Amadeo Bordiga

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Bordiga in einer Zeichnung des sowjetischen Malers Isaak Brodsky von 1920

Amadeo Bordiga (* 13. Juni 1889 in Resina ( Provinz Neapel ); † 23. Juli 1970 in Formia ) war Grunder und erster Vorsitzender der Kommunistischen Partei Italiens .

Leben [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Im Alter von 18 Jahren las er im Gymnasium das ? Kommunistische Manifest “ unter Anleitung seines Philosophielehrers. Er eignete sich nach und nach die marxistische Theorie an und verkehrte in den sozialistischen Kreisen Neapels . 1910 erfolgte die Aufnahme des Ingenieursstudiums in Neapel und der Eintritt in die Sozialistische Partei Italiens (PSI), der italienischen Sozialdemokratie. Bereits zwei Jahre spater grundete er in Neapel den Circolo Carlo Marx (? Karl-Marx -Kreis“), der sich gegen den Reformismus in der Partei stemmte. Er wurde Leiter der Zeitung L’Avanguardia , die sich vor allem gegen das italienische Militarabenteuer in Libyen einsetzte. Auf dem 1912 stattfindenden Kongress der PSI in Reggio nell’Emilia agierte er als Fuhrer der ?Revolutionaren Jugend“.

1914 wandte er sich mit der Zeitung Il Socialista gegen die Kriegsbefurworter, wie gegen die offizielle neutralistische Haltung der PSI. Dann wurde er mit 27 Jahren 1916 zum Militar einberufen, kam jedoch nicht zum Fronteinsatz. Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgte die Heirat mit Ortensia De Meo, mit der er spater zwei Kinder hatte. Sie war eine kampferische Sozialistin, die er schon aus dem Circolo Carlo Marx kannte. Im Dezember 1918 grundete er die Zeitung Il Soviet , die sehr bald zum Organ der kommunistischen Stromung in der PSI wurde und den Reformismus der Partei scharfstens kritisierte. Auf dem 15. Kongress der PSI verlangte er die Unterstutzung der Thesen Lenins uber die internationale Revolution und war Sprecher der Abstentionistischen Kommunistischen Fraktion.

1920 nahm Bordiga am 2. Kongress der Kommunistischen Internationale teil. Hier unterstutzte er Lenins Politik der zentralistischen Fuhrung innerhalb der kommunistischen Parteien und trug zur Ausarbeitung der 21 Leitsatze uber die Bedingungen der Aufnahme in die Kommunistische Internationale bei. Er sprach sich gegen die Teilnahme der kommunistischen Parteien an den Wahlen innerhalb der industrialisierten Lander aus, weil dies der revolutionaren Entwicklung eher hinderlich ware. Im Oktober legte er das Manifest der ?Kommunistischen Fraktion“ vor. An den Diskussionen um eine eventuelle Abspaltung von der PSI nahmen auch Antonio Gramsci und Umberto Terracini teil.

Im Januar auf dem Kongress der PSI 1921 in Livorno erklarte Bordiga die Unmoglichkeit der Zusammenarbeit zwischen den Revolutionaren, den Reformisten und den Maximalisten. Die Kommunisten verließen das Gebaude und grundeten in einem anderen Lokal die Kommunistische Partei Italiens (KPI) als Sektion der Kommunistischen Internationale. Die Partei verlegte ihren Sitz nach Mailand und startete unter Bordigas Vorsitz ihre Aktivitaten. Bordiga schrieb nun in allen vier regelmaßig erscheinenden Zeitungen, Il Soviet , Il Comunista (dessen Leitung er ubernimmt), L’Ordine Nuovo (unter Leitung von Antonio Gramsci ) und dem theoretischen Organ Rassegna Comunista . Er vertrat unter anderem die Auffassung, dass die Kommunistische Internationale nicht Foderation nationaler Parteien, sondern einheitliche Weltpartei werden solle. Im Dezember nahm er auf dem Kongress der PCF in Marseille als Vertreter der Internationale teil.

Auf dem 4. Kongress der Kommunistischen Internationale Ende November 1922 vertrat Bordiga die Kommunistische Partei Italiens. Der faschistische Marsch auf Rom lag gerade zwei Wochen zuruck. Im Fruhjahr 1923 wurde er von der Polizei verhaftet und angeklagt wegen ?Komplotts gegen den Staat“. Im Juni wurde die verhaftete Leitung der Partei durch Togliatti und Terracini ersetzt.

Nach Prozess und Gefangnisaufenthalt forderte im Dezember die Kommunistische Internationale Bordiga auf, wieder seinen Platz im Exekutivkomitee der Partei einzunehmen. Er lehnte ab mit der Begrundung, dass er aus Disziplin dort Positionen vertreten musse, die nicht die seinen seien, was ein Fehler gegenuber der Organisation ware. Im Januar 1924 gab er in Neapel die Monatszeitschrift Prometeo heraus, um der Parteilinken ein Sprachrohr zu geben. Im Marz desselben Jahres, auf der Konferenz von Como , unterstutzte der Großteil der Partei die Thesen der Linken. Bordiga weigerte sich, zu den Wahlen aufgestellt zu werden. Auf dem 5. Kongress der Kommunistischen Internationale legte er Thesen uber die Taktik vor, die insbesondere gegen den rechten Revisionismus gerichtet waren, der die russische Partei bedrohte. Die Thesen werden abgelehnt. Auf dem (geheimen) Kongress der KPI in Neapel geriet er mit den auf Linie der Komintern stehenden Parteifuhrern aneinander.

