Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Zum Alliierten Kontrollrat, der seit 1945 die oberste Regierungsgewalt in der wiederhergestellten Republik Osterreich ausubte, siehe
Alliierte Kommission fur Osterreich
.
Der
Alliierte Kontrollrat
wurde nach dem
Zweiten Weltkrieg
von den
Besatzungsmachten
als oberste Besatzungsbehorde fur
Deutschland
westlich der
Oder-Neiße-Linie
eingesetzt und ubte die hochste
Regierungsgewalt
aus. Sein Sitz war in der
Reichshauptstadt
Berlin
. Er bestand aus den
Militargouverneuren
der vier
Besatzungszonen in Deutschland
und erließ sogenannte
Kontrollratsgesetze
und andere Direktiven, die fur alle Besatzungszonen galten und uber die einstimmig entschieden werden musste. Ihre Ausfuhrung lag im Ermessen der Militargouverneure, bei unuberbruckbaren Gegensatzen im Kontrollrat hatte jeder von ihnen das Recht, in seiner Zone auf Weisung seiner Regierung eigene Entscheidungen zu treffen. Deswegen gab es in Fragen der gemeinsamen Deutschlandpolitik der
Hauptsiegermachte
gleichsam ein
Vetorecht
, das es jeder Besatzungsmacht erlaubte, in ihrer Zone einen eigenen Weg einzuschlagen.
Die drei alliierten Militargouverneure fur die westlichen Besatzungszonen waren der franzosische General Pierre Koenig (1898?1970, Militargouverneur 1945?1949), der britische General Brian Robertson (1896?1974, Militargouverneur 1947?1949) und der US-amerikanische General Lucius D. Clay (1898?1978, Militargouverneur 1947?1949).
[1]
Der
Alliierte Kontrollrat fur Deutschland
trat am 30. Juli 1945, wahrend der
Konferenz von Potsdam
, zu seiner ersten Sitzung zusammen. Rechtliche Grundlage seiner Tatigkeit waren das
Londoner Abkommen uber Kontrolleinrichtungen in Deutschland
vom 14. November 1944 und die
Berliner Viermachteerklarung
vom 5. Juni 1945. Er hatte die Aufgabe, ?richtunggebende Grundsatze zur Wirtschaftlichen Entmilitarisierung Deutschlands“ auszuarbeiten.
[2]
Nachdem der sowjetische Vertreter vor dem Hintergrund des beginnenden
Kalten Krieges
am 20. Marz 1948 den Kontrollrat und im Juni 1948 die
Alliierte Kommandantur
verlassen hatte, stellte der Kontrollrat seine Tatigkeit praktisch ein, was im Jahr darauf zur
Teilung Deutschlands
fuhrte.
Der Alliierte Kontrollrat trat als
Souveran
uber Deutschland erst wieder 1990 zusammen; es war das letzte Mal, weil im Zuge der
deutschen Wiedervereinigung
im Oktober 1990 die vier Siegermachte ihre Rechte und Verantwortlichkeiten fur Deutschland und Berlin bis zur
Ratifizierung
des
Zwei-plus-Vier-Vertrages
1991 aussetzten.
[3]
Die
Hauptalliierten
der
Anti-Hitler-Koalition
hatten sich, beginnend mit der
Konferenz von Teheran
Ende 1943, mehrfach auf unterschiedlicher Ebene getroffen, um eine Einigung uber das Vorgehen fur die Zeit nach dem Sieg uber das
nationalsozialistische
Deutsche Reich
zu erzielen. So hatten die Teilnehmer der
Casablanca-Konferenz
die Forderung nach einer
bedingungslosen Kapitulation
erhoben und die
Erklarung von Jalta
eine Einteilung in
Besatzungszonen
sowie eine koordinierte Verwaltung und Kontrolle durch eine
Zentrale Kontrollkommission
ergeben. Nach dem militarischen Zusammenbruch und dem Inkrafttreten der
bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht
in der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1945 wurde am 23. Mai im
Sonderbereich Murwik
die
Geschaftsfuhrende
Reichsregierung
unter
Karl Donitz
und
Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk
verhaftet.
Fur Deutschland ubernahmen die Regierungen des
Vereinigten Konigreichs
, der
Vereinigten Staaten von Amerika
und der
Sowjetunion
sowie der
Provisorischen Regierung der Franzosischen Republik
am 5. Juni 1945 mit der
Berliner Erklarung
offiziell die oberste Regierungsgewalt in Deutschland; sie stellten daruber hinaus das Kontrollverfahren
[4]
in Deutschland und obendrein ?innerhalb seiner
Grenzen, wie sie am 31. Dezember 1937 bestanden
“, die vier Besatzungszonen beziehungsweise fur
Berlin
die
vier Sektoren
fest.
[5]
Die Festlegung der endgultigen Grenzen Deutschlands (oder irgendeines Teils davon) jedoch sollte ebenso wie die Fixierung
seiner Rechtsstellung
Sache einer spateren Friedensregelung sein, die dann im
Zwei-plus-Vier-Vertrag
abschließend ihren Ausdruck gefunden hat.
Fur das
besetzte Osterreich
, wo die Vorstande der (wieder) entstandenen Parteien
SPO
,
OVP
und
KPO
am 27. April in einer gemeinsamen
Proklamation uber die Selbstandigkeit Osterreichs
in Berufung auf die
Moskauer Deklaration
den ?
Anschluss
“ fur nichtig und Osterreich fur unabhangig erklart sowie eine
provisorische Staatsregierung
gebildet hatten, wurde am 4. Juli ein entsprechendes
Abkommen uber die alliierte Kontrolle
unterzeichnet und eine
Alliierte Kommission
eingerichtet.
Gemaß den Vereinbarungen uber das Kontrollsystem in Deutschland, die die von den USA, der Sowjetunion und Großbritannien gebildete
Europaische Beratende Kommission
am
12. September
und 14. November 1944 (
Abkommen uber Kontrolleinrichtungen in Deutschland
) unterzeichnet hatte und die im Sommer 1945 auf der
Potsdamer Konferenz
bestatigt wurden, sollte die oberste Regierungsgewalt sowohl innerhalb der Besatzungszonen als auch Deutschlands als Ganzes durch die
Oberbefehlshaber
der vier Machte ausgeubt werden. Entsprechend waren diese die Reprasentanten der Siegermachte im Alliierten Kontrollrat:
Marschall Schukow
fur die
UdSSR
,
General Eisenhower
fur die
USA
,
Feldmarschall Montgomery
fur
Großbritannien
und
General de Lattre de Tassigny
fur
Frankreich
.
Am 30. Juli 1945 ? am Rande dieser Konferenz ? trat der Kontrollrat im
US-Hauptquartier Berlin-Dahlem
zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen.
[6]
Die Geschaftsordnung sah vor, dass alle zehn Tage (also dreimal im Monat) eine Plenarsitzung stattfinden und in der Zwischenzeit ein
Koordinierungsausschuss
die Sitzungen vorbereiten sollte. Außerdem musste er im
Konsens
, also einstimmig, entscheiden und sollte eine gemeinsam koordinierte Politik in Bezug auf ganz Deutschland, die wirtschaftliche Einheit und die Zukunft Deutschlands sicherstellen, wahrend jede der Machte fur die
Verwaltung
in ihrer jeweiligen Besatzungszone vollkommen eigenverantwortlich handelte.
Nachdem die Westmachte den sowjetischen Vorschlag verwarfen, sich im weitgehend betriebsbereiten
Haus des ehemaligen Reichsluftfahrtministeriums
im Sowjetischen Sektor niederzulassen, blieb der Alliierte Kontrollrat im Amerikanischen Sektor und zog samt Koordinierungsausschuss und seinen Unterorganen in das unzerstorte, bisherige
Gebaude des Berliner Kammergerichts
am
Heinrich-von-Kleist-Park
im
Bezirk Schoneberg
ein.
[7]
[8]
Dessen Plenarsaal
hatte von August 1944 bis Januar 1945 mehrfach der
Volksgerichtshof
genutzt.
[9]
[10]
Die amerikanische Besatzungszone wurde vom
Office of Military Government for Germany (U.S.)
(OMGUS) mit Sitz in
Berlin
und
Frankfurt am Main
verwaltet, die britische von der
Control Commission for Germany/British Element
, die sowjetische von der
Sowjetischen Militaradministration
(jeweils Berlin) und die franzosische von der zentralen Militarregierung (?Gouvernement militaire de la zone francaise d’occupation“) in Baden-Baden. Nach den Beschlussen auf der
Potsdamer Konferenz
hatte jede der vier Machte politische Handlungsfreiheit in ihrer Zone.
Der Kontrollrat sollte die oberste Regierungsgewalt fur Deutschland als Ganzes ausuben. Er war besetzt mit den Oberbefehlshabern der vier Besatzungszonen. Der Koordinierungsausschuss bestand aus ihren Stellvertretern
Lucius D. Clay
fur die USA,
Brian H. Robertson
fur Großbritannien,
Wassili Sokolowski
fur die UdSSR und
Louis Koeltz
fur Frankreich.
[11]
Die Aufgaben des Kontrollrates waren gem. Art. 3 des Abkommens uber Kontrolleinrichtungen in Deutschland:
- die angemessene Einheitlichkeit des Vorgehens der Oberbefehlshaber in ihren jeweiligen Besatzungszonen sicherzustellen;
- Plane aufzustellen und im gegenseitigen Einvernehmen Entscheidungen zu treffen uber die wesentlichen Deutschland als Ganzes betreffenden militarischen, politischen, wirtschaftlichen und sonstigen Fragen, und zwar gemaß den jedem Oberbefehlshaber von seiner Regierung erteilten Weisungen;
- die deutsche Zentralverwaltung zu uberwachen, die nach Anweisungen des Kontrollrates tatig und diesem fur die Sicherstellung der Erfullung seiner Forderungen verantwortlich sein wird;
- die Verwaltung
Groß-Berlins
durch entsprechende Organe zu leiten.
Der Kontrollrat sollte einmal innerhalb von zehn Tagen und auf Antrag eines seiner Mitglieder jederzeit zusammentreten. Entscheidungen des Kontrollrates mussten einstimmig ergehen. Der Vorsitz im Kontrollrat wurde der Reihe nach von jedem seiner vier Mitglieder gefuhrt.
Dem Kontrollrat wurde ein standiger Koordinierungsausschuss untergeordnet, der sich aus je einem Vertreter der vier Oberbefehlshaber nicht unter Generalsrang oder dem entsprechenden Rang der Marine oder Luftwaffe zusammensetzte. Die Aufgaben des Koordinierungsausschusses umfassten gem. Art. 5 des Abkommens uber Kontrolleinrichtungen in Deutschland:
- die Ausfuhrung der Kontrollratsentscheidungen;
- die standige Uberwachung und Kontrolle der Tatigkeit der deutschen Zentralverwaltung und der deutschen Institutionen;
- die Koordination laufender Probleme, die einheitliche Maßnahmen in allen vier Zonen erfordern;
- die Vorprufung und Vorbereitung aller von den einzelnen Oberbefehlshabern unterbreiteten Fragen fur den Kontrollrat.
Der Koordinierungsausschuss handelte durch den Kontrollstab, der Abteilungen bildete fur Heer, Marine, Luftwaffe, Transportwesen, Politik, Wirtschaft, Finanzen,
Reparationen
und Leistungen an die Besatzungsmachte sowie Restitutionen, Innere Angelegenheiten und Nachrichtenwesen, Rechtswesen, Kriegsgefangene und Displaced Persons, Arbeit. Die einzelnen Abteilungen wurden von einem Gremium aus vier Vertretern (einer von jeder Macht) geleitet. Die Aufgaben der vier Abteilungsleiter, die gemeinsam handeln sollten, umfassten gem. Art. 6 des Abkommens uber Kontrolleinrichtungen in Deutschland:
- die Ausubung der Aufsicht uber die entsprechenden deutschen Ministerien und deutschen zentralen Dienststellen;
- die Tatigkeit als Ratgeber fur den Kontrollrat und ? wenn erforderlich ? die Teilnahme an dessen Sitzungen;
- die Ubermittlung der vom Koordinierungsausschuss mitgeteilten Entscheidungen des Kontrollrates an die deutsche Zentralverwaltung.
Groß-Berlin wurde von der
Alliierten Kommandantur
unter der allgemeinen Leitung des Kontrollrats verwaltet.
Der Alliierte Kontrollrat beschloss bis 1948 in uber 80 Sitzungen uber einhundert
Proklamationen
,
Gesetze
,
Befehle
,
Direktiven
und Instruktionen fur die vier
Besatzungszonen
.
[12]
In der
Kontrollratsdirektive Nr. 10
vom 22. September 1945
[13]
beschrieb der Kontrollrat die unterschiedlichen Formen seiner
Gesetzgebung
und ihre Bedeutung:
- Proklamationen verkunden die Angelegenheiten von besonderer Wichtigkeit fur die Besatzungsmachte oder das deutsche Volk.
- Gesetze werden zur allgemeingultigen Anwendung erlassen, soweit sie nicht anderes ausdrucklich bestimmen.
- Befehle werden erteilt, falls der Kontrollrat Forderungen an Deutschland zu stellen hat und diese nicht in Form eines Gesetzes erfolgen.
- Direktiven dienen der Bekanntmachung der allgemeinen Absichten oder Entscheidungen des Kontrollrates in verwaltungstechnischen Angelegenheiten.
- Instruktionen stellen unmittelbare Forderungen an eine besondere Behorde.
Proklamationen und Gesetze wurden von den Mitgliedern des Kontrollrates unterzeichnet, Befehle von den Mitgliedern des Kontrollrates oder des Koordinationsausschusses, Direktiven und Instruktionen von den Mitgliedern des Koordinationsausschusses. In Abwesenheit eines Mitglieds des Kontrollrates oder des Koordinationsausschusses konnte sein Stellvertreter fur ihn unterzeichnen.
Die Akte wurden gem. der
Direktive Nr. 11
vom 22. September 1945 im
Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland
in englischer, russischer und franzosischer Sprache mit deutscher Ubersetzung veroffentlicht.
[14]
Die Gultigkeit hing jedoch nicht von ihrer Veroffentlichung in deutscher Sprache ab.
Mit Wirkung zum 1. Mai 1947 wurde die Direktive Nr. 10 durch die Kontrollratsdirektive Nr. 51 vom 29. April 1947
[15]
ersetzt. Der Kontrollrat ubte seine gesetzgebende Tatigkeit danach nur noch in Form von Proklamationen, Gesetzen und Befehlen aus. Proklamationen verkundeten dem deutschen Volk weiterhin Angelegenheiten oder Handlungen von besonderer Wichtigkeit. Gesetze behandelten wichtige Angelegenheiten von großer Tragweite, die von dauernder oder zeitweiliger Anwendbarkeit waren oder bestehende gesetzliche Bestimmungen aufhoben, anderten oder zeitweilig außer Kraft setzten. Gesetze waren in der Regel bindend fur alle in Deutschland wohnhaften Personen. Befehle behandelten Angelegenheiten von begrenzter Anwendbarkeit oder vorubergehenden Charakters. Auch Befehle waren in der Regel bindend fur alle in Deutschland wohnhaften Personen.
Gesetze und Befehle konnten als einzige Akte der Gesetzgebung Strafbestimmungen mit unmittelbarer Wirkung enthalten. Enthielten Direktiven solche Strafvorschriften, mussten diese von den Zonenbefehlshabern in Durchfuhrungsbestimmungen in Kraft gesetzt werden. Der Kontrollrat konnte zwecks Bekanntgabe seiner Entscheidungen auch Direktiven und ?genehmigte Dokumente“ herausgeben, die jedoch keine Akte der Gesetzgebung waren.
Die ersten beiden Gesetze betrafen die
Aufhebung von nationalsozialistischem Recht
und die
Auflosung und Liquidierung der NS-Organisationen
. In den 1946 erlassenen Befehlen
Nr. 3
und
Nr. 4
wurde die Aussonderung und Vernichtung von Literatur und Werken nationalsozialistischen und militaristischen Charakters angeordnet sowie eine Registrier- und Arbeitspflicht fur alle Personen im erwerbsfahigen Alter. Neben vorlaufigen Grenzziehungen (zum Beispiel
Oder-Neiße-Linie
) und einer versuchten Legitimierung von
Vertreibungen
und Umsiedlungen war insbesondere die wirtschaftliche Entmilitarisierung relevant fur die Arbeit des Kontrollrats. Die wirtschaftliche
Demilitarisierung
, gekoppelt mit
Reparationen
(in Form des Abbaus und Abtransportes von Industrieanlagen) wurde jedoch von jeder
Besatzungsmacht
autonom durchgefuhrt (insbesondere von der Sowjetunion und Frankreich), ohne dass hierzu eine einheitliche Politik des Kontrollrats bestand.
Wende in der Besatzungspolitik und Auswirkungen auf die Kontrollratstatigkeit in Deutschland
[
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Der wachsende
Ost-West-Konflikt
zwischen der Sowjetunion und den Westmachten, etwa im
Nahen Osten
und in
Asien
, sowie die sowjetische Politik,
Satellitenstaaten
aufzubauen (den so genannten
Ostblock
), fuhrte zu Misstrauen der Westmachte auch in Bezug auf die sowjetische Politik in Deutschland.
Obwohl die bisherige Art der Wirtschaftsfuhrung und Praxis der
Reparationsentnahmen
jeweils in der
sowjetischen
und
franzosischen Zone
akzeptiert wurden, gab es neuartige Forderungen, hauptsachlich von den USA im Kontrollrat, die wirtschaftliche Einheit Deutschlands zu bewahren. Diese sind im Juli 1946 von der UdSSR als Versuch der Einflussnahme zuruckgewiesen worden. Ob dies bereits de facto das Scheitern des Kontrollrates darstellte, mag umstritten sein. Dagegen spricht die von der UdSSR veranderte okonomische Praxis in ihrer Zone mit der Grundung von
Sowjetischen Aktiengesellschaften
(SAG) und der Einstellung des Abbaus von Produktionsanlagen. Langerfristig sollten wohl Reparationsleistungen besser mit wirtschaftlichem Aufbau als mit Abbau abgesichert werden, was mit einer Besserstellung von SAGs gegenuber der restlichen Wirtschaft von Versorgung bis zur Lohnhohe ablesbar ist. Zu diesem Zeitpunkt war die Politik der Sowjetunion noch nicht darauf ausgerichtet, ihre Zone abzutrennen oder anderweitig zu separieren, sondern Einfluss uber die Sowjetzone hinaus zu gewinnen.
Aber wohl auch der zunehmende Ost-West-Konflikt war es zumindest nicht allein, der die einst sich unterstutzenden Siegermachte nun immer weiter spaltete und die Arbeit des Kontrollrates erschwerte. Denn Großbritannien bekam zunehmende wirtschaftliche Probleme, die Besatzungskosten zu finanzieren, und hatte ebenso wie die US-amerikanischen Vertreter vor den
Parlamenten
diese hohen Kosten zu rechtfertigen. Bevorstehende Wahlen in den westlichen Demokratien und Politiker, die wiedergewahlt werden wollten, hatten wie an vielen Begebenheiten der Weltgeschichte auch hier einen nicht unerheblichen Beitrag an den Entscheidungen. Somit wuchs das Interesse von Großbritannien und den USA an einer zugigeren Beendigung der Besatzung. Frankreich, das durch den Krieg wirtschaftlich wesentlich angeschlagener war als die anderen beiden Westalliierten, brauchte die Reparationen dringender und wollte wie die Sowjetunion aus gleichen Grunden dies nicht. Außerdem sei daran erinnert, dass trotz oder wegen (hier gibt es zwei unversohnliche politische Meinungen) des
Versailler Vertrags
ein weiterer Weltkrieg nicht verhindert werden konnte, worauf hin auch Frankreich nicht an einem baldigen Ende der Besatzung interessiert sein konnte.
Daraufhin begannen die USA und Großbritannien ohne Frankreich und die UdSSR, eine wirtschaftliche Zusammenlegung zwischen ihren Zonen zu forcieren. Dies mundete in die vertragliche Vereinbarung dieses ersten Teilzusammenschlusses vom 2. Dezember 1946, durch die Einrichtung einer britisch-amerikanischen
Bizone
zum 1. Januar 1947. Dass nun sogar die Westmachte zu keiner Einheit mehr fahig waren, zeigt die Tatsache, dass Frankreich seine Zone erst am 8. April 1949, also kurz vor Grundung der
Bundesrepublik Deutschland
, anschloss. Der letzte Versuch, die unterschiedlichen deutschlandpolitischen Vorstellungen zum Ausgleich zu bringen, scheiterte mit der ergebnislosen
Londoner Außenministerkonferenz
im November/Dezember 1947.
Mit einem weiteren, noch gemeinsamen Beschluss wurde das
Kontrollratsgesetz Nr. 46
vom 25. Februar 1947 erlassen. Hiermit wurde der Staat
Preußen
aufgelost. Es ist die letzte als politisch bedeutsam einzuordnende Entscheidung. Im uberwiegend administrativen Charakter der letzten noch folgenden Entscheidungen widerspiegelte sich ebenfalls die zunehmende Ohnmacht der obersten Verwaltung der vier Besatzungsmachte gegenuber den immer mehr zu Tage tretenden Zerwurfnissen untereinander. Das am 20. Februar 1948 beschlossene und am 20. Marz desselben Jahres in Kraft getretene Kontrollratsgesetz Nr. 62 war der letzte gemeinsame
gesetzliche
Akt des Rates. Ebenfalls am 20. Marz 1948 vertagte, d. h. blockierte die Sowjetunion aus Protest gegen die
Londoner Sechsmachtekonferenz
und die Grundung des
Brusseler Paktes
die Beschlussfassung des Alliierten Kontrollrats, der erst 1990 wieder zusammentrat und so mehr als vier Jahrzehnte lang ohne Funktion war.
[16]
Nach Auffassung der UdSSR hatten auf der Londoner Konferenz, bei Nichteinladung sowjetischer Vertreter, die westlichen Machte nicht nur offen uber die Schaffung eines deutschen Separatstaates diskutiert, sondern diesen Staat sowie seine kunftige Einbindung in Westeuropa ausdrucklich in der Beschlussfassung empfohlen, aber im Kontrollrat auch nicht daruber berichtet. Entsprechend diesen Verstoßen begrundete die UdSSR ihre Reaktion mit der Vertagung.
[17]
Mit der sorgfaltig geplanten und koordinierten
Wahrungsreform
in den drei
Westzonen
in der Nacht vom 20. zum 21. Juni 1948 und die vom 24. bis zum 28. Juni folgende Wahrungsreform in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wurde die wirtschaftliche Spaltung Deutschlands in eine
Zentralverwaltungswirtschaft
im Osten und eine
soziale Marktwirtschaft
im Westen weiter vertieft und die Spaltung Deutschlands evident, noch bevor uberhaupt ein deutsches Staatswesen zugelassen wurde. Das Aufkleben von briefmarkenahnlichen Klebeetiketten als
Provisorium
fur ein neues Geld zeigt, dass von der durch die sowjetische Besatzungsmacht eingesetzten
Deutschen Wirtschaftskommission
der SBZ keine derart einschneidende Maßnahme wie eine Wahrungsreform geplant war.
Der Versuch der Sowjetunion, mit der
Berlin-Blockade
West-Berlin
ihrem Herrschaftsbereich einzuverleiben, scheiterte. In der Konsequenz konzentrierte sich die Sowjetunion auf die Sicherung der Diktatur der
Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands
(SED). Die Parteien in der Sowjetzone wurden zu
Blockparteien
umgewandelt und Verwaltungen und Parlamente
gleichgeschaltet
.
Da offensichtlich war, dass die Sowjetunion nicht bereit war, eine
gesamtdeutsche
demokratische Volksvertretung zuzulassen, erfolgte am 1. Juli 1948 durch die westlichen
Militargouverneure
, dessen Vertreter Mitglieder des Kontrollrates waren, einseitig die Ubergabe der
Frankfurter Dokumente
an die elf Ministerprasidenten der Westzonen mit der Aufforderung zur Bildung einer
verfassunggebenden Versammlung
, der Aufforderung zur Uberprufung der Landesgrenzen innerhalb der westlichen Zonen und der Ankundigung eines
Besatzungsstatuts
. Umgekehrt versuchte die SED, uber den
Volkskongress
und den
Volksrat
ein Gegengewicht herzustellen.
Als einzige tatsachliche gesamtalliierte Aufgaben blieben die
Fluguberwachung
durch die
Alliierte Luftsicherheitszentrale
(
Air Safety Control
, seit 1945 bis 1990, am Kleistpark) und die Bewachung des unter Vier-Machte-Verwaltung gestellten
Kriegsverbrechergefangnisses Berlin-Spandau
, in dem bis 1987 mit
Rudolf Heß
der letzte der im
Nurnberger Hauptkriegsverbrecherprozess
verurteilten NS-
Kriegsverbrecher
in Haft saß.
Im Rahmen der sich ubersturzenden Ereignisse der
Wiedervereinigung
fanden sich am 11. Dezember 1989 die Botschafter der Vier Machte ein. Darauf wurde der Kontrollrat im Jahr 1990 von Frankreich in Berlin einberufen und bestand bis zum 2. Oktober weiter.
[18]
Wahrend der folgenden
Teilung Deutschlands
blieb die
Souveranitat
der beiden deutschen Staaten eingeschrankt. Fur die Bundesrepublik Deutschland und
West-Berlin
war die
Alliierte Hohe Kommission
(AHK) mit drei
Hohen Kommissaren
(auch ?Hochkommissaren“) von 1949 bis 1955 oberstes Kontrollorgan der drei Westmachte. Diese wurde mit Auflosung des Besatzungsstatuts durch Inkrafttreten der
Pariser Vertrage
1955 aufgelost, aber das
alliierte Vorbehaltsrecht
schrankte die staatliche Souveranitat weiterhin ein.
Die
Sowjetische Militaradministration in Deutschland
(SMAD) bis 1949 und die
Sowjetische Kontrollkommission
(SKK) waren die Uberwachungs- und Leitungsinstitution der sowjetischen
Besatzungsmacht
zur Fuhrung der
SBZ
beziehungsweise spater der
Deutschen Demokratischen Republik
bis zum 28. Mai 1953. Nach dem Tod
Josef Stalins
wurde die SKK in die ?Hohe Kommission der UdSSR in Deutschland“ umgewandelt. Der damalige politische Berater General Tschuikows,
Wladimir S. Semjonow
(spater stellvertretender Außenminister der Sowjetunion), wurde zum Hohen Kommissar ernannt.
Der Alliierte Kontrollrat und der
Rat der Außenminister
wurden formal erst durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag von 1990 aufgelost, der die vollstandige Souveranitat Deutschlands herstellte und den Weg fur die
Vereinigung der beiden deutschen Staaten
freimachte. Durch die Beendigung der ?entsprechenden, damit zusammenhangenden vierseitigen Vereinbarungen, Beschlusse und Praktiken“ und die Auflosung ?alle[r] entsprechenden Einrichtungen der Vier Machte“, einschließlich der Gesetzgebungsmacht des Kontrollrats,
[19]
horte dieser zusammen mit der
Berliner Kommandantur
dann auch formell auf zu existieren. Mit deren Auflosung wurde die
Regierung Kohl
als erste gesamtdeutsche Regierung nach 1945 eingesetzt.
Das
AlliiertenMuseum
in Berlin dokumentiert das
Engagement
und die Rolle der
Westalliierten
in Deutschland und West-Berlin in der Zeit von 1945 bis 1994.
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Ministerien fur das ganze Deutschland? Der Alliierte Kontrollrat und die Frage gesamtdeutscher Zentralverwaltung
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Studien zur Zeitgeschichte.
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ISBN 3-486-55661-4
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- Gunther Mai:
Der Alliierte Kontrollrat in Deutschland 1945?1948. Alliierte Einheit ? deutsche Teilung?
(=
Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte.
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Der Kontrollrat tagt …
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Feststellung seitens der Regierungen des Vereinigten Konigreichs, der Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken sowie der Provisorischen Regierung der Franzosischen Republik uber die Besatzungszonen in Deutschland
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In: Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland
, Nummer 15 vom 31. Mai 1947, S. 279 f., Digitalisat der Deutschen Nationalbibliothek:
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Vgl. Gerhard Keiderling:
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. In:
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. Heft 3, 1998,
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Berlin. Quellen und Dokumente 1945?1951, 2. Halbband
, hrsg. im Auftrage des Senats von Berlin, Berlin (West) 1964, S. 1431 ff.
- ↑
Sowjetische Erklarung betreffend die Vertagung der Kontrollratssitzungen
vom 20. Marz 1948. In:
Ingo von Munch
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Andreas Rodder
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Deutschland einig Vaterland. Die Geschichte der Wiedervereinigung.
C.H. Beck, Munchen 2009,
ISBN 978-3-406-56281-5
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- ↑
Artikel 7 Abs. 1 des
Vertrages uber die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland
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BGBl.
II 1990, S. 1317 ff. (1324).