Altalena

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Altalena
Modell der Altalena
Modell der Altalena
Schiffsdaten
Flagge Vereinigte Staaten   Vereinigte Staaten
Panama   Panama
andere Schiffsnamen

USS LST-138

Schiffstyp Panzerlandungsschiff
Klasse LST-1 -Klasse
Bauwerft American Bridge Company , Ambridge
Kiellegung 27. Oktober 1943
Stapellauf 30. Dezember 1943
Indienststellung 5. Februar 1944
Außerdienststellung 20. November 1945
Verbleib Am 22. Juni 1948 in Tel Aviv versenkt

Die Altalena war ein ehemaliges US-Landungsschiff, mit dem die revisionistische judische Untergrundorganisation Irgun Zwai Leumi ( Etzel ) im Jahre 1948 wahrend des Palastinakrieges Kampfer und Waffen unter Umgehung eines UN-Embargos nach Israel brachte. Als Altalena-Affare bezeichnet man die Fahrt, den Streit um die Waffenverteilung und die Versenkung des Schiffs durch die Hagana (danach IDF ) und die Untergrundorganisation Palmach . Bei dem Vorfall starben neunzehn Juden, und Israel wurde an den Rand eines Burgerkrieges ( Bruderkrieg in Anlehnung an Kain und Abel) gebracht. Dabei wurde auch von Juden auf Holocaustuberlebende geschossen, und es kam zu zahlreichen Befehlsverweigerungen. Der Vorfall verscharfte die Feindschaft zwischen Ben Gurion von der MAPAI , der die Versenkung veranlasst hatte, und Menachim Begin , dem Fuhrer der Etzel-Bewegung, und hinterließ einen kaum aufgearbeiteten tiefen Graben in der israelischen Politik und Gesellschaft. Mit Jitzchak Rabin als zufalligem lokalem Truppenfuhrer der Palmach waren ein regierender und zwei kunftige Ministerprasidenten sowie zahlreiche spatere politische Schwergewichte Israels in den Vorgang verwickelt. Ben Gurion, der von einem Putschversuch sprach, konnte in der Grundungsphase Israels die Staatsmacht und damit seine Position festigen; wenig spater loste er die linke Palmach und die rechte Lechi auf.

Altalena-Affare [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Politischer Hintergrund [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Als die britischen Streitkrafte das Mandatsgebiet Palastina verließen, erklarte Ben Gurion am 14. Mai 1948 die Unabhangigkeit Israels und der Palastinakrieg verscharfte sich. Am 15. Mai erklarte Begin als Fuhrer der militanten Irgun, dass diese sich dem Staat unterordnen, aber außerhalb der Staatsgrenzen weiterhin fur eine Befreiung der judischen Heimat (insbesondere Jerusalems) kampfen wurde. Nach der Grundung der israelischen Verteidigungsstreitkrafte und dem Verbot von Milizen wurde Jisrael Galili als ehemaliger Stabschef der Untergrundorganisation Hagana Stabschef der neu entstehenden Armee und handelte mit Begin die Integration der Irgun in die Armee aus. [1] Obwohl zwischen Hagana und der kleineren Irgun Konsens uber die Prioritat des Kampfes gegen die arabischen Gegner bestand, blieb ein tiefes Misstrauen zwischen den beiden Organisationen bestehen, das insbesondere auf dem Mordfall Chaim Arlosoroff 1933, der Beihilfe der Hagana bei der Verfolgung der Irgun durch die Briten ( Jagdsaison ) nach dem Mord an Lord Moyne 1944 und personlichen Animositaten zwischen Ben Gurion und Begin beruhte. [2]

Ausrustung und Fahrt nach Israel [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Auf Deck, 1948
Besatzungsmitglieder

Nach ihrer Aktion mit dem Migrantenschiff Ben Hecht erwarb die Bergsongruppe ein Landungsboot der US-Streitkrafte, um sich weiterhin fur die Irgun in der illegalen Migration nach Palastina zu engagieren. [3] Das Schiff wurde in Altalena , das Schriftstellerpseudonym des revisionistischen Zionistenfuhrers Zeev Jabotinsky , umgetauft. Der Schiffsname sollte ein Signal fur Zionisten sein und fur andere Menschen bedeutungslos klingen. Das Schiff wurde zunachst fast ein Jahr als Trampfrachter eingesetzt; ab Februar 1948 pendelte es nur noch zwischen Marseille und Casablanca. Es sollte bereitstehen, wenn Waffenlieferungen und die Ankunft der Passagiere organisiert waren. [4] Ursprunglich sollte die Altalena Israel am 15. Mai 1948, dem offiziellen Tag des Abzugs der britischen Mandatsmacht, erreichen. Der Waffenkauf und die Organisation der Aktion benotigten jedoch mehr Zeit als erwartet.

Der franzosische Außenminister Georges Bidault veranlasste aus Grunden der franzosisch-britischen Konkurrenz im Nahen Osten und um die arabische Seite zum Schutz der franzosischen Position in Nordafrika zu schwachen, eine Waffenlieferung im Wert von 150 Millionen Franc. Daruber schloss das franzosische Verteidigungsministerium einen Geheimvertrag mit der Irgun ab. Am 29. Mai lief die Altalena in Port-de-Bouc ein, um auf Ladung und Passagiere zu warten. Ein Hagana-Vertreter in Paris verstandigte Ben Gurion telegrafisch uber die Waffenlieferung. Am 11. Juni trafen 940 Passagiere aus funfzehn verschiedenen Ursprungslandern von einem Trainingslager bei Marseille ein, die nach Israel wollten. [5] [6] Die Hagana hatte zuvor ein Angebot abgelehnt, auch Anhanger der Hagana auf dem nur teilweise beladenen Schiff mitfahren zu lassen. [7] Am selben Tag legte das Schiff mit Eliyahu Lankin als Befehlshaber des Unternehmens und Monroe Fein, einem amerikanischen Veteranen des Pazifikkrieges, als Kapitan ab. Das Irgun-Hauptquartier in Paris informierte ihre Fuhrer in Israel nicht, da es befurchtete, die Nachricht uber das Schiff konne abgefangen werden. Die BBC berichtete noch am gleichen Tag vom Auslaufen des Schiffes mit Waffen und Kampfern an Bord und vom Abschluss eines Waffenstillstands zwischen Israel und den arabischen Staaten, der die Einfuhr von Waffen und die Einwanderung von Mannern im wehrfahigen Alter fur einen Monat verbot. Wahrend die Irgunfuhrung aus Israel vergeblich versuchte, Funkkontakt mit dem Schiff aufzunehmen, um es zu stoppen, fuhr Kapitan Fein mit einer defekten Funkanlage auf einem Zickzackkurs hauptsachlich nachts weiter Richtung Israel. Aus Angst vor einem britischen Abfangmanover wurden Maschinengewehre an Deck montiert, und Soldaten mit Kriegserfahrung bildeten taglich eine kleine Einheit fur eine Notfalllandung an einem feindlichen Kustenabschnitt aus. [8]

Am 15. Juni trafen sich Menachem Begin und weitere Fuhrer der Irgun mit Reprasentanten der provisorischen Regierung, um uber das weitere Vorgehen zu verhandeln. Man einigte sich darauf, das Schiff landen zu lassen. Die Irgun zog den Strand von Tel Aviv vor, die staatlichen Vertreter legten den Strand von Kfar Vitkin nordlich der Stadt Netanja , einer Hochburg der israelischen Arbeiterpartei Mapai von Ben Gurion, fest. Dadurch sollte die Anlandung vor UN-Beobachtern verborgen bleiben. Meinungsverschiedenheiten gab es uber die Verteilung der Waffen. Verteidigungsminister Galili als Abgesandter von Ben Gurion gestand der Irgun zu, 20 Prozent der Waffen an das Jerusalem Bataillon zu geben. Begin forderte, mit den restlichen 80 Prozent die in die israelischen Verteidigungsstreitkrafte eingegliederten Bataillone der Irgun auszurusten. Dem widersprach Ben Gurion, da er befurchtete, Begin und die Irgun wollten eine ?Armee in der Armee“ aufbauen. [9] [10]

Anlandung in Kfar Vitkin [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Am Abend des 19. Juni erreichte das Schiff Israel, nicht am vorgesehenen Landungsort Kfar Vitkin, sondern irrtumlich nahe einem Kraftwerk bei Tel Aviv. Die Insassen eines ausgesandten Landungsbootes wurden irrtumlich beschossen, weil sie von wachhabenden Soldaten in der Nacht zunachst fur arabische Angreifer gehalten worden waren. [11] Am Spatnachmittag des 20. Juni erreichte die Altalena Kfar Vitkin. Begin und andere Fuhrer der Irgun warteten am Strand, als die Irgunkampfer das Schiff entluden. Die Altalena wurde von zwei Korvetten der israelischen Marine beobachtet, wobei deren Kommandeur Paul Shulman registrierte, dass die Altalena und die Irgunmitglieder nicht feindselig oder kampfbereit seien. [12]

Wahrend die Irgun am Strand von Kfar Vitkin die Altalena entlud, trafen sich in Tel Aviv die Mitglieder der provisorischen Regierung. David Ben-Gurion war zu der Uberzeugung gelangt, dass die Irgun eine Bedrohung des Staates sei. Er forderte die bedingungslose Kapitulation der Irgun und die Ubergabe aller ihrer Waffen. Die Israelischen Verteidigungsstreitkrafte wurden aufgefordert, alles Notige zu veranlassen, um die Irgun in Kfar Vitkin zur Aufgabe zu bewegen und das Schiff und die Waffen zu konfiszieren. Der Befehlshaber der ? Alexandroni-Brigade “, Dan Even , wurde mit der Ausfuhrung des Befehls beauftragt. Auf einem nahegelegenen Luftwaffenstutzpunkt sollten sich mehrere Flugzeuge fur eine mogliche Bombardierung der Altalena bereit halten. Als sich mehrere Piloten weigerten, dem Befehl zum Angriff auf ?ihre Bruder“ nachzukommen, wurde das Vorhaben abgebrochen. [13]

Am nachsten Tag wurde das Gebiet um Kfar Vitkin weitraumig umstellt. Dan Even forderte die Irgun unter Menachem Begin ultimativ auf, die Waffen zu ubergeben. Er raumte ihr nur zehn Minuten Bedenkzeit ein, um ihr keine Zeit fur Gegenmaßnahmen zu lassen. Begin wollte dieses Ultimatum nicht erfullen und sandte seinen Vertrauten Meridor zu Verhandlungen. Die Alexandroni-Brigade griff an. Einige Soldaten verweigerten den Befehl; spater wurden acht von ihnen vor ein Kriegsgericht gestellt. Sechs Irgunmitglieder und zwei Soldaten starben bei dem Gefecht. Die Irgun-Kommandeure Begin, Stavsky, Lankin und Merlin entschieden, mit einigen Dutzend Unterstutzern auf der Altalena Tel Aviv zu erreichen, um dort mit starkerer offentlicher Unterstutzung zu einer Einigung zu gelangen. [14]

Auf Vermittlung der Siedler von Kfar Vitkin wurde eine Feuerpause vereinbart, und die Ubergabe der am Strand befindlichen Waffen an die Armee begann. In einer Mitteilung des Militars wurde verlautbart, dass die Dissidenten der Irgun den Strand von Kfar Vitkin besetzt und das Feuer mit Maschinengewehren, Antipanzerwaffen und einem Morser auf herannahende Armeeeinheiten eroffnet hatten. Dass der Strand als Landungsort von der Regierung zugewiesen worden war, wurde verschwiegen. [15]

Beschuss in Tel Aviv [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die brennende Altalena vor Tel Aviv, Aufnahme von Hans Pinn

Inzwischen war die Altalena mit Begin an Bord auf dem Weg nach Tel Aviv. Er hoffte, dort die restlichen Waffen an Land bringen und gleichzeitig neue Verhandlungen mit der provisorischen Regierung fuhren zu konnen. Verfolgt von zwei israelischen Kriegsschiffen, mit gelegentlichem Schusswechsel, strandete die Altalena am Morgen des 22. Juni 1948 etwa 150 Meter vor dem Strand gegenuber dem Hauptquartier der Palmach im Hotel Riz. Mehrere Burgermeister aus umliegenden Gemeinden verlangten von Ben Gurion eine Waffenruhe. Innenminister Jitzchak Gruenbaum traf sich zum Arger des Kabinetts auf eigene Faust mit Stavsky, um uber die Verteilung der Waffen zu verhandeln. [16] Um 4 Uhr morgens erklarte die Marine Ben Gurion, man konne das Schiff mit Rauchgranaten beschießen und es dann von See her entern; so wurden Waffen und Munition erhalten bleiben. Doch Ben Gurion befahl Jigael Jadin , sofort Truppen um Tel Aviv zu konzentrieren und das Schiff mit Gewalt einzunehmen. Da der dortige Hagana-Befehlshaber befurchtete, dass sich seine Soldaten einem Angriffsbefehl widersetzen konnten, wurde die Palmach unter Yigal Allon vom Generalstab mit der Operation ?Purge“ beauftragt. Die Palmach war mit der Irgun verfeindet und schon an der Verfolgung von Irgunmitgliedern wahrend der sogenannten ?Jagdsaison“ nach der Ermordung von Lord Moyne beteiligt gewesen. [17]

Wahrenddessen kursierten unterschiedlichste Geruchte in der Stadt, die Zufahrtsstraßen wurden abgesperrt und Irgunmitglieder verließen ihre Armeeeinheiten, um zum Strand zu gelangen. In dieser aufgeheizten Atmosphare war Jitzchak Rabin als junger Palmachkommandeur zufallig im Hauptquartier der Palmach, um seine Freundin zu besuchen. Er wurde von Allon informiert, dass die Irgun den Strand einnehmen und Waffen anlanden wolle, und zum Befehlshaber der ortlichen Palmachkrafte ernannt. [18] [19]

Als von der Altalena eine Barkasse, beladen mit Waffen und einem Dutzend bewaffneter Kampfer, zum Strand fuhr und dort mit Hilfe am Strand befindlicher Irgunmitglieder entladen wurde, kam es zu einem ersten Feuergefecht, bei dem die Palmachzentrale von einer PIAT getroffen wurde. Einige Soldaten der israelischen Armee hatten sich zuvor geweigert, auf die Irgun zu schießen. Als die Barkasse um 11:30 Uhr ein zweites Mal zum Strand fuhr, kam es zu einem weiteren Feuergefecht, bei dem zwei Besatzungsmitglieder getotet wurden und Abraham Stavsky todlich verwundet wurde. Hunderte von schaulustigen Israelis verfolgten, wie Juden auf Juden schossen. Rabin gelang es dann, mit der Irgun die Einstellung des Feuers zu erreichen, damit es zu keinem gegenseitigen Massaker kame. Manche Soldaten der Kiryati-Brigade verließen wahrenddessen ihre Stellungen, da sie nicht auf Juden schießen wollten. [20] Die Irgunbesatzung machte keine Anstalten zur Ubergabe des Schiffes und durfte ihre Verletzten nicht an Land bringen, da man befurchtete, sie wurde dabei auch weitere Waffen anlanden. [21]