1925 verteidigte er Trotzki gegenuber den Angriffen der Stalinisten , im Folgejahr hielt er Stalin in Moskau von Angesicht zu Angesicht vor, die Revolution verraten zu haben. Sein Hauptanliegen war der Kampf gegen den Opportunismus innerhalb der Komintern wie der KPI. Im Dezember wurde sein ?Aktionsprogramm der Linken“ in der Zeitung Unita veroffentlicht. 1926 nahm er klandestin am 3. Kongress der KPI in Lyon in Frankreich teil. Die ?Lyoner Thesen“ der kommunistischen Linken wurden von der inzwischen stark veranderten Partei abgelehnt. Im Marz erfolgte die Teilnahme an den Sitzungen des 6. erweiterten Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale , (EKKI). Er entwickelte eine Korrespondenz mit Linkskommunisten anderer Lander, zum Beispiel Karl Korsch . Im November 1927 wurde Bordiga von den Faschisten ohne Prozess zu drei Jahren Verbannung verurteilt. In seiner Abwesenheit wurde sein Haus verwustet. 1927 erfolgte seine Verbannung auf Ustica und spater auf Ponza , kleine Inseln vor der italienischen Kuste. Zusammen mit Antonio Gramsci organisierte er Kurse fur die Gefangenen zu wissenschaftlichen Themen. Dort schrieb er eine philosophische Abhandlung uber ein Studium der Schriften Friedrich Engels ’ und die kleine Einfuhrung in Das Kapital von Karl Marx , Elemente der marxistischen Okonomie . Ende des Jahres 1929 wurde Bordiga entlassen und unter Hausarrest gestellt.

1930 erfolgte sein Ausschluss aus der Kommunistischen Partei Italiens wegen ? trotzkistischer Fraktionstatigkeit“. Er widmete sich seinem Beruf als Bruckenbauingenieur, da der von 1930 bis 1943 andauernde Hausarrest unter standiger Bewachung durch die politische Polizei der Faschisten ihm eine anderweitige Betatigung kaum moglich machte.

1943 wurde in Norditalien von Linkskommunisten und Anhangern Bordigas die Internationalistische Kommunistische Partei ( Partito Comunista Internazionalista ) gegrundet. Nach dem Vorrucken der anglo-amerikanischen Truppen 1944 nahm er erste politische Kontakte mit alten Genossen in Suditalien auf.

Von 1945 bis 1968 arbeitete Amadeo Bordiga als fuhrender Theoretiker in der Internationalistischen Kommunistischen Partei (spater der Internationalen Kommunistischen Partei ) mit, auch durch zahlreiche Veroffentlichungen in den Zeitungen der Partei Battaglia Comunista , Prometeo und Il Programa Comunista . Krankheits- und altersbedingt zog er sich 1968 aus dem Parteileben zuruck. Amadeo Bordiga starb am 23. Juli 1970 in Formia an den Folgen eines Schlaganfalls.

Einfluss [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Jacques Camatte kam 1954 mit Bordiga in Kontakt, und dieser entwickelte eine langjahrige Beziehung zu Camatte und ubte ideologischen Einfluss auf ihn aus. Camatte's fruhes Werk liest sich sehr im Einklang mit der bordigistischen Stromung, und Bordiga trug gegen Ende seines Lebens haufig zu Camatte's Zeitschrift Invariance bei. Selbst nach Camattes Bruch mit dem Marxismus nach Bordigas Tod stimmt Camattes Beschaftigung mit dem Thema ?Gemeinwesen“ in Marx’ Werk mit Bordigas Betonung der antiindividualistischen und kollektivistischen Aspekte des Marxismus uberein. [1]

Bordiga beeinflusste auch Gilles Dauve und hatte großen Einfluss auf die ultralinken Stromungen des zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhunderts. [2]

Die Stiftung Amadeo Bordiga wurde 1998 in Formia gegrundet, in dem Haus, in dem Bordiga die letzten Monate seines Lebens verbrachte. Die Stiftung organisiert Veroffentlichungen von Bordigas Werken und fordert die Weiterentwicklung seiner Ideen. [3]

Im August 2020 veroffentlichte Historical Materialism The Science and Passion of Communism, einen Sammelband mit englischen Ubersetzungen von Bordigas Werken. [4]

Schriften [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Christian Riechers , Felix Klopotek (Hrsg.): Die Niederlage in der Niederlage: Texte zur Arbeiterbewegung, Klassenkampf, Faschismus in Italien. Unrast, Munster 2009 ISBN 3-89771-453-1
  • Helmut Konig: Lenin und der italienische Sozialismus 1915?1921. Ein Beitrag zur Grundungsgeschichte der Kommunistischen Internationale. Reihe: Forschungsberichte und Untersuchungen zur Zeitgeschichte, 13. Tubingen 1967. Zugl. Diss. phil. Universitat Tubingen, 14. August 1967

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. El-Ojeili, Chamsy. Beyond post-socialism : dialogues with the far-left. Houndsmills, Basingstoke, Hampshire: Palgrave Macmillan. S. 93. ISBN 978-1-349-50157-1
  2. Across and Beyond the Far Left: The Case of Gilles Dauve - Omnilogos
  3. Fondazione Amadeo Bordiga
  4. Bordiga, Amadeo (July 2020). The science and passion of communism : selected writings of Amadeo Bordiga (1912?1965). Leiden: Historical Materialism. ISBN 978-90-04-23450-5

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Amadeo Bordiga  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien