Altweibersommer

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Altweibersommer im Sauerland

Altweibersommer ist die Bezeichnung fur eine meteorologische Singularitat . Es handelt sich um eine Phase gleichmaßiger Witterung im Herbst , oft Ende September und Oktober , die durch ein stabiles Hochdruckgebiet und ein warmes Ausklingen des Sommers gekennzeichnet ist. Das kurzzeitig trockenere Wetter erlaubt eine gute Fernsicht, intensiviert den Laubfall und die Laubverfarbung.

Die Herkunft des Wortes ist nicht sicher, zumal neben dem Begriff Altweibersommer auch zahlreiche weitere wie Ahnlsummer, Frauensommer, Madchensommer, Mettensommer, Mettkensommer, Metjensommer, Nachsommer, Witwensommer, Michaelssommer, Martinssommer, Allerheiligensommer und fliegender Sommer vorkommen, was die sprachgeschichtliche Deutung erschwert. [1]

Spinnennetze im Altweibersommer

Nach der einen Erklarung leitet sich der Name von Spinnfaden her, mit denen junge Baldachinspinnen im Herbst durch die Luft segeln (vgl. Spinnenflug ). Der Flugfaden, den die Spinnen produzieren und auf dem sie durch die Luft schweben, erinnert die Menschen an das graue Haar alter Frauen. Mit ?weiben“ wurde im Althochdeutschen das Knupfen der Spinnweben bezeichnet. Nach der anderen Erklarung, in der von Kluge/Seebold die ?vielleicht“ ursprungliche, von Pfeifer hingegen ?wahrscheinlicher“ eine sekundare Bedeutung gesehen wird, liegt dem Wort das Motiv der zweiten Jugend bei Frauen, die als unzeitig und nur kurze Zeit dauernd angesehen wird, zugrunde. An diese letztere Deutung konnen das schweizerische Witwesommerli und der bairische Ahnlsummer (?Großvatersommer‘) angeschlossen werden, vielleicht liegt aber auch das Bild des alten, schwachen Sommers vor.

Andere Begriffe fur das Phanomen der milden Herbsttage kann man einfacher deuten, sie sind jedoch zum Teil lediglich weitere sekundare Interpretationen der ? unsicheren ? Urbedeutung. So nennt man in norddeutschen Dialekten den Altweibersommer Mettkensommer und ahnlich, die Altweibersommerfaden Metten, Mettken oder Mettjen . Dabei liegt eine Verkleinerungsform von Made vor, das heißt, man hielt sie fur Raupengespinste. Wegen der lautlichen Ahnlichkeit wurde dieser Begriff wohl volksetymologisch zu Madchen umgedeutet. Auf bestimmte Tage wiederum beziehen sich die Worter (St.) Michaelssommer (29. September), Allerheiligensommer (1. November) und (St.) Martinssommer (11. November).

Das Landgericht Darmstadt hat im Jahr 1989 festgestellt, dass die Verwendung des Ausdrucks Altweibersommer durch die Medien keinen Eingriff in die Personlichkeitsrechte von alteren Damen darstellt. [2]

Altweibersommer in anderen Sprachen

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In den slawischen Sprachen und im Ungarischen nennt man diese Zeit ahnlich wie im Deutschen Altweibersommer (polnisch babie lato, tschechisch babi leto, sorbisch babyl??o, slowakisch babie leto, slowenisch babje poletje / leto, russisch babje leto, ukrainisch babyne lito, [3] ungarisch venasszonyok nyara ).

In Nordamerika, insbesondere in den Neuenglandstaaten , wird diese Wetterlage Indian Summer ( Quebec : ete indien ) genannt ? im Deutschen oft mit der herbstlichen Laubfarbung verwechselt. In Frankreich wurde der Begriff ete indien 1975 durch ein gleichnamiges Lied von Joe Dassin popularisiert. Fruher sprach man eher von ete de la Saint-Denis ( 9. Oktober ), ete de la Saint-Geraud ( 13. Oktober ) oder ete de la Saint-Martin ( 11. November ).

