriften zur Sprachphilosophie
. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1963, S. 144?367, (Original 1827?29).
- Edward Sapir
:
Types of linguistic structure.
In
Language: An introduction to the study of speech
1921 (Kapitel 6).
- August Wilhelm Schlegel
:
Observations sur la langue et la litterature provencales.
Librairie Greque - Latine - Allemande 1818. (Neudruck: Gunter Narr (Hrsg.), Tubinger Beitrage zur Linguistik, Tubingen 1971)
- ↑
Schlegel 1818 (1971), Seite 16.
- ↑
Humboldt 1963, Seite 317f.