Strandpromenade mit Wrack an einem Sabbat

Am fruhen Nachmittag fand eine Krisensitzung des Kabinetts statt. Nachdem Ben Gurion gewarnt hatte, dass es sich um einen Versuch der Irgun handle, die Armee und den Staat zu zerstoren, wurde mit 7 zu 2 Stimmen beschlossen, keine Verhandlungen mit der Irgun aufzunehmen. Der Irgun wurde befohlen, die Altalena zu ubergeben. Um 16 Uhr gab Ben Gurion den Befehl, die Altalena anzugreifen. Nachdem drei Artilleriegranaten im Meer explodiert waren, hisste Kapitan Fein die weiße Flagge zum Zeichen der Ubergabe, aber einen Moment spater traf eine Granate das Schiff und setzte es in Brand. Einige Palmach- und Armeeeinheiten feuerten auf die im Wasser schwimmenden Uberlebenden, und am Strand und den anliegenden Straßen kam es noch Stunden spater zu vereinzelten Kampfen. [22] [23] Begin, der seine Anhanger an Bord der Altalena aufgefordert hatte, das Feuer nicht zu erwidern, wurde an Land gebracht und rief am Abend seine Anhanger uber einen Untergrundsender auf, keinen ?Bruderkrieg“ zu beginnen. [24] [25]

Verteidigungsminister Jigael Jadin ordnete die Operation Purification an. Unter Kriegsrecht befahl er außergesetzliche Razzien durch Sturmeinheiten auf Irgunzentren in Tel Aviv. Das Ergebnis der Aktion war die widerstandslose Festnahme von 200 Kampfern der Irgun. [26] Die meisten der 200 Irgun-Aktivisten wurden nach wenigen Wochen aus der Haft entlassen. Funf Kommandeure (Moshe Hason, Eliyahu Lankin, Yaakov Meridor, Bezalel Amitzur und Hillel Kook ) wurden nach etwas mehr als zwei Monaten, am 27. August 1948, entlassen. Alle wurden spater in die Israelische Armee integriert.

16 Mitglieder der Irgun und drei Soldaten der Israel Defense Forces kamen bei den Aktionen in Kfat Vitkin und Tel Aviv ums Leben. Unter den gefallenen Kampfern der Altalena -Truppe befand sich auch Abraham Stavsky , einer der Verdachtigen im Mordfall Chaim Arlosoroff . Die getoteten sechzehn Irgunanhanger wurden auf dem Nachalat-Jitzchaq-Friedhof in Giv?atajim beigesetzt. [27]

In einer Kabinettssitzung wurde das Regierungsvorgehen kritisiert. Fur vier religiose zionistische Minister war die Versenkung der Altalena undemokratisch und rechtswidrig und sie forderten Aufklarung. Von ihnen traten zwei Minister der Mizrahi-Partei zuruck, wahrend Innenminister Gruenbaum und Handelsminister Bernstein in der Regierung blieben. [28] Das Wrack, das zunachst uber ein Jahr lang vor dem Strand lag, moglicherweise als warnendes Mahnmal, wurde auf Geheiß der Regierung auf die offene See geschleppt und dort versenkt, nachdem die von Begin neu gegrundete Cherut zum Jahrestag eine Gedenkzeremonie abgehalten hatte. [29]

Erklarungen Begins und Ben Gurions [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

?Heilige Kanone“, 2021

In einer uber den Sender der Irgun ausgestrahlten Radioansprache an die Nation bestand Begin darauf, dass die Waffenlieferung keinesfalls eine Provokation gewesen und Tage vor der Ankunft mit der Regierung abgestimmt worden sei. Diskussionen habe es nur uber die Verteilung der Waffen gegeben, und als es in Kfar Vitkin zu Kampfen kam, sei er mit der Altalena nach Tel Aviv gekommen, um den Streit beizulegen. Ben Gurion, der in der Vergangenheit immer auslandischen Kraften und insbesondere den Briten nachgegeben habe, habe befohlen, die von Israel dringend benotigte Waffenlieferung zu beschießen, um in einer innerisraelischen Auseinandersetzung Starke zu zeigen. Ben Gurion sei nicht verhandlungsbereit gewesen und die Regierungskrafte hatten sogar auf Verwundete im Wasser geschossen, als die Altalena schon die weiße Flagge gehisst hatte und in Brand geschossen war. Zum Ende appellierte er an seine Anhanger, friedlich zu bleiben und nicht ihre Hand gegen ihre Bruder zu erheben. [30]

Ben Gurion erklarte in einer Ansprache an den provisorischen Rat, die Irgun habe einen Burgerkrieg provozieren wollen. Er sei der Irgun bei der Staatsgrundung entgegengekommen, indem er ihren Kampfern gestattet habe, in eigenstandigen Einheiten der israelischen Armee beizutreten. Die Irgun und ihre Kommandeure hatten aber weiterhin versucht, Waffen und Ausrustung anzusammeln und der regularen Armee vorzuenthalten. Kein Staat konne es zulassen, dass Privatpersonen oder nichtstaatliche Organisationen Waffen importierten und horteten und damit die staatliche Autoritat gefahrdeten. Die Existenz von ?Rebellenbanden“ habe nicht geduldet werden konnen. Die Waffen der Altalena hatten in terroristische Hande fallen und den Staat gefahrden konnen. Das Vorgehen der Irgun habe zu der Katastrophe gefuhrt, wahrend die Regierung gezwungen gewesen sei, unter allen Umstanden die staatliche Autoritat zu verteidigen. Die Zerstorung der Altalena sei der loyalste Dienst am judischen Gemeinwesen ( Jischuv ) gewesen und er ruhmte die Kanone, die das Schiff versenkt hatte. (Sie wurde bekannt als ?heilige Kanone“ ha-totach ha-kadosh .) [31] [32]

Darstellungen und Einschatzungen [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Den der Irgun nahestehenden Journalisten Arthur Koestler erinnerte der Vorgang mit wilden Straßen- und Strandkampfen an die spanische Burgerkriegszeit 1937 in Barcelona. Er berichtete von Soldaten, die auf verzweifelt schwimmende Irgunmitglieder schossen, wahrend auf der brennenden Altalena die weiße Flagge wehte. [33]

Lankin widersprach in seinem autobiographischen Buch The Story of the Commander of the Altalena der Darstellung von Ben Gurion, die Regierung ware von dem Waffentransport uberrascht worden. Ein geplanter Staatsstreich sei eine unerhorte Anschuldigung, die mit den Fakten nicht in Einklang zu bringen sei. [34]

Beteiligte auf Seiten der Regierung und des Militars außerten sich jahrelang kaum zu den Vorfallen. [35]

Ehud Sprinzak, ein Experte fur Rechtsextremismus in Israel, kam 1999 zu dem Schluss, dass fur Ben Gurion die Forderung Begins nach Waffenlieferungen an der sich herausbildenden Zentralregierung seiner Arbeiterpartei vorbei inakzeptabel war und auch eine Gelegenheit bot, dem Kontrahenten eine Lektion zu erteilen und die Staatsmacht und somit seine Macht zu konsolidieren. Die Maßnahmen von Ben Gurion seien aber ubertrieben rucksichtslos gewesen, wahrend mit etwas Nachgiebigkeit und Einfuhlungsvermogen die Tragodie hatte vermieden werden konnen. Es sei klar, dass die Irgun keine Putschplane hatte. Begin habe mit der Waffenlieferung Israel im Krieg gegen die Araber unterstutzen wollen; er habe die Unnachgiebigkeit Ben Gurions zu spat erkannt, aber am Ende geholfen, einen Burgerkrieg abzuwenden. [36]

Aufarbeitung und Auswirkung auf die Politik [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Gedenkstein am Strand von Tel Aviv
Prasident Rivlin bei Trauerfeier 2018

Die Regierung der Arbeiterpartei und die israelischen Streitkrafte vermieden uber Jahrzehnte die Erinnerung an den Vorfall. In Schulbuchern und in den Museen der Palmach und der Haganah wurde der Vorgang ignoriert und marginalisiert. Dagegen begingen die Irgun-Anhanger jahrliche Trauerfeiern fur ihre Kameraden, die durch die ?Hande Kains“ getotet worden seien. [37] In der Knesset warf Begin der Regierung 1959 Mord vor und Generationen von Likudmitgliedern sahen die Altalena-Affare als ?Mord“ an. [24]

1977 wurde Begin Ministerprasident und die israelische Rechte war nicht mehr in der Minderheit. Etwa funfzig Jahre nach der Altalena-Affare wurde Rabin von Jigal Amir erschossen. Wahrend die Nation trauerte, wurde das rechtfertigende Gerucht in Umlauf gesetzt, seine Ermordung sei die Rache fur seinen Anteil an der Beschießung der Altalena . Die Versenkung der Altalena nahrte weiterhin die Feindschaft der politischen Lager, erwies sich aber auch als ein mahnendes Beispiel, weder die Regierung zu rebellisch herauszufordern, noch von Regierungsseite vermeidbare Gewalt gegen oppositionelle Gruppen auszuuben. [24]

Literatur [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  • Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. Quid Pro Books, New Orleans, 2011, ISBN 1-61027-060-6 .
  • Eran Kaplan: Altalena. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopadie judischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 1: A?Cl. Metzler, Stuttgart/Weimar 2011, ISBN 978-3-476-02501-2 , S. 50 (die weiteren Seiten 51?55 sind eine Kurzbiografie von Jabotinsky).
  • Ehud Sprinzak: Brother against Brother ? Violance and Extremism in Israeli Politics from Altalena to the Rabin Assasination. The Free Press 1999, ISBN 0-684-85344-2 .

Film [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Ilama Tsur: Altalena , Dokumentarfilm von 1994, 53 Minuten

Weblinks [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Commons : Altalena (ship, 1944)  ? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

  1. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. Quid Pro Books, New Orleans, 2011, ISBN 1-61027-060-6 , S. 46 f.
  2. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 24 u. 28.
  3. Judith Tydor Baumel : The “Bergson Boys” and the origins of contemporary Zionist militancy . Syracuse University Press 2005, ISBN 0-8156-3063-8 , S. 226.
  4. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 43 und 47.
  5. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 49 ff.
  6. Meir Zamir: ‘Bid‘ for Altalena: France's Covert Action in the 1948 War in Palestine. Middle Eastern Studies, Ausgabe 46, Nr. 1, 2010, S. 19.
  7. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 53.
  8. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 54 f.
  9. Yehuda Lapidot: The Irgun: The Altalena Affair. Jewish Virtual Library, abgerufen am 17. Dezember 2021.
  10. Joanna M. Saidel: Fire in the hole: Blasting the Altalena. Times of Israel, 20. Juni 2013, abgerufen am 1. Februar 2022.
  11. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 58 f.
  12. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 60 f.
  13. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 63 f.
  14. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 64.
  15. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 64.
  16. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 65.
  17. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 66 f.
  18. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 67.
  19. Itamar Rabinovich: Yitzahak Rabin ― Soldier, Leader, Statesman. Yale University Press 2017, ISBN 978-0-300-21229-7 , S. 22.
  20. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 68?70.
  21. Ehud Sprinzak: Brother against Brother ? Violance and Extremism in Israeli Politics from Altalena to the Rabin Assasination. The Free Press 1999, ISBN 0-684-85344-2 , S. 28 f.
  22. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 69?71.
  23. Ehud Sprinzak: Brother against Brother ? Violance and Extremism in Israeli Politics from Altalena to the Rabin Assasination. S. 29.
  24. a b c Shmuel Rosner: Sinking the Altalena. Jewish.Journal, 20. Juni 2018, abgerufen am 5. Februar 2022.
  25. J. Bowyer Bell: Terror Out of Zion ? The Fight for Israeli Independence. Transactions Publisher 1996, ISBN 978-1-56000-870-5 , S. 326.
  26. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 73.
  27. New memorial to Altalena victims erected in Tel Aviv. Times of Israel, 18. Oktober 2016, abgerufen am 6. Februar 2022.
  28. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 74.
  29. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 117.
  30. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 92 f.
  31. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 95?97.
  32. Ehud Sprinzak: Brother against Brother ? Violance and Extremism in Israeli Politics from Altalena to the Rabin Assasination. S. 32.
  33. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 103 f.
  34. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 106 f.
  35. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 100.
  36. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 114.
  37. Jerold S. Auerbach: Brothers at War ? Israel and the Tragedy of the Altalena. S. 117 f.