Ahnlich spricht man in Finnland von Ruska-Aika (Zeit der Braunfarbung) und in Schweden vom brittsommar (Birgitta-Sommer, vor Ort 7. Oktober ). In Skandinavien kommen Erscheinungen der aufkommenden Polarnacht hinzu. In der Ubergangsphase von der Mitternachtssonne zur Polarnacht macht der Spatsommer mit seiner prachtvollen Laubfarbung Ausfluge in die Natur besonders attraktiv. Die Ruska-Saison ist fur viele einheimische Naturfreunde der Hohepunkt des Jahres und Ausloser fur einen intensiven Tourismus ins nordliche Lappland , den nordlichsten Teil Europas am Polarkreis .

In Spanien ist die Zeit als St.-Michaels-Sommer (Veranillo de San Miguel) bekannt. Andere Mittelmeerlander kennen im November den St.-Martins-Sommer .

In der Turkei wird die Wetterperiode als pastırma yazı (?Pastırma-Sommer“) bezeichnet. Pastırma ist ein getrocknetes Rinderfilet, von wurziger Paste umgeben, das im Spatsommer von turkischen Metzgern vorbereitet und traditionell unter dem Hausdach an der warmen Luft zum Trocknen aufgehangt wird.

In Japan wird ein warmer spater Sommer als ?kleiner Fruhling“ ( koharu 小春) bezeichnet. Das darauf folgende Momijigari beschreibt die Sitte, bei angenehmem Herbstwetter Landschaften und Parks mit schoner herbstlicher Laubfarbung, insbesondere von Ahornbaumen und -waldern, zu besuchen.

Volksglauben und Wetterregeln

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Im Volksglauben wurden die Spinnweben der Baldachinspinnen auch fur Gespinste von Elfen , Zwergen oder der Nornen gehalten. Als Verursacherin galt aber auch die Jungfrau Maria , die zusammen mit 11.000 Jungfrauen das Land alljahrlich um diese Zeit mit Seide uberspinnen wurden. Daher ruhren auch Bezeichnungen dieser Spinnfaden wie Marienhaar, Mariengarn, Marienfaden, Marienseide, Herbstgarn, Sommerseide, Herbstfaden, Liebfrauenfaden, Unserer Lieben Frauen Gespinst, Mutter Gottes Gespinst . [4]

Im Volksglauben nahm man an, dass es Gluck bringe, wenn sich die Faden an der Kleidung des Menschen heften wurden, und wer sie mit sich herumtragt, werde beruhmt werden. Ebenso verheiße es eine baldige Hochzeit, wenn sich fliegende Spinnfaden im Haar eines jungen Madchens verfangen.

Der Altweibersommer hat in verschiedenen Bauernregeln seinen Niederschlag gefunden, die gutes Wetter verheißen und auf einen angenehmen Herbst schließen lassen.

  • 1. November: Ist’s zu Allerheiligen rein, tritt Altweibersommer ein.
  • 15. November: Der heilige Leopold ist oft noch dem Altweibersommer hold.
  • Artur Lehmann: Altweibersommer. Die Warmeruckfalle des Herbstes in Mitteleuropa. Parey, Berlin 1911 (Zugleich: Berlin, Univ., Diss., 1911), auch in: Landwirtschaftliche Jahrbucher 41, 1911, ISSN   0368-8194 , S. 57?129.
Wiktionary: Altweibersommer  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Das Folgende nach Kluge. Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache, bearbeitet von Elmar Seebold. 25., durchgesehene und erweiterte Auflage Berlin 2011; Etymologisches Worterbuch des Deutschen, erarbeitet unter der Leitung von Wolfgang Pfeifer. 2., durchgesehene und erganzte Auflage Berlin 1993; Deutsches Worterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Neubearbeitung, 2. Band Leipzig 1998; Wortgeschichten, verfasst von der Redaktion des Schweizerischen Idiotikons, Text vom 25. September 2013 .
  2. LG Darmstadt, Az. 3 O 535/88, Urteil vom 2. Februar 1989; NJW 1990, S. 1997.
  3. V. Khavrus, A. Gabovich: Warm wall in autumn: how to use the solar irradiation in full? In: European Journal of Physics. 44, Nr. 1, 2023, S. 015803 (18 pp), doi:10.1088/1361-6404/aca2ff .
  4. Handbuch des Aberglaubens. ISBN 3-85001-570-X , Band 1, S. 45.