Alfred Roth
(*
21. Mai
1903
in
Wangen an der Aare
; †
20. Oktober
1998
in
Zurich
) war ein
Schweizer
Architekt
,
Designer
und Hochschullehrer. Roth gilt als wichtiger Vertreter des
Neuen Bauens
und als Wortfuhrer der Moderne. Daruber hinaus hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, die Farbkonzepte der Moderne zu systematisieren.
Alfred Roth wurde 1903 als Sohn von Adolf und Ida Roth-Obrecht in Wangen an der Aare geboren. Er hatte eigentlich den Wunsch, Maler zu werden. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Solothurn entschied er sich zunachst, Maschinenbau zu studieren. Nach einem Semester wechselte er zur Architektur. Wahrend seiner Freizeit betrieb er die Malerei. Ab 1922 studierte Alfred Roth Architektur an der ETH Zurich und beendete sein Studium 1926 mit einem Diplom bei
Karl Moser
. Er bewarb sich nach seinem Studium am
Bauhaus
, wurde aber durch Mosers Vermittlung von 1927 bis 1928 Mitarbeiter im Pariser Atelier von
Le Corbusier
und
Pierre Jeanneret
.
Er arbeitete bei Le Corbusier und Pierre Jeanneret in Paris am Volkerbundpalast-Projekt fur Genf und wurde danach Le Corbusiers Bauleiter. Er errichtete in dieser Zeit u. a. die beiden
Corbusier
-Hauser der
Weissenhofsiedlung
in Stuttgart. Er wurde auch spater noch von Corbusiers Arbeit wesentlich beeinflusst. Seine kunstlerische Arbeit wurde stark von dem Kunstler
Piet Mondrian
beeinflusst, den er auch personlich kannte. Nach seinen Angaben hatte er auch einen echten Mondrian in seinem Besitz; das Bild in Rot, Blau und Gelb schenkte er noch zu Lebzeiten dem Kunsthaus Zurich. Er sammelte die Kunst seiner Zeit.
1928 plante er sein erstes eigenes Gebaude. Es handelte sich um ein Lagerhaus fur die familieneigene Pferdehaarspinnerei in Wangen, das 1929 ausgefuhrt wurde. Ebenfalls 1928 eroffnete er sein erstes eigenes Buro in Goteborg mit der Architektin Ingrid Wallberg. Zwei Jahre spater ging er in die Schweiz zuruck, wo er 1932 in Zurich ein Buro in Ateliergemeinschaft mit seinem Cousin
Emil Roth
eroffnete.
1935 bis 1936 errichtete Roth zusammen mit Emil Roth und
Marcel Breuer
die
Doldertalhauser
in Zurich, die dem Stil Le Corbusiers treu blieben: Die beiden Mehrfamilienhauser stehen auf Stutzen, und die Grundrisse folgen dem
plan libre
. In den folgenden Jahren beschaftigte sich Roth intensiv mit offentlichen Bauten, insbesondere Schulbauten, und realisierte zahlreiche Projekte im Nahen Osten. 1943/44 baute er fur Madame de Madrot, eine Forderin des jungen Jeanneret/Corbusier ein Holzhaus an der Hadlaubstrasse in Zurich, das spater
Adolf Max Vogt
und
Ulya Vogt-Goknil
bewohnten.
[1]
Ein Bettenentwurf entstand 1927; er wurde lange Zeit falschlicherweise als ≪Corbusier-Bett≫ bezeichnet. Jedoch hatte Alfred Roth den Prototyp entwickelt, weil er ein schiebbares Bett mit Kufen fur eine Nische benotigte.
Er war Gastdozent an der
Washington-Universitat
in St. Louis, 1953 an der
Harvard-Universitat
in Cambridge, MA und von 1951/57? bis 1971 Ordinarius an der ETH Zurich. Roth war Ehrendoktor der
Technischen Universitat Munchen
und des
Istituto Universitario di Architettura
(Venedig). Auch im hohen Alter hielt Alfred Roth noch Vortrage an Universitaten und Architekturschulen und betreute ausserdem Architekturstudenten in seinem Haus; diese konnten dort arbeiten und leben.
Anfang der 1980er Jahre unterstutzte er den Vorschlag der
Staatlichen Akademie der Bildenden Kunste Stuttgart
, die benachbarte, sanierungsbedurftige
Weissenhofsiedlung
, zumindest Teile des Bauensembles, kunftig durch die Hochschule zu nutzen; ein Plan, der von der Stadt Stuttgart befurwortet, jedoch vom Land Baden-Wurttemberg abgelehnt wurde. Sein Projektvorschlag ≪Erganzungen der ?Weissenhof-Siedlung? in Stuttgart≫ aus dem Jahr 1981 ging vollig konform mit der Idee einer Campus-Erweiterung der Hochschule.
[2]
1984 ernannte ihn die
Staatliche Akademie der Bildenden Kunste Stuttgart
zum Ehrenmitglied. Alfred Roth verstarb 1998 in Zurich, sein Grab befindet sich in Wangen an der Aare.
Willi Baumeister
und Alfred Roth lernten sich 1927 im Rahmen der Stuttgarter Werkbundausstellung (Weissenhofsiedlung) kennen, als Roth Mitarbeiter im Buro von Le Corbusier war. Zum Buch Roths uber die beiden Stuttgarter Hauser Le Corbusiers steuerte Baumeister das Titelbild und die Typographie bei. Ausserdem schaffte Roth es, Baumeister zu uberreden, mehrere Bilder wahrend der Bauausstellung in die Corbusier-Hauser zu hangen.
