Algolstern

aus Wikipedia, der freien Enzyklopadie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Begriff der Algolsterne (kurz Algols ) beschreibt sowohl eine Klasse von bedeckungsveranderlichen Sternen , deren Helligkeit sich im Maximum nicht oder kaum andert, als auch eine Gruppe von wechselwirkenden Doppelsternen . Beide Sternklassen sind nach ihrem Prototypen Algol im Sternbild Perseus benannt.

Bedeckungsveranderliche Sterne vom Typ Algol

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
Animation eines bedeckungsveranderlichen Doppelsterns mit resultierender Lichtkurve. [1]

Algolsterne ( GCVS -Systematikkurzel: EA ) sind Doppelsternsysteme bestehend aus zwei kugelformigen oder nur geringfugig durch Zentrifugalkrafte ellipsoid verformten Einzelsternen. Die Bahnebene liegt so im Raum, dass sich die Sterne auf ihrer Umlaufbahn gegenseitig bedecken und dabei weniger Strahlung zur Erde gelangt. Der Zeitpunkt des Beginns und des Endes eines Minimums ist bei Algolsternen eindeutig definiert im Unterschied zu den Beta-Lyrae-Sternen und W-Ursae-Majoris-Sternen , die einen kontinuierlichen Lichtwechsel aufgrund der starken Verformung der Sterne in diesen Doppelsternsystemen zeigen. [2]

Zwischen den Minima bleibt die Helligkeit der bedeckungsveranderlichen Sterne vom Typ Algol annahernd konstant. Eine geringfugige Helligkeitsanderung kann die Folge eines Reflexionseffektes, elliptischer Verformung der Sternkomponenten oder intrinsischer Veranderlichkeit sein. Die Perioden von Algolsternen liegen zwischen circa 0,2 und uber 10.000 Tagen, wobei die langste bekannte Periode mit 27 Jahren der Stern Almaaz im Sternbild Fuhrmann halt. Die Amplitude der Helligkeitsanderungen bei den Algolsternen kann bis zu einigen Magnituden groß sein. [3]

Die Algol-Sterne wurden nach dem Stern Algol im Sternbild Perseus benannt, dem ersten (1669 durch Geminiano Montanari ) entdeckten Bedeckungsveranderlichen. [4]

Vorkommen in Sternkatalogen

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Der General Catalogue of Variable Stars listet aktuell etwa 5000 Sterne mit dem Kurzel EA , womit etwa 10 % aller Sterne in diesem Katalog zur Klasse der Algolsterne gezahlt werden. [5]

Wechselwirkende Doppelsterne vom Typ Algol

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]

Die zweite Sternklasse mit dem Namen Algolsterne beschreibt Doppelsterne , bei denen ein massearmerer Stern weiter entwickelt ist als ein massereicherer Stern. Dies steht im Widerspruch zu der Sternentwicklung von Einzelsternen, die mit steigender Masse schneller verlauft und wird auch als Algol-Paradox bezeichnet. Im engeren Sinne handelt es sich um Doppelsternsysteme bestehend aus einem B-A Hauptreihenstern und einem kuhleren F-G Riesenstern , wobei der kuhle Riese sein Roche-Grenzvolumen ausfullt. [6] Diese Algolsterne zeigen haufig, dass der massereichere Stern schneller rotiert als die Umlaufdauer des Doppelsternsystems. Bei einigen Algolsternen kann auch ein Massestrom von dem massearmeren Begleiter zu einem heißen Fleck auf dem schweren Stern nachgewiesen werden. Im heißen Fleck trifft die Materie auf die Atmosphare und kinetische wird in thermische Energie umgesetzt. Der jetzt massearmere Stern verfugte ursprunglich uber die großere Masse und hat sich von der Hauptreihe fortentwickelt. Dabei begann er zu expandieren, bis er das Roche-Grenzvolumen uberschritten hat. Wird diese Grenze uberschritten fließt Materie zu dem Begleiter und innerhalb eines kurzen Zeitraums kommt es zu einer Massenumkehr. Daher ist in der Algolphase nach dem rapiden Massentransfer der massearmere Stern weiter entwickelt und der massereichere rotiert mit hoher Geschwindigkeit aufgrund der Ubertragung von Drehimpuls zwischen den beiden Sternen. [7] In der beobachtbaren Phase, dem Massentransfer von dem entwickelten Unterriesen oder Riesen zu dem schweren Hauptreihenstern sollte ein Anwachsen der Bahnumlaufdauer auftreten. Analysen des Verhaltens von Algolsternen zeigen aber haufig zyklische Periodenanderungen sowohl mit abnehmender als auch anwachsender Umlaufdauer, deren Ursache eventuell in der magnetischen Aktivitat der massespendenden Komponente liegt. [8]

In der stabilen Phase nach dem schnellen Massentransfer ist der ehemals massereichere Stern ein kuhler Unterriese mit einer ausgedehnten Atmosphare mit konvektiven Energietransport. Gleichzeitig ist die Rotationsgeschwindigkeit des Unterriesens recht hoch wegen der gebundenen Rotation in den engen Doppelsternsystemen. Eine schnelle differentielle Rotation in Kombination mit einer konvektiven Atmosphare fuhrt durch die Magnetohydrodynamik zu einer ausgepragten magnetischen Aktivitat bei Algolsternen, die sich in Form von Flares im Bereich der Radio- und Rontgenstrahlung sowie durch Emissionslinien der Balmer-Serie bemerkbar macht. [9] [10] Bei langperiodischen Algolsternen sind auch temporare Akkretionsscheiben gefunden wurden, die nicht immer in der Bahnebene des Doppelsternsystems liegen. Diese Abweichungen konnen nicht durch einfache Modelle erklart werden, welche nur die Gravitations- und Zentrifugalkrafte berucksichtigen. Die Gasmassen außerhalb der Bahnebene werden mit der magnetischen Aktivitat des massenspendenen Sterns in Verbindung gebracht: [11]

  • aufgrund koronaler Auswurfe
  • Magnetfelder auf dem Unterriesen wechselwirken mit der ionisierten Materie, die durch den Lagrange-Punkt L1 fließt
  • Akkretiertes Gas wird aus der Bahnebene abgelenkt, weil sich an dem Punkt, an dem der Gasstrom auf den Primarstern trifft, ein Ruckstau bildet
  • Ein Superhump -ahnliches Phanomen ist in Radiobeobachtungen nachgewiesen worden. Wahrscheinlich wird der Gasstrom durch ein Magnetfeld in der Nahe der Massenspender schraubenformig abgelenkt. Da die fruhen Sterne uber keine intrinsischen Magnetfelder verfugen sind diese Magnetfeldlinien wahrscheinlich durch den Plasmastrom selbst generiert.

Einzelnachweise

[ Bearbeiten | Quelltext bearbeiten ]
  1. D. Gossman: Light Curves and Their Secrets. In: Sky & Telescope. October 1989, S. 410.
  2. John R. Percy: Understanding Variable Stars . Cambridge University Press, Cambridge 2007, ISBN 978-0-521-23253-1 .
  3. Cuno Hoffmeister , G. Richter, W. Wenzel: Veranderliche Sterne . J. A. Barth Verlag, Leipzig 1990, ISBN 3-335-00224-5 .
  4. Astro-Lexikon V 1 (Andreas Muller)
  5. Variability types General Catalogue of Variable Stars, Sternberg Astronomical Institute, Moscow, Russia. Abgerufen am 1. September 2019 .
  6. R. Deschamps, L. Siess, P. J. Davis, A. Jorissen: Critically-rotating accretors and non-conservative evolution in Algols . In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics . 2013, arxiv : 1306.1348v1 .
  7. S. N. Shore, M. Livio, E. P. J. van den Heuvel: Interacting Binaries . Springer-Verlag, Berlin 1992, ISBN 3-540-57014-4 .
  8. L. Jetsu, S. Porceddu, J. Lyytinen, P. Kajatkari, J. Lehtinen, T. Markkanen, J. Toivari-Viitala: Did the ancient egyptians record the period of the eclipsing binary Algol ? the Raging one? In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics . 2012, arxiv : 1204.6206v1 .
  9. F. Baron, J. D. Monnier, E. Pedretti, M. Zhao, G. Schaefer, R. Parks, X. Che, N. Thureau, T. A. ten Brummelaar, H. A. McAlister, S. T. Ridgway, C. Farrington, J. Sturmann, L. Sturmann, N. Turner: Imaging the Algol Triple System in H Band with the Chara Interferometer . In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics . 2012, arxiv : 1205.0754v1 .
  10. Mercedes T. Richards, Michail I. Agafonov, Olga I. Sharova: New Evidence of Magnetic Interactions between Stars from 3D Doppler Tomography of Algol Binaries: Beta Per and RS Vul . In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics . 2012, arxiv : 1210.0081 .
  11. Eric Raymer: Three-Dimensional Hydrodynamic Simulations of Accretion in Short Period Algols . In: Astrophysics. Solar and Stellar Astrophysics . 2012, arxiv : 1209.2167 .