Albertus Magnus
oder
Albert von Lauingen
,
Albert von Koln
,
Doctor Universalis
(auch
Albertus Theutonicus, Albertus Coloniensis; Albert der Große, Albert der Deutsche
; gelegentlich auch falschlich
Albert Graf von Bollstadt
[1]
und
Albertus Magnus von Bollstadt
genannt; * um
1200
in oder bei
Lauingen
an der Donau; †
15. November
1280
in
Koln
) war ein deutscher Gelehrter und
Bischof
, der als theologisch-philosophischer Schriftsteller wegbereitend fur den
christlichen Aristotelismus
des
hohen Mittelalters
war. Er lehrte in Koln und Paris. Im Jahr 1622 wurde er
selig-
und am 16. Dezember 1931 von
Papst
Pius XI.
heiliggesprochen
und zum
Kirchenlehrer
erklart.
[2]
Alberts Vater, Markward von Lauingen, kam moglicherweise aus
ritterburtigem Geschlecht
(ex militaribus)
[3]
bzw. aus der Schicht des niederen
staufischen
Dienstadels der
Ministerialen
und ubte in oder um Lauingen Herrschaftsaufgaben aus. Albert selbst verbrachte dort vermutlich auch seine ersten Jugendjahre.
Alberts Geburtsjahr ist unbekannt. Manche Forscher (z. B.
Franz Pelster
,
H. C. Scheeben
,
Hugo Stehkamper
[4]
) nehmen 1193 an und beziehen sich dabei auf die Angabe des
Luis de Valladolid
(Paris, 1414), dass Albert im Jahre 1280 starb, ?nachdem er ungefahr 87 Lebensjahre vollendet hatte“. Andere (z. B. Mandonnet, Glorieux,
Fernand Van Steenberghen
) gehen von 1206/07 aus, wobei sie sich auf die Chronik des
Heinrich von Herford
(um 1355) stutzen, wonach Albert ?ein Junge von sechzehn Jahren“ war, als er um 1223 in den Orden eintrat. Da beide Angaben einander widersprechen kann man nach J. A. Weisheipl nicht mehr sagen, als dass Albert um das Jahr 1200 oder etwas fruher geboren wurde.
[5]
Auch Meinolf Lohrum hat sich uberzeugend fur die Geburtsangabe ?um 1200“ ausgesprochen.
[6]
Erste gesicherte Informationen uber Alberts Aufenthalt stammen aus dem Jahr 1222. Damals lebte er bei einem Onkel in
Venedig
und
Padua
. Ab dem folgenden Jahr studierte er die
Freien Kunste
und vielleicht auch Medizin in Padua. Bereits in dieser Zeit kam er in Kontakt mit den Schriften des
Aristoteles
und personlich mit
Jordan von Sachsen
, dem Nachfolger des
Dominikus
als
Ordensgeneral
des
Dominikanerordens
. Noch 1223 trat Albertus in diesen Orden ein. Sein
Noviziat
absolvierte er in
Koln
im
Kloster in der Stolkgasse
, wo er auch das Studium der
Theologie
aufnahm und zum
Priester
geweiht wurde. Anschließend studierte und lehrte Albertus an verschiedenen dominikanischen Klosterschulen, darunter
Hildesheim
,
Freiburg im Breisgau
,
Regensburg
und
Straßburg
. Albertus Magnus hatte von 1236 bis 1238 das Amt des
Lesemeisters
im
Predigerkloster
in Freiburg inne. In dieser Zeit verfasste er seine ersten Schriften, unter anderen das
Marienlob
. Als Jordan von Sachsen 1237 starb, wurde Albertus im Folgejahr auf dem
Ordenskapitel
der Dominikaner in
Bologna
von den deutschen Versammlungsteilnehmern als neuer Ordensgeneral vorgeschlagen, aber nicht gewahlt.