[3]
- 1925: 1. Planung Schweinestall, Wangen an der Aare
[4]
- 1928?1929: Lagerhaus Pferdehaarspinnerei, Wangen an der Aare
- 1932:
Siedlung Neubuhl
, Zurich-Wollishofen, mit
Emil Roth
- 1934: Fabrikerweiterung, Wangen ? existiert nicht mehr
- 1935?1937: Fabrikgebaude Howald, Wangen
- 1935/36:
Mehrfamilienhauser Doldertal
, Zurich
- 1936: Sommerhaus,
Mammern
- Korn- und Salzhausumbau in eine Kaserne, Wangen
- Militarisches Lagerhaus, Wangen an der Aare
- 1939: Bungalow im Holderbach,
Oberageri
(fur die Arztin
Marie Meierhofer
, spater wohnte sein Freund
Henry van de Velde
mit seiner Tochter
Nele van de Velde
in diesem Haus.)
- 1941: Einfamilienhaus fur die Familie Schiess und Pauli, Wangen an der Aare
- 1957 verliessen diese das Haus und zogen in einen nahen Neubau, den Alfred Roth in Zusammenarbeit mit ihm geplant hatte
- 1951: Fabrikerweiterung Howald, Wangen
- 1960: Haus Roth, Zurich, mit Ingenieur
Emil Schubiger
[5]
- 1960er Jahre: Schulen in St. Louis,
Skopje
und
Kuwait
- 1966/1967: Wohnhaus Howald, Wangen an der Aare
- 1966?1968:
Shopping-Center Schonbuhl
, Luzern
- 1970: Banque Sabbag,
Beirut
- Alfred Roth (Hrsg.):
Die neue Architektur
. Les Editions d'Architecture, Erlenbach-Zurich 1948.
- Alfred Roth:
Zwei Wohnhauser von Le Corbusier und Pierre Jeanneret
. Kramer, Stuttgart 1977,
ISBN 3-7828-0447-3
(Faksimile-Nachdruck der deutschen Ausgabe von 1927).
- Alfred Roth:
Dos casas de Le Corbusier y Pierre Jeanneret
. Colegio Oficial de Aparejadores y Arquitectos Tecnicos, Murcia 1997,
ISBN 84-920177-7-5
.
- Arthur Ruegg, Andres Giedion, Alfred Roth:
Ein Hauptwerk des neuen Bauens in Zurich: Die Doldertalhauser 1932-1936
. gta-Ausstellungen, Zurich 1996,
ISBN 3-85676-070-9
.
- Werner Oechslin (Hrsg.):
Le Corbusier & Pierre Jeanneret: Das Wettbewerbsprojekt fur den Volkerbundspalast in Genf 1927
. Ammann, Zurich 1988,
ISBN 3-250-50103-4
(Mit Beitragen von Alfred Roth).
- Alfred Roth:
Amusante Erlebnisse eines Architekten
. Ammann, Zurich 1988,
ISBN 3-250-50105-0
(Autobiographie).
- Alfred Roth:
Architect of continuity
. Waser, Zurich 1985,
ISBN 3-908080-17-7
.
- Alfred Roth (Hrsg.):
La nouvelle architecture
. Verlag fur Architektur Artemis, Zurich/Munchen 1975,
ISBN 3-7608-8053-3
.
- Alfred Roth:
Begegnung mit Pionieren: Le Corbusier, Piet Mondrian, Adolf Loos, Josef Hoffmann, Auguste Perret, Henry van de Velde
. Birkhauser, Basel/Stuttgart 1973,
ISBN 3-7643-0669-6
.
- Alfred Roth, Jean-Paul Haymoz:
Das neue Schulhaus
. 4. Auflage. Verlag fur Architektur, Zurich/Stuttgart 1966.
- Alfred Roth:
The new school
. Girsberger, Zurich 1950.
- Wolfgang Voigt:
Amusante und weniger amusante Erlebnisse: Alfred Roth
. In: ders. / Uwe Bresan (Hrsg.):
Schwule Architekten ? Gay Architects. Verschwiegene Biografien vom 18. bis zum 20. Jahrhundert ? Silent Biographies from 18th to 20th Century.
Wasmuth & Zohlen, Berlin 2023,
ISBN 978-3-8030-2378-0
, S. 156?161.
- ↑
Ulya Vogt-Goknil, Adolf Max Vogt:
Alfred Roth : H59-Haus
. In:
Werk, Bauen + Wohnen
.
Band
70
,
Nr.
5
. Zurich 1983,
S.
30–31
.
- ↑
Vgl.
Alfred Roth: Architect of Continuity / Architekt der Kontinuitat.
Introduction by
Stanislaus von Moos
/ Einfuhrung von Stanislaus von Moos. Waser Verlag fur Kunst und Architektur, Zurich 1985,
ISBN 3-908080-17-7
, S. 184?187, mit Abb.
- ↑
Vgl.
Wolfgang Kermer
:
Willi Baumeister und die Werkbund-Ausstellung ≪Die Wohnung≫ Stuttgart 1927.
Staatliche Akademie der Bildenden Kunste, Stuttgart 2003. (Wolfgang Kermer (Hrsg.):
Beitrage zur Geschichte der Staatlichen Akademie der Bildenden Kunste Stuttgart.
Band 11.
ISBN 3-931485-55-2
)
- ↑
Stephan Steger:
Alfred Roth : Vertreter der Moderne in Wangen an der Aare.
In:
www.e-periodica.ch.
Abgerufen am 18. Februar 2022
.
- ↑
Alfred Roth:
Eigenheim eines Architekten in Zurich : 1960. Prof. Alfred Roth, Architekt BSA/SIA, Zurich; Ingenieurarbeiten Emil Schubiger, Ingenieur SIA, Zurich.
In:
www.e-periodica.ch.
Abgerufen am 15. Februar 2022
.