Alte Philharmonie
|
Berlin-Kreuzberg
Postkarte 067 (Ausschnitt)
|
Daten
|
Ort
|
Bernburger Straße
22a/23
|
Architekt
|
Gustav Knoblauch
|
Baujahr
|
1876
|
Abriss
|
1952
|
Koordinaten
|
52° 30′ 18,9″
N
,
13° 22′ 38,2″
O
52.505242
13.377264
Koordinaten:
52° 30′ 18,9″
N
,
13° 22′ 38,2″
O
|
Besonderheiten
|
Als Rollschuhbahn erbaut und spater als Philharmonie verwendet
|
Die Berliner
Alte Philharmonie
in der
Bernburger Straße
22a/23 im
Berliner
Ortsteil
Kreuzberg
wurde als
Rollschuhbahn
erbaut und nach einigen Jahren umgebaut zu einer
Konzerthalle
. Sie hatte insgesamt uber 2500 Sitzplatze. Das Gebaude diente sowohl fur Konzerte als auch fur Faschingsballe, Vortrage, Passionsspiele, Kundenveranstaltungen. Im
Zweiten Weltkrieg
wurde sie durch eine
Fliegerbombe
zerstort.
Ab dem Jahr 1876 ließ eine englische Aktiengesellschaft vom deutschen Architekten
Gustav Knoblauch
die offene Rollschuhbahn
Central Skating Rink
samt Restauration und Buhne auf der Parzelle Bernburger Straße 22a/23 errichten. Die Anlage offnete am 23. Februar 1877 ihre Einrichtungen fur die Berliner und ihre Gaste, die Leitung hatte der Italiener
Ludovico Sacerdoti
inne.
[1]
[2]
Im Jahr 1882 ging die Rollschuhbahn
pleite
und der Geschaftsfuhrer des Unternehmens, Sacerdoti, kaufte die Bahn mit allen zugehorigen Einrichtungen. Er beschloss spater, die große Halle fur Konzerte zu nutzen. Dazu plante er den Bau eines neuen Eingangsgebaudes sowie die Anlage von Gartenwandelgangen fur einen Ausstellungsbetrieb.
[3]
Der Konzertagent
Hermann Wolff
mietete auf der Suche nach einem Auftrittsort fur ein Berlin-Gastspiel der damals beruhmten
Meininger Hofkapelle
die Halle der Rollschuhbahn. Im gleichen Jahr, im Mai 1882 machten sich Mitglieder der
Bilseschen Kapelle
selbststandig und grundeten das
Berliner Philharmonische Orchester
. Der Konzertagent Wolff vermittelte ihnen die Rollschuhbahn als standigen Konzertsaal.
[4]
Bald entwickelte sich die Adresse zu einem Angelpunkt fur Musikveranstaltungen in Berlin. Sacerdoti blieb Eigentumer der Immobilie. Im Jahr 1888 beschloss er, die Halle durch
Franz Heinrich Schwechten
, den Architekten des
Anhalter Bahnhofs
, zu einem Konzertsaal ausbauen zu lassen. Eine
Kassettendecke
mit schallschluckenden Gipsornamenten und zwei Oberlichtern kamen hinzu. An den Wanden wurden
Medaillons
mit Komponistenportrats angebracht.
[3]
Zudem entschied Sacerdoti, die Halle mit 1614 freistehenden Holzstuhlen auszustatten, damit die sie einfacher fur Balle freigeraumt werden konnte. Die Halle wurde 1888 nach dem Umbau in
Philharmonie
umbenannt.
[3]
Der Saal wurde 1888 ausgestattet mit einer Orgel der Firma
Schlag & Sohne
, die 50
Register
auf drei
Manualen
und
Pedal
besaß.
[5]
Die Orgel befand sich hinter den ornamentierten Gittern, welche die Ruckwand der Buhne bildeten. Bereits 1912 wurde diese Orgel ersetzt durch eine Orgel von
E. F. Walcker & Cie.
mit drei Manualen und 53 Registern.
[6]
1898 wurde ein Teil des Gartens fur einen Oberlichtsaal und ein Foyer uberbaut. Zudem kaufte Sacerdoti das ruckwartig angrenzende Gebaude auf dem Nachbargrundstuck an der
Kothener Straße
. In der neuen
Beethoven-Saal
genannten Halle
[7]
entstand ein weiterer Saal mit 1000 Platzen,
[3]
hauptsachlich fur Empfange oder private Feiern oder auch als zusatzliche Pausenhalle.
[8]
Spater wurden in dem neuen Saal auch Lichtspielprojektoren fur die gelegentliche Nutzung als Kino installiert.
[3]
Im Jahre 1920 wurde in der alten Philharmonie eine Kundgebung gegen Einsteins
Relativitatstheorie
veranstaltet.
[3]
Im Januar 1923 versammelten Freunde
Chaim Nachman Bialiks
, Nationaldichter des spateren
Israels
, alles, was Rang und Namen in hebraischer Literatur und Kultur hatte, in der Philharmonie, um dessen 50. Geburtstag zu feiern.
[9]
Im Juli 1932 hielt
Albert Einstein
seine Abschiedsvorlesung im Großen Saal der Philharmonie. Zudem war die Philharmonie Austragungsort des
Stenografentags
und des
Reichswettkochens
.
[8]
Nachdem der Besitzer Sacerdoti 1930 gestorben war, ubernahm eine Erbengemeinschaft die Immobilie.
[3]
Am Vormittag des 30. Januar 1944 trat
Heinrich Schlusnus
in einer Liedermatinee mit der
Winterreise
von
Franz Schubert
auf. Am Abend dieses Tages gegen 22:30 Uhr war das Gebaude infolge eines
alliierten Luftangriffs
vollstandig ausgebrannt.
[10]
[11]
Der benachbarte Beethovensaal blieb zunachst unzerstort und wurde noch im April 1945 fur Konzerte genutzt.
[12]
1952 wurde die Ruine gesprengt
[13]
und der Schutt auf den so entstehenden
Teufelsberg
aufgetragen.
[8]
Heute erinnert zudem eine Gedenktafel an die alte Philharmonie.
[2]
In den 1980er Jahren ließ der
Senat von Berlin
am ehemaligen Standort eine Informationstafel aufstellen.
- ↑
Das Jubilaum der Philharmonie
, in:
Koniglich privilegierte Berlinische Zeitung
, 23. Februar 1902.
- ↑
a
b
Gedenktafeln in Berlin - Gedenktafel Anzeige.
Archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar) am
24. Oktober 2019
;
abgerufen am 22. April 2020
.
Info:
Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft. Bitte prufe Original- und Archivlink gemaß
Anleitung
und entferne dann diesen Hinweis.
@1
@2
Vorlage:Webachiv/IABot/www.gedenktafeln-in-berlin.de
- ↑
a
b
c
d
e
f
g
Die verwandelte Rollschuhbahn.
Abgerufen am 22. April 2020
.
- ↑
Martina Helmig:
Die Alte Philharmonie: Ein Provisorium fur 62 Jahre.
30. Dezember 2016,
abgerufen am 22. April 2020
.
- ↑
Roland Eberlein
(Hg.):
Hermann Mund Sammlung Orgeldispositionen Heft A
. (
walcker-stiftung.de
[PDF; abgerufen am 24. Februar 2024] Disposition Nr. 51).
- ↑
Roland Eberlein (Hg.):
Hermann Mund Sammlung Orgeldispositionen Heft C
. (
walcker-stiftung.de
[PDF; abgerufen am 24. Februar 2024] Disposition Nr. 597).
- ↑
Druckerfreundlich ? Grammophon und Schellackplatten Portal 78rpm.
Abgerufen am 22. April 2020
.
- ↑
a
b
c
Schmuck in Stuck.
Abgerufen am 22. April 2020
.
- ↑
Michael Brenner
:
Blutezeit des Hebraischen: Eine vergessene Episode im Berlin der zwanziger Jahre
, in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung
, 23. September 2000, Beilage ?Ereignisse und Gestalten‘, S. III.
- ↑
Eckart von Naso
und Annemay Schlusnus:
Heinrich Schlusnus: Mensch und Sanger
. Kruger, Hamburg 1957, S. 199/200
- ↑
Mehr Demokratie horen.
Abgerufen am 22. April 2020
.
- ↑
Peter Muck
:
Einhundert Jahre Berliner Philharmonisches Orchester
. H. Schneider, Tutzing 1982
- ↑
Sigurd Schulze:
Geschichte aus der Mottenkiste ? Die Berliner Philharmoniker erinnern in einer Ausstellung an die Alte Philharmonie in der Bernburger Straße.
In:
Kulturexpresso.de.
Abgerufen am 22. April 2020
.