Altes Reich
ist die Bezeichnung fur die erste der drei klassischen Perioden des
Alten Agypten
, die ungefahr von 2700 bis 2200 v. Chr. dauerte.
[1]
Das Alte Reich folgte auf die
Thinitenzeit
mit ihren Konigen der
1.
und
2. Dynastie
, die zur Bildung des agyptischen Staates gefuhrt hatte. Es umfasste die
3.
bis
6. Dynastie
. Die darauffolgende Zeit (
Erste Zwischenzeit
) war gepragt von instabilen politischen Verhaltnissen in Agypten.
Die Alten Agypter selbst sahen die Epoche als
Goldenes Zeitalter
und Hohepunkt ihrer Kultur an. Die Zeit war von außerst lang anhaltender politischer Stabilitat gepragt und die innere Ordnung des Landes war durch keinerlei außere Bedrohungen gefahrdet. Die bereits zur Thinitenzeit begonnene
Zentralisierung
des Staates und der langsam einsetzende
Wohlstand
in der Bevolkerung fuhrten zu beachtlichen architektonischen und kunstlerischen Leistungen. Es kam zur Entstehung erster wichtiger Gattungen der klassischen
agyptischen Literatur
, zur
Kanonisierung
von
Malerei
und
Bildhauerei
, aber auch zu zahlreichen Neueinfuhrungen in der
Verwaltung
, die fast drei Jahrtausende uberdauerten.
Das Alte Reich ist das Zeitalter der großen
Pyramiden
, die in der Gegend der damaligen Hauptstadt
Memphis
entstanden: zunachst die
Stufenpyramide
von Pharao
Djoser
in
Sakkara
, spater dann die drei monumentalen
Pyramiden
auf dem Plateau von
Gizeh
(von
Cheops
,
Chephren
und
Mykerinos
), die zu den sieben
Weltwundern
der Antike zahlen. Die Pyramiden spiegeln eindrucksvoll die zentrale Stellung der Herrscher in der Gesellschaft wider und ihre Macht, die danach in der
altagyptischen Geschichte
unerreicht blieb. Zugleich machen sie die Weiterentwicklung des Verwaltungsapparates deutlich und seine Fahigkeit, materielle und menschliche Ressourcen zu mobilisieren. Sie zeigen aber auch die erheblichen Fortschritte in Architektur und
Kunst
auf und lassen erkennen, welche zentrale Rolle
Totenkult
und
Jenseitsglaube
zu dieser Zeit gespielt haben.
Die Hauptquelle fur das Alte Reich sind die
Pyramiden
und ihre
Tempelanlagen
, die letzteren sind jedoch haufig stark zerstort. Vor allem in den Pyramidengrabkammern der
6. Dynastie
fanden sich Texte, die eine umfangreiche Quelle zum Totenglauben der Epoche darstellen.
Neben den Pyramiden finden sich umfangreiche Friedhofe der hochsten
Beamten
, deren Graber oftmals reich mit Reliefs und Inschriften dekoriert sind.
Nekropolen
in den Provinzen fanden in der Forschung bisher wenig Beachtung. Immerhin stammen aus dem spaten Alten Reich einige bedeutende dekorierte Grabanlagen lokaler Wurdentrager.
Siedlungen des Alten Reiches sind bisher kaum ausgegraben. Eine Ausnahme stellt neuerdings die Pyramidenstadt von
Gizeh
dar. Nur wenige Tempel dieser Zeit sind bisher untersucht worden. Im Gegensatz zu spateren Epochen scheinen sie eher klein und undekoriert gewesen zu sein. Eine Ausnahme stellen zwei Heiligtumer zum
Sonnen- und Konigskult
dar. Aus dem Alten Reich gibt es nur wenige Papyri, die wichtigsten fanden sich in
Abusir
und stellen Verwaltungsurkunden eines Pyramidentempels dar.
Statue von
Djoser
aus
Sakkara
,
Agyptisches Museum Kairo
.
Die 3. Dynastie (2700 bis 2620 v. Chr.) folgte auf die
Thinitenzeit
, die zur
Reichseinigung
und zur Bildung des ersten agyptischen Staates gefuhrt hat. Die Dynastie wird gemeinhin dem Alten Reich zugerechnet, da sie den Beginn des fur diese Epoche ausschlaggebenden
Pyramidenbaus
markiert. Einige Forscher ziehen es vor, sie in direkte Kontinuitat mit der
1.
und
2. Dynastie
zu setzen, die zahlreiche Gemeinsamkeiten hinsichtlich politischer Organisation und kultureller Aspekte aufweisen.
[2]
Der Ubergang von der 2. zur 3. Dynastie stellt keinen echten Dynastiewechsel dar, da die ersten Herrscher der 3. Dynastie in direkter Linie vom Konigshaus der vorhergehenden Dynastie abstammen.
Uber die Anzahl und Abfolge der Konige der 3. Dynastie herrscht einige Unklarheit. Probleme bereitet die Tatsache, dass die fast ausschließlich in spateren Listen uberlieferten
Geburtsnamen
nur selten in Einklang mit den zeitgenossisch auftretenden
Horusnamen
gebracht werden konnen. Von den aus dieser Zeit uberlieferten funf oder sechs Horusnamen kann lediglich Netjeri-chet eindeutig Konig
Djoser
zugewiesen werden. Die Reihenfolge der nachsten drei Herrscher
Sechemchet
,
Chaba
und
Sanacht
dagegen ist ungewiss. Der vermutlich letzte Herrscher
Huni
wurde versuchsweise mit dem Horusnamen
Qahedjet
identifiziert, jedoch ist diese Zuweisung nicht sicher. Die Angaben fur die Dauer der 3. Dynastie schwanken zwischen 50 und 75 Jahren.
[3]
[4]
Konig Djoser wird als bedeutendster Herrscher der 3. Dynastie angesehen, da er mit seinem
Pyramidenkomplex
in
Sakkara
die erste
Stufenpyramide
und den ersten monumentalen Steinbau in der
Geschichte der Menschheit
schaffen ließ.
[5]
Fur den Bau der Pyramide, die einen Hohepunkt des fruhen agyptischen
Steinbaus
darstellt, waren enorme Fortschritte in der logistischen Organisation notig, die nur durch eine gut funktionierende, straff organisierte
Verwaltung
erzielt werden konnten. Als einer der beruhmtesten Beamten dieser Zeit ist
Imhotep
bekannt, der als Berater und Baumeister von Djoser wirkte und bis in die Spatzeit hinein als legendarer Erfinder verehrt und sogar vergottlicht wurde. Sichtbare Fortschritte im Bereich
Bildender Kunst
lassen sich am besten an Werken aus Djosers Regierungszeit ablesen, die sich in ihrer Ausfuhrung deutlich von der vorhergehenden Epoche abheben.
Die 3. Dynastie war von der Starkung des Zentralstaates gepragt, der von der neuen Hauptstadt
Memphis
aus an der Grenze zwischen
Ober-
und
Unteragypten
regiert wurde. Die hohen Wurdentrager ließen sich nicht mehr wie in der Fruhzeit auf Friedhofen in der Provinz bestatten, sondern erhielten nun einen Platz in der koniglichen Nekropole. Die gegen Ende der Dynastie an vielen Stellen im Reich errichteten Kleinpyramiden unterstreichen dagegen den wachsenden Einfluss der Zentralregierung auf die Provinzen. Zur Beschaffung von Baumaterial und anderen wichtigen Rohstoffen wurden Expeditionen in weit entfernte Gegenden entsandt, etwa ins
Wadi Maghara
im Westen des
Sinai
.
[6]
[7]
[8]
Die drei großen Pyramiden auf dem Plateau von
Gizeh
, errichtet in der 4. Dynastie.
Die 4. Dynastie (2620 bis 2500 v. Chr.) wurde von
Snofru
gegrundet, der moglicherweise ein Sohn von Huni war. In einer Zeitspanne von etwa 100 Jahren regierten sieben Konige aus der Dynastie, von denen die vier Konige Snofru,
Cheops
,
Chephren
und
Mykerinos
eine relativ lange Regierungszeit zwischen 18 und 30 Jahren ausubten.
[9]
Die Dynastie war eine Blutezeit Agyptens und ist der Nachwelt durch die großten jemals in Agypten errichteten Pyramiden in Erinnerung geblieben. Ihr Grunder Snofru, der als Idealbild des gerechten Konigs galt, unternahm weit entfernte Expeditionen nach
Nubien
und
Libyen
und ließ eine Grenzfestung zum Schutze des Landes bauen; weiterhin ließ er in
Meidum
und
Dahschur
nacheinander drei große Pyramidenanlagen errichten, die den Ubergang von der Stufenpyramide zur echten Pyramide einleiteten. Sein Nachfolger Cheops wahlte das
Plateau von Gizeh
als Bauplatz fur seine
Pyramide
, die mit ursprunglich 146,59 Metern Hohe die hochste der Welt ist. Ihre enorme Große veranlasste antike Autoren dazu, ihn im Gegensatz zu seinem Vater als großenwahnsinnigen und tyrannischen Herrscher darzustellen, ihm wurde aber in Wirklichkeit bis in die Spatzeit hinein noch eine eigenstandige kultische Verehrung zuteil. Zwei seiner Sohne,
Djedefre
und Chephren, folgten ihm auf den Thron. Djedefre nannte sich als erster Konig ?
Sohn des Re
“, Chephren ließ sich eine weitere große Pyramide neben der seines Vaters erbauen. Von dem nachfolgenden Konig
Bicheris
ist nur wenig bekannt. Erst sein Nachfolger Mykerinos ließ eine dritte Pyramide in Gizeh bauen. Der letzte Konig der Dynastie hieß
Schepseskaf
. Bei
Manetho
ist ein gewisser
Thamphthis
uberliefert, der jedoch nicht durch zeitgenossische Belege bestatigt werden kann.
[9]
[10]
Die Umsetzung der großen Bauvorhaben dieser Dynastie erforderte eine weitaus komplexere und effizientere Verwaltung als in der Dynastie zuvor. Die Verwaltung wurde immer weiter ausgebaut und umfasste schließlich ein ?Amt fur konigliche Arbeiten“, das sich speziell um die Errichtung von Denkmalern kummerte. Zu den Aufgaben gehorte die Rekrutierung von Arbeitskraften, die Errichtung von ausgedehnten Arbeitersiedlungen fur ihre Versorgung und Unterkunft unweit der Bauplatze, die Umsetzung der großen und technisch anspruchsvollen Bauvorhaben, die Erschließung von
Steinbruchen
, die sich außerhalb des zustandigen Verwaltungsgebietes befinden konnten (
Hatnub
,
Fayyum
,
Wadi Hammamat
, Sinai) sowie die Lieferung von Rohmaterial in die Region von Memphis. Alle
staatliche Macht
konzentrierte sich in der Person des Pharaos, dessen gottlicher Charakter sich mehr als jemals zuvor in seinen Bauprojekten manifestierte. Die hochsten Amtsposten in der Verwaltung wurden meist von Prinzen besetzt. Von einigen hohen Hofbeamten ist bekannt, dass sie gelegentlich als Verwalter in den Provinzen eingesetzt werden konnten.
[8]
[11]
Ausdehnung des agyptischen Reiches
Die Herrscher der 5. Dynastie (2504 bis 2347 v. Chr.) sind sowohl durch archaologische Funde als auch durch uberlieferte Texte genauer bekannt als die der vorangegangenen Dynastien. Ihre Zeit ist durch kleinere Pyramiden, oft bei
Abusir
gelegen, und Tempel des Sonnengottes Re gekennzeichnet.
Die Konige (Pharaonen) mussten ihre absolute Macht mit dem aufstrebenden Adel und einer wachsenden Burokratie teilen. Letzterer verdanken wir viele der erhaltenen Texte.
In der
Pyramide des Unas
fanden sich erstmals die so genannten
Pyramidentexte
, die somit die altesten uberlieferten religiosen Texte der Menschheitsgeschichte sind.
[12]
Die Tradition der Anbringung von Jenseitsliteratur in Konigsgrabern wurde im
Mittleren Reich
mit den
Sargtexten
und im
Neuen Reich
mit den verschiedenen Unterweltsbuchern (
Amduat
,
Hohlenbuch
,
Pfortenbuch
etc.) fortgefuhrt. In nicht-koniglichen Grabern des Neuen Reiches fand man Papyri mit dem
Totenbuch
.
Die 6. Dynastie (2347 bis 2216 v. Chr.) setzte die 5. Dynastie kulturell fort. Eine Dezentralisierung der Verwaltungsstrukturen mit uber das Land verteilten Verwaltern stellte regionale Zentren her, die mit nachgebendem Einfluss der Herrscher an Bedeutung gewannen, wie beispielsweise am Grabmal des
Chunes
in
Qubbet el-Hawa
bei Assuan im 1. Gau Oberagyptens deutlich wird
[13]
. Die Zentralregierung verlor nach Kriegszugen gegen
Libyen
,
Nubien
und
Palastina
immer mehr an Einfluss.
Neueste Forschungen deuten darauf hin, dass Klimaveranderungen (siehe
4,2-Kilojahr-Ereignis
), mit ausbleibenden Nilhochwassern, zum Niedergang des Alten Reiches beigetragen haben konnten.
[14]
[15]
Auch die nahezu gleichzeitigen Umbruche in
Sumer
und der
Indus-Kultur
sprechen dafur.
Mit dem Zerfall der Zentralregierung nach
Pepi II
beginnt die
Erste Zwischenzeit
.
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Mittlere Bronzezeit
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Neue Reich
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