Im Jahre 1243 ging Albertus fur funf Jahre an die
Universitat
Sorbonne
nach
Paris
. Er erwarb dort 1245 den Titel eines
Magisters
der Theologie, lehrte drei Jahre lang und befasste sich dabei intensiv mit
Aristoteles
und der judisch-arabischen
Philosophie
. Der Italiener
Thomas von Aquin
schloss sich ihm in dieser Zeit als Schuler an. Als Angehoriger einer Kommission von vierzig Sachverstandigen setzte Albert 1248 in Paris seine Unterschrift unter ein Dokument, das den
Talmud
und andere judische Texte verurteilte und deren Verbrennung anordnete.
[8]
Wahrend seiner Pariser Zeit lebte Albertus im
Konvent
Saint-Jacques. 1248 kam er erneut nach Koln, um dort das gerade ins Leben gerufene
Studium Generale
seines Ordens zu leiten. Unter ihm entwickelte die Kolner Klosterschule einen hervorragenden Ruf und zog Studenten aus ganz Europa an. In Nachfolge dieser Institution wurde 1388 von der Stadt Koln die
Universitat zu Koln
gegrundet. Wahrscheinlich war er am 15. August 1248 Zeuge der Grundsteinlegung des
Kolner Doms
.
[9]
Albert spielte in seiner Kolner Zeit auch eine herausragende Rolle in den Auseinandersetzungen zwischen Stadt und
Erzbischof
. Im
Kleinen Schied
am 17. April 1252 und im
Großen Schied
am 28. Juni 1258 gutachtete er zu Gunsten der Burgerschaft, deren Rechte Erzbischof
Konrad von Hochstaden
auf sein Anraten hin anerkannte.
[10]
Im Jahre 1254 wurde Albert in
Worms
zum
Provinzial
der deutschsprachigen Dominikaner-Ordensprovinz Teutonia gewahlt, worauf er sein Lehramt in Koln abgab. In den folgenden Jahren zog er ? fast immer zu Fuß ? durch die deutschen Lande, um die insgesamt 40 Niederlassungen des Ordens zu visitieren und die Klosterzucht zu erhalten. 1257 endete Alberts Provinzialamt und er kehrte als Leiter der Ordensschule nach Koln zuruck.
Am 5. Januar 1260 wurde Albert, nachdem der vom Kathedralkapitel gewahlte Dompropst
Heinrich von Lerchenfeld
wegen der zerrutteten Verhaltnisse verzichtet hatte, von Papst
Alexander IV.
zum
Bischof von Regensburg
und damit zum
Reichsfursten
ernannt.
[11]
Alexander hatte sich mit dieser Entscheidung uber das eigentliche Wahlrecht hinweggesetzt, um einen Schlussstrich unter mehrere irregular verlaufene Bischofswahlen und die Misswirtschaft der vorangegangenen Jahre im Bistum zu ziehen. Daruber hinaus war Alexander ein ausgesprochener Forderer der
Bettelorden
, die durch die Bischofswurde fur einen aus ihren Reihen zusatzliches politisches Gewicht bekamen. Albert selbst ubernahm das Amt nur ungern und sah sich zudem Kritik der Ordensleitung gegenuber, die diese Position als unvereinbar mit dem Armutsprinzip ansah. Dennoch ließ sich Albert im Juli 1260 zum
Bischof
weihen und nahm im September an einer
Synode
in Bayern teil. Mit seinem Amtsantritt ubernahm er ein hochverschuldetes Hochstift. Einen beachtlichen Teil dieser Schuldenlast konnte Albert wahrend seines Episkopats abtragen. Wahrend seiner Zeit als Bischof entstand auch der Beiname ?Bundschuh“, weil Albert auch als Bischof noch mit dem Schuhwerk einfacher Menschen unterwegs war.
[12]
[13]
Im Jahre 1262 hielt sich Albert am Hof von Papst
Urban IV.
in
Orvieto
auf. Dort entpflichtete ihn der Papst im Februar 1262 von seinem Amt als Bischof von Regensburg, und Albert blieb zunachst in Orvieto. Es ist umstritten, weshalb Albert das Bischofsamt niederlegte: Moglicherweise war es ihm gelungen, die finanzielle Notlage einigermaßen zu konsolidieren und er wollte das Bischofsamt nach getaner Arbeit weitergeben. Andererseits sah Albert sich in der Wissenschaft zu Hause. Auch als zuruckgetretener Bischof konnte er so eine gewisse Autoritat fur sich beanspruchen. Die Bischofswurde verlor Albert durch seinen Rucktritt nicht und konnte sie nutzen, sein wissenschaftliches Lebenswerk zu sichern. Zudem behielt Albert die Freiheit, frei uber seine Einkunfte zu verfugen und damit kostspielige wissenschaftliche Werke anzuschaffen.
[14]
Am 13. Februar 1263 ernannte ihn Urban IV. zum Kreuzzugsprediger fur die deutschsprachigen Gebiete. 1263 und 1264 propagierte Albertus gemeinsam mit
Berthold von Regensburg
in Deutschland und Bohmen den Zug ins
Heilige Land
. Nachdem Papst Urban IV. am 2. Oktober 1264 gestorben war, legte Albert sein Amt als Kreuzzugsprediger nieder.
Ab 1264 nahm Albert die Lehrtatigkeiten in
Wurzburg
, Straßburg und Koln wieder auf. Im Jahr 1268 weihte Albert personlich den Altar der Dominikanerkirche der Reichsstadt Esslingen am Neckar, das heutige Munster St. Paul. Sie ist die alteste Bettelordenskirche Deutschlands. Um 1269 kehrte er endgultig zuruck in das
Dominikanerkloster
Hl. Kreuz
in Koln. Eine Berufung an die Universitat Paris lehnte er aus Altersgrunden ab. Jedoch trat er 1274 auf dem
Zweiten Konzil von Lyon
fur die Anerkennung
Rudolfs von Habsburg
als deutscher Konig ein. Am 28. April 1275 weihte er den gotischen Langchor des
Gladbacher Munsters
.
Am 15. November 1280 starb Albertus in Koln. Seine Gebeine ruhen seit der Aufhebung des Dominikanerklosters (1804) in der Kirche von
St. Andreas
in Koln bzw. seit dem 15. November 1954 in der erweiterten Krypta der Kirche, die unterdessen von den Dominikanern genutzt wird.
[15]
Den großten Teil seines Nachlasses stiftete Albertus Magnus, nach seinem Testament aus dem Jahr 1279, zur Vollendung des Chores der Kirche des Dominikanerklosters zum Heiligen Kreuz.
[16]
Papst
Pius XII.
ernannte Albertus Magnus am 16. Dezember 1941 zum
Schutzpatron
der
Naturwissenschaftler
.
Albertus Magnus war
Universalgelehrter
, zugleich
Philosoph
,
Jurist
,
Naturwissenschaftler
, Theologe,
Dominikaner
und Bischof von Regensburg.
Sein großes, vielseitiges Wissen verschaffte ihm den Namen
Magnus
(?der Große“), den Titel
Kirchenlehrer
und den Ehrentitel
doctor universalis
. Er kannte die
antike
und zeitgenossische Fachliteratur und wollte das Wissen seiner Zeit vollstandig erfassen und in Lehrbuchern darlegen. Die mehr als 70 Abhandlungen und Bucher ergaben heute etwa 22.000 Druckseiten. Das Albertus-Magnus-Institut arbeitet seit 1931 an einer kritischen Ausgabe seines Gesamtwerkes. Von der auf 41 Bande (mit unterschiedlicher Teilbandzahl) angelegten
Editio Coloniensis
lagen im Herbst 2017 32 Bande vor, was bezogen auf den Textumfang etwa der Halfte der Ausgabe entspricht.
[17]
Albertus Magnus hat als ?einziger Theologe des Mittelalters samtliche Quellen, die der großen Theologie dieser Zeit neue Wege, neue Einsichten eroffnet haben, kommentiert“,
[18]
so angeblich alle Werke des antiken Philosophen
Aristoteles
und des
Dionysios Areopagita
.
[19]
Die wichtigste Folge seiner Arbeit ist die Begrundung der christlichen
Aristotelik
, damit der Hoch
scholastik
und letztlich der modernen Naturwissenschaft. Er edierte, kommentierte und erweiterte die Werke des Aristoteles, die jetzt in lateinischer Ubersetzung vorlagen, u. a. die
Physica
,
De generatione et corruptione
und die
Meteorologica
. Bis zu Alberts Wirken waren die Werke von Aristoteles in der
christlichen Welt
wegen ihres
heidnischen
Ursprungs umstritten. Albertus setzte sich auch auf kirchenpolitischer Ebene massiv fur die Aufnahme der aristotelischen Werke in den Kanon christlicher Schulen ein.
Albertus Magnus hielt die
Alchemie
fur diejenige der Kunste, die der Natur am Nachsten kommt.
[20]
Viele der angeblich von ihm stammenden Schriften zur Alchemie sind spatere Unterschiebungen. Sein fur die Alchemie wichtigstes Werk ist
De mineralibus
(uber Minerale). Er folgt Aristoteles in der Untersuchung formender Prinzipien in der Materie (zusammengesetzt aus den vier Elementen, die in unterschiedlicher Zusammensetzung deren Eigenschaften bestimmen) und unterscheidet oberflachliche Umwandlungen, die nur Eigenschaften wie Farbe und Gewicht andern, von tatsachlichen Transmutationen. Nach Albertus Magnus oder Pseudo-Albertus Magnus
[21]
kann der Alchemist unedle Metalle durch Sauberung in edlere Metalle umwandeln, was er mit Medikamenten in der Medizin vergleicht, die den Korper reinigen. Umwandlungen von Metallen (oberflachlicher und substanzieller Art) geschehen durch Einwirkung des Prinzips des Feuers (Warme), astrologischen Einflussen und der beiden metallbildenden Prinzipien Schwefel und Quecksilber, worin er der arabischen Lehre folgt. Gold herzustellen sei den Alchemisten allerdings noch nicht gelungen, ihm selbst sei in Versuchen noch nicht einmal die Herstellung wirklich feuerbestandiger Metalle gelungen. Seine Darstellung lasst Vertrautheit mit arabischer und antiker Literatur zur Alchemie erkennen. Er beschreibt detailliert chemische Verfahren wie Destillation (mit fortgeschrittenen Methoden wie Wasserbad), Sublimation, die Trennung von Gold und Silber mit
Scheidewasser
oder die Gewinnung von
Arsenik
, sowie verschiedene Chemikalien z. B. Weingeist (Alkohol, als brennbare Flussigkeit auf starkem Wein) und
Weinstein
(lat.
tartratus, tatratum
, dt. Niederschlag),
Alaun
und
Vitriol
, also Mineralsauren und deren Salze, verschiedene Metalle und Legierungen, Grunspan und anderes.
[22]
Allerdings ist, wie erwahnt, bei einigen Schriften nicht klar, ob es nicht spatere Unterschiebungen sind. Beispielsweise wird
Schwarzpulver
im Werk
De Mirabilibus Mundi
erwahnt und folgt dort dem Rezept im
Liber Ignium
, die Zuschreibung an Albertus Magnus wird aber allgemein bezweifelt.
[23]
Daruber hinaus gelten einige seiner naturwissenschaftlichen Arbeiten im jeweiligen Wissenschaftssektor als bahnbrechend: So die erste ausfuhrliche Darstellung der mitteleuropaischen
Flora
[24]
[25]
[26]
und
Fauna
[27]
, seine geografischen Beschreibungen, sowie sein
anthropologisches
Werk
De homine
[28]
. Seine Arbeiten zur Gesteinskunde stellen den ersten Versuch dar, eine vollstandige Systematik fur Mineralien zu entwickeln.
Im Versuch, das naturphilosophische Denken des Aristoteles mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren, arbeitete er das gesamte Wissen seiner Zeit aus Theologie, Philosophie, Medizin und Naturwissenschaften durch, ohne es jedoch in einer
Systematik
geschlossen darzustellen.
?Insgesamt 477 durchnummerierte Arten von Tieren sind in seinem Sammelwerk
De animalibus
[29]
aufgefuhrt, und zwar 113 Vierfußler, 114 fliegende, 140 schwimmende und 61 kriechende Tiere sowie 49 Wurmer. Unter Berufung auf Aristoteles erklart der Autor, auch die niedrigsten Tiere verdienen, dass man sie erforsche, musse man doch ihre Formenvielfalt studieren, um so den Kunstler zu preisen, der sie erschaffen habe, weil sich namlich in der Kunst des Schopfers seine Art zu schaffen offenbare.“
[30]
Nach seinem Tod wurde Albert zu einer Gestalt der Legende.
[31]
[32]
Anknupfend an seine Gelehrsamkeit und seine Beschaftigung mit Magie
[33]
und Alchemie wurden allerlei umlaufende Marchen- und Sagenmotive aufgegriffen und mit seiner Vita verbunden, wie etwa in dem Meisterlied
Albertus Magnus und die Tochter des Konigs von Frankreich
[34]
aus dem 15. Jahrhundert. Nach einer anderen Legende hatte Albert eine ?redende Bildsaule“ geschaffen, die sein Schuler Thomas von Aquin zerstorte.
[31]
[32]
Diese Geschichte ist in dem Sinne sinnbildlich wahr, dass Alberts Denken in der Folgezeit ohne großen Einfluss war und dass stattdessen Thomas von Aquin weite Beachtung fand.
[31]
Die erste Biografie zu Albertus Magnus verfasste 1486
Petrus de Prussia
, der damit der Kanonisierung zuarbeiten wollte.
[35]
Da Albert 1622 selig- und erst 1931 heiliggesprochen wurde,
[36]
waren Albertusbilder nicht zu fruh von offizieller katholischer Seite auf bestimmte Darstellungstypen festgelegt. Darum konnte sich eine motivische Vielfalt entwickeln, die auch manche Legenden mit einbezog. So findet sich auf einigen unter den sogenannten ?Alberti-Tafeln“ (auch
Albertibildern
), die es vor allem in Suddeutschland gibt, die Darstellung eines legendaren Hostienwunders, wonach Albert die heilige
Hostie
gezwungen habe, ihm Geheimes mitzuteilen. Weil Albert im Unterschied zu anderen
Hostienwunder
-Legenden dabei Zwang ausubt, erscheint er gewissermaßen in der Rolle eines beschworenden Magiers.
[37]
Da sich der Dominikanerorden seit 1278
[38]
zunehmend auf die Lehre des Thomas von Aquin festlegte, hat Alberts Denken meist keinen gleichermaßen bedeutenden direkten Einfluss gehabt. An der alten Kolner Universitat gab es im funfzehnten Jahrhundert eine Albertistenschule, die aber mit der Philosophie Alberts nicht sehr viel zu tun hatte.
Nach einem auf
Carl von Prantl
(1820?1888) zuruckgehenden philosophiehistorischen Topos soll Albert nur ein Polyhistor gewesen sein, der in seinen Werken rohe und unverdaute Materialien zusammenstellte. Wegen der Kanonisierung des Thomas von Aquin wurde das theologische Werk Alberts sehr rasch beiseitegeschoben und stattdessen die naturwissenschaftlichen Interessen Alberts betont. Die Neubewertung seiner philosophischen Stellung geht erst auf die letzten Jahre zuruck und ist noch nicht abgeschlossen. Insbesondere die eigentliche philosophisch bedeutsame Fortwirkung Alberts bei den deutschen Dominikanern des 13. und 14. Jahrhunderts wird erst seit einigen Jahrzehnten erkannt (Loris Sturlese, Alain de Libera). An einige
neuplatonische
,
avicennische
[39]
und zum Teil auch
averroistische
Motive seines Denkens schlossen sich
Dietrich von Freiberg
,
Berthold von Moosburg
,
Ulrich von Straßburg
und
Meister Eckhart
an.
1931 wurde das Albertus-Magnus-Institut in Koln gegrundet, das 1954 nach
Bonn
verlegt wurde.
Im Laufe des 14.,
[40]
15. und 16. Jahrhunderts
[41]
wurden Albert falschlicherweise zahlreiche magische, alchemistische
[42]
und heilkundliche
[43]
Traktate (wie zum Beispiel die im spaten 13. Jahrhundert entstandenen
Secreta mulierum
)
[44]
[45]
[46]
zugeschrieben.
[47]
[48]
[49]
Auch im 19. Jahrhundert kursierten derartige pseudo-albertischen Texte.
[50]
[51]
- Alberts Namen tragen Dutzende von Schulen sowie zahlreiche Kirchen und Kapellen.
Siehe
:
Albertus-Magnus-Schule
sowie
Albertus-Magnus-Kirche
.
- Mehrere Studentenverbindungen haben sich nach ihm benannt, etwa die K. St. V. Albertia zu Munchen, die AV Albertus Magnus zu Tubingen, die K. A. FV. Albertia zu Koln und in Osterreich die K. O. A. V. Albertina Graz.
- Das 1892 gegrundete Theologenkonvikt
Collegium Albertinum
des Erzbistums Koln in Bonn wurde nach Albertus Magnus benannt.
- Um 1900 grundeten sich in deutschen Diozesen Albertus-Magnus-Vereine zur Forderung katholischer Studenten.
[52]
- Das
Albertinum (Gleiwitz)
erhielt 1931 den Namen.
- Seit 1985 vergibt die
Diozese Augsburg
den Albertus-Magnus-Preis; bis 2013 wurden 15 Mitglieder der Katholisch-Theologischen Fakultat der
Universitat Augsburg
damit ausgezeichnet.
[53]
Nach vierjahriger Pause wurde der Preis 2018 durch Bischof
Konrad Zdarsa
an Pfarrer Andreas Jall und die Theologin Carolin Neuber fur herausragende Dissertationen verliehen.
[54]
- 2001 wurde der
Asteroid
(20006) Albertus Magnus
nach Albertus Magnus benannt.
- 2004 richtete die
Universitat zu Koln
in Zusammenarbeit mit dem
Thomas-Institut
die
Albertus-Magnus-Professur
ein, auf die renommierte auslandische Wissenschaftler berufen werden.
- 2014 grundete Bischof
Rudolf Voderholzer
im
Bistum Regensburg
das
Akademische Forum Albertus Magnus
, das den Dialog zwischen Wissenschaft und Theologie und zwischen Gesellschaft und Kirche nach dem Vorbild des hl. Albert fordern soll.
[55]
- Der Botaniker und Historiker
Ernst Meyer
benannte 1838 eine Pflanze nach ihm,
Alberta magna
E. Mey.
; sie gehort zu den
Rotegewachsen
und gedeiht nur im sudostlichen Afrika.
Gleiches war bereits auf einer Marke aus der Serie
Bedeutende Deutsche
vom 18. September 1961 der Fall.
15. November
im
Regionalkalender fur das deutsche Sprachgebiet
Albertus-Tag bei der AV Rheinstein in
Koln
im
Evangelischen Namenkalender
[57]
Es handelt sich dabei um die vom Dominikanerorden selbst herausgegebene erste Gesamtausgabe der Werke von Albert, welche auf dem Generalkapitel 1644 beschlossen wurde. Der Theologieprofessor und Dominikaner Pierre Jammy (aus dem Languedoc, gest. 1665 in Grenoble)
[58]
und die anderen Editoren der Ausgabe hatten weniger Handschriften zur Verfugung als man heute kennt und haben ihre Rekonstruktion des Textes subjektiv vorgenommen.
[59]
Die Ausgabe enthalt auch Texte, die falschlicherweise Albert zugeschrieben werden. Die Ausgabe bestand aus 21 Folio-Banden und erschien in Lyon.
- Vollstandige Edition (
Alberti Magni Opera omnia
). 38 Bande. Hrsg. von August(us) Borgnet. Paris 1890?1899. (
Online
) (= Ausgabe Borgnet)
- Hermann Stadler
(Hrsg.):
Albertus Magnus, De animalibus libri XXVI.
Nach der Colner Urschrift herausgegeben. 2 Bande. Munster in Westfalen 1916?1920 (=
Beitrage zur Geschichte der Philosophie des Mittelalters.
Band 15?16). ?
Digitalisat
.
- Derzeit erscheinende kritische Ausgabe des Albertus Magnus Instituts (=
editio Colonensis
):
Alberti Magni Opera Omnia.
Aschendorff, Munster S. 1951 ff. (seit Herbst 2011 auch als digitale Edition zur Subskription)
- fur ein vollstandiges Werkverzeichnis vgl.
- Winfried Fauser:
Die Werke des Albertus Magnus in ihrer handschriftlichen Uberlieferung.
Aschendorff, Monasterii Westfalorum 1982,
ISBN 3-402-03990-7
.
- sowie R. Schonberger, B. Kible:
Repertorium edierter Texte des Mittelalters, aus dem Bereich der Philosophie und angrenzender Gebiete.
Berlin 1994, 10501-10639.
- den Eintrag bei
Alcuin
; fur uberlieferte Handschriften vgl. die Eintrage in
Manuscripta Mediaevalia
- Pseudo-Albertina
- Uber die Prinzipien der fortschreitenden Bewegung / Liber de principiis motus processivi.
Lateinisch-Deutsch. Ubersetzt von Jurgen Wetzelsberger. Eingeleitet und kommentiert von Henryk Anzulewicz und Jurgen Wetzelsberger. Herder, Freiburg i. Br./Basel/Wien 2014,
ISBN 978-3-451-34187-8
.
- Uber Logik und Universalienlehre.
Auf der Grundlage der
Editio Coloniensis
ubersetzt und neu hrsg. von Uwe Petersen und Manuel Santos Noya. Meiner, Hamburg 2012,
ISBN 978-3-7873-2221-3
.
- Albertus Magnus und sein System der Wissenschaften. Schlusseltexte in Ubersetzung.
Lateinisch-Deutsch. Hrsg. vom Albertus-Magnus-Institut. Aschendorff, Munster 2011,
ISBN 978-3-402-12930-2
.
Auszug (Zeittafel) als Digitalisat
- Uber die funfzehn Streitfragen / De quindecim problematibus.
Lateinisch-Deutsch. Nach dem Text der Editio Coloniensis hrsg. von Henryk Anzulewicz und Norbert Winkler, ubersetzt von Henryk Anzulewicz, eingeleitet und kommentiert von Norbert Winkler. Herder, Freiburg im Breisgau/Basel/Wien 2010,
ISBN 978-3-451-31069-0
.
- Buch uber die Ursachen und den Hervorgang von allem aus der ersten Ursache.
Liber de causis et processu universitatis a prima causa
.
Nach dem Text der Editio Coloniensis ubersetzt und hrsg. von Henryk Anzulewicