Der Begriff der
Algolsterne
(kurz
Algols
) beschreibt sowohl eine Klasse von
bedeckungsveranderlichen Sternen
, deren Helligkeit sich im Maximum nicht oder kaum andert, als auch eine Gruppe von
wechselwirkenden Doppelsternen
. Beide Sternklassen sind nach ihrem Prototypen
Algol
im Sternbild
Perseus
benannt.
Animation eines bedeckungsveranderlichen Doppelsterns mit resultierender Lichtkurve.
[1]
Algolsterne
(
GCVS
-Systematikkurzel:
EA
) sind
Doppelsternsysteme
bestehend aus zwei kugelformigen oder nur geringfugig durch
Zentrifugalkrafte
ellipsoid verformten Einzelsternen. Die
Bahnebene
liegt so im Raum, dass sich die Sterne auf ihrer Umlaufbahn gegenseitig bedecken und dabei weniger Strahlung zur Erde gelangt. Der Zeitpunkt des Beginns und des Endes eines Minimums ist bei Algolsternen eindeutig definiert im Unterschied zu den
Beta-Lyrae-Sternen
und
W-Ursae-Majoris-Sternen
, die einen kontinuierlichen
Lichtwechsel
aufgrund der starken Verformung der Sterne in diesen Doppelsternsystemen zeigen.
[2]
Zwischen den Minima bleibt die Helligkeit der bedeckungsveranderlichen Sterne vom Typ Algol annahernd konstant. Eine geringfugige Helligkeitsanderung kann die Folge eines Reflexionseffektes, elliptischer Verformung der Sternkomponenten oder intrinsischer Veranderlichkeit sein. Die Perioden von Algolsternen liegen zwischen circa 0,2 und uber 10.000 Tagen, wobei die langste bekannte Periode mit 27 Jahren der Stern
Almaaz
im
Sternbild Fuhrmann
halt. Die Amplitude der Helligkeitsanderungen bei den Algolsternen kann bis zu einigen
Magnituden
groß sein.
[3]
Die Algol-Sterne wurden nach dem Stern
Algol
im Sternbild
Perseus
benannt, dem ersten (1669 durch
Geminiano Montanari
) entdeckten Bedeckungsveranderlichen.
[4]
Der
General Catalogue of Variable Stars
listet aktuell etwa 5000 Sterne mit dem Kurzel
EA
, womit etwa 10 % aller Sterne in diesem Katalog zur Klasse der Algolsterne gezahlt werden.
[5]
Die zweite Sternklasse mit dem Namen
Algolsterne
beschreibt
Doppelsterne
, bei denen ein massearmerer Stern weiter entwickelt ist als ein massereicherer Stern. Dies steht im Widerspruch zu der
Sternentwicklung
von Einzelsternen, die mit steigender Masse schneller verlauft und wird auch als Algol-Paradox bezeichnet. Im engeren Sinne handelt es sich um Doppelsternsysteme bestehend aus einem B-A Hauptreihenstern und einem kuhleren F-G
Riesenstern
, wobei der kuhle Riese sein
Roche-Grenzvolumen
ausfullt.
[6]
Diese Algolsterne zeigen haufig, dass der massereichere Stern schneller rotiert als die
Umlaufdauer
des Doppelsternsystems. Bei einigen Algolsternen kann auch ein Massestrom von dem massearmeren Begleiter zu einem heißen Fleck auf dem schweren Stern nachgewiesen werden. Im heißen Fleck trifft die Materie auf die Atmosphare und
kinetische
wird in
thermische Energie
umgesetzt. Der jetzt massearmere Stern verfugte ursprunglich uber die großere Masse und hat sich von der
Hauptreihe
fortentwickelt. Dabei begann er zu expandieren, bis er das Roche-Grenzvolumen uberschritten hat. Wird diese Grenze uberschritten fließt Materie zu dem Begleiter und innerhalb eines kurzen Zeitraums kommt es zu einer Massenumkehr. Daher ist in der Algolphase nach dem rapiden Massentransfer der massearmere Stern weiter entwickelt und der massereichere rotiert mit hoher Geschwindigkeit aufgrund der Ubertragung von
Drehimpuls
zwischen den beiden Sternen.
[7]
In der beobachtbaren Phase, dem Massentransfer von dem entwickelten Unterriesen oder Riesen zu dem schweren Hauptreihenstern sollte ein Anwachsen der Bahnumlaufdauer auftreten. Analysen des Verhaltens von Algolsternen zeigen aber haufig zyklische Periodenanderungen sowohl mit abnehmender als auch anwachsender Umlaufdauer, deren Ursache eventuell in der magnetischen Aktivitat der massespendenden Komponente liegt.
[8]
In der stabilen Phase nach dem schnellen Massentransfer ist der ehemals massereichere Stern ein kuhler Unterriese mit einer ausgedehnten Atmosphare mit konvektiven Energietransport. Gleichzeitig ist die Rotationsgeschwindigkeit des Unterriesens recht hoch wegen der
gebundenen Rotation
in den engen Doppelsternsystemen. Eine schnelle
differentielle Rotation
in Kombination mit einer konvektiven Atmosphare fuhrt durch die
Magnetohydrodynamik
zu einer ausgepragten magnetischen Aktivitat bei Algolsternen, die sich in Form von
Flares
im Bereich der Radio- und Rontgenstrahlung sowie durch
Emissionslinien
der
Balmer-Serie
bemerkbar macht.
[9]
[10]
Bei langperiodischen Algolsternen sind auch temporare
Akkretionsscheiben
gefunden wurden, die nicht immer in der
Bahnebene
des Doppelsternsystems liegen. Diese Abweichungen konnen nicht durch einfache Modelle erklart werden, welche nur die Gravitations- und
Zentrifugalkrafte
berucksichtigen. Die Gasmassen außerhalb der Bahnebene werden mit der magnetischen Aktivitat des massenspendenen Sterns in Verbindung gebracht:
[11]
- aufgrund
koronaler
Auswurfe
- Magnetfelder auf dem Unterriesen wechselwirken mit der ionisierten Materie, die durch den
Lagrange-Punkt L1
fließt
- Akkretiertes Gas wird aus der Bahnebene abgelenkt, weil sich an dem Punkt, an dem der Gasstrom auf den Primarstern trifft, ein Ruckstau bildet
- Ein
Superhump
-ahnliches Phanomen ist in Radiobeobachtungen nachgewiesen worden. Wahrscheinlich wird der Gasstrom durch ein Magnetfeld in der Nahe der Massenspender schraubenformig abgelenkt. Da die fruhen Sterne uber keine intrinsischen Magnetfelder verfugen sind diese Magnetfeldlinien wahrscheinlich durch den Plasmastrom selbst generiert.
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