Die
Altneu-Synagoge
oder
Altneuschule
in der
Prager
Josefstadt
(
tschechisch
Staronova synagoga
) ist die alteste unzerstort als Synagoge erhaltene
Synagoge
in
Europa
und einer der fruhesten
gotischen
Bauten Prags.
Die Synagoge wurde im 13. Jahrhundert im fruhgotischen Stil erbaut und ist heute noch das religiose Zentrum der
Prager Juden
. Der Bau hat mehreren Stadtbranden,
Judenpogromen
und auch der
Slum
-Sanierung (Assanierung) des 19. Jahrhunderts getrotzt. Im Gegensatz zur noch alteren
Alten Synagoge
in Erfurt und der alteren, aber wiederaufgebauten
Wormser Synagoge
blieb die Altneu-Synagoge aber als Synagoge erhalten. Ursprunglich hieß sie ?Große“ oder ?Neue“ Synagoge (im Gegensatz zu einem alteren, nicht erhaltenen Bethaus), bis ein ihr nahegelegener Neubau diesen Namen erhielt.
Das Gebaude wurde (nach verschiedenen Quellen) im letzten Drittel des 13. Jahrhunderts von Steinmetzen der koniglichen Bauhutte errichtet, die auch das nahegelegene
St.-Agnes-Kloster
bauten. Eine andere Quelle besagt, dass die Bauausfuhrung von einer
Zisterzienser
-Bauhutte erfolgte.
[1]
Im Laufe der Zeit wurde der Bau so gut wie nicht verandert. Erst 1883 renovierte
Josef Mocker
die Synagoge. Im 20. Jahrhundert erfolgten 1921?1926, 1966/1967 und 1998/99 weitere Instandsetzungsarbeiten. In der Zeit der
deutschen Besetzung
Prags 1939?1945 wurde das Gebetshaus von den
Nationalsozialisten
nicht zerstort, da die Nationalsozialisten planten, die Synagoge zu einem
Museum der ausgeloschten judischen Rasse
umzugestalten.
[2]
Die Altneu-Synagoge war stets die Hauptsynagoge der
judischen Gemeinde
Prags und genoss entsprechendes Ansehen. Hier wirkten ihre bedeutendsten Rabbiner, wie
Eliezer Aschkenasi
,
Mordechai ben Abraham Jaffe
,
Rabbi Low
, sein Schuler
Jomtov Lipman Heller
,
Ezechiel Landau
,
Michael Sachs
oder
Salomo Judah Lob Rapoport
.
Neben der
Hohen
und der
Jerusalemer Synagoge
ist die Altneu-Synagoge eine der drei Synagogen in Prag, in denen bis heute
Gottesdienste
abgehalten werden. Die nahe gelegene
Klausen-
und die
Maisel-Synagoge
dienen hingegen als religiose Museen.
Uber die Herkunft des Namens ?Altneu“ gibt es neben der o. a. Erklarung auch verschiedene Legenden. Die Bezeichnung soll sich vom hebraischen ??? ??????? (al tenai) herleiten, was ?unter der Bedingung, dass“ bedeutet. Engel sollen bei der Erbauung der Altneu-Synagoge Steine vom
Jerusalemer Tempel
herbeigetragen haben, ?unter der Bedingung, dass“ sie bei Ankunft des
Messias
und der Wiedererrichtung des Tempels wieder herausgegeben werden sollten. Nach einer anderen Deutung allerdings habe man, als der Boden fur den Bau der Synagoge ausgehoben wurde, die Uberreste einer noch alteren Synagoge gefunden. Auf dem Fundament der ?alten“ wurde sodann die ?neue“ Synagoge erbaut.
Einer Sage nach befinden sich auf dem Dachboden die lehmigen Uberreste des
Golem
, den Rabbi Low vor 400 Jahren mit seiner Geisteskraft belebt haben soll. Einer anderen Sage nach schutzten in Tauben verwandelte Engel die Synagoge vor Feuersbrunsten, so dass sie bis heute erhalten blieb, obwohl es in der Judenstadt mehrere große Brande gab. Tatsachlich verdankt die Altneu-Synagoge ihre Erhaltung aber dem Umstand, dass sie immer allein und isoliert stand und nie mit einem anderen Bauwerk verbunden war. Dadurch und auch wegen ihrer sehr soliden Bauweise konnte sie allen Wechselfallen der Jahrhunderte trotzen.
Die Altneu-Synagoge befindet sich in der ?ervena 2 der einstigen Judenstadt
Josefstadt
und ist das alteste unzerstorte Beispiel einer zweischiffigen mittelalterlichen Synagoge. Die in Grundriss und Gestalt etwa 100 Jahre altere
Synagoge von Worms
wurde nach der Zerstorung wahrend der
Novemberpogrome 1938
in den 1960er Jahren wiedererrichtet, die ebenfalls altere Synagoge von Regensburg existiert nicht mehr, ahnlich gestaltet waren die
Synagoge von Wien
(ebenfalls zerstort) und die spatere Synagoge von Krakau. Die erhaltene
Erfurter Synagoge
ist etwa gleich alt.
Das isoliert stehende Gebaude besitzt dicke Mauern mit Strebepfeilern zur Verstarkung und lediglich schmale Fenster. An drei Seiten ist es von niedrigen Anbauten umgeben, die Vorraum und Frauenschiff enthalten. Das Fußbodenniveau ist zum Zeichen der Demut niedriger als das Straßenniveau. Der aus der Mitte des 13. Jahrhunderts stammende Vorraum mit seinem spitzbogigen
Tonnengewolbe
ist der alteste Bauteil. Hier befinden sich zwei fruhbarocke Kassen, die der Aufnahme der Judensteuer gedient haben sollen, die im ganzen Land erhoben wurde. Ende des 13. Jahrhunderts wurde ein zweischiffiger Saal angebaut.
[1]
Auffallig an den Fassaden sind die beiden gestuften
Backsteingiebel
aus dem 15. Jahrhundert.
Der hohe Hauptraum mit kunstvollem
Funfrippengewolbe
aus sechs funfkappigen Gewolbejochen wird von zwei achteckigen Pfeilern gestutzt. Die zwolf Spitzbogenfenster stehen fur die
zwolf Stamme Israels
. Besonders wertvoll sind das
Tympanon
mit einer Darstellung von Weinblattern und Weinreben uber dem reich profilierten Portal, das Tympanon uber dem
Toraschrein
mit gehauenen Blattornamenten und die Gewolbeschlusssteine.
In der Mitte des Saals ? zwischen den beiden Oktogonsaulen ? tragt eine Plattform die
Bima
, das Pult, an dem die
Tora
vorgelesen wird, umgeben von einem gotischen schmiedeeisernen Gitter. An der Ostwand befindet sich der Toraschrein, der mit
Parochet
und
Kaporet
bedeckt ist, und davor das
Ner Tamid
. Rechts daneben steht das steinerne Pult fur den
Kantor
.
Die Sitze sind noch wie im ursprunglichen Zustand um die Bima herum entlang den Wanden platziert. Dahinter wurden in den Wanden Nischen freigelassen, die zur Ablage von Buchern und Gebetsutensilien dienten. Der Sitz des Oberrabbiners ist erhoht. An den Wanden befinden sich Wandleuchten, die mit Messingspiegeln zur Verstarkung des Lichtes versehen sind. Die Bronzekronleuchter stammen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Die Wande sind außerdem mit hebraischen Inschriften und
Akronyme
biblischer Verse versehen.
Uber der Bima hangt eine große alte Fahne, die die bedeutende Stellung der Prager Judengemeinde symbolisiert und in ihrer heutigen Form aus dem Jahr 1716 stammt. Sie wurde aber bereits seit dem 15. Jahrhundert verwendet und zeigt das Wappen der Gemeinde, einen Davidstern mit
Judenhut
auf rotem Grund, an den Randern mit der Aufschrift des judischen Glaubensbekenntnisses ?
Schema Jisroel
“.
- Arno Pa?ik
, Peter Zieschang (deutsche Ubersetzung):
Das judische Prag.
Judisches Museum, Prag 2012,
ISBN 80-85608-54-5
.
- Arno Pa?ik
, Terezie Slavikova (deutsche Ubersetzung):
Die Prager Synagogen in Bildern, Stichen und alten Photographien.
Statni ?idovske Muzeum (Judisches Museum), Prag 2005,
DNB
890209251
.
- David D. Podiebrad (Hrsg.):
Alterthumer der Prager Josefstadt, israelitischer Friedhof, Alt-Neu-Schule und andere Synagogen
. Prag 1870,
S.
1?71
(
uni-frankfurt.de
[PDF]).
- Mark Podwal:
Stav?no and?ly, P?ib?h staronove synagogy.
(Gebaut durch Engel, Geschichte der Altneu-Synagoge),
?idovske muzeum
, Praha 2009,
ISBN 978-80-86889-86-3
(Kinderbuch).
- ↑
a
b
Prag. Reisefuhrer Olympia.
Olympia-Verlag, Prag 1988, S. 107/108.
- ↑
Stadtfuhrer Prag
, hrsg. vom ADACe.V., 2008. Hier unter Nummer 12:
Altneusynagoge
50.09005
14.418627
Koordinaten:
50° 5′ 24,2″
N
,
14° 25′ 7,1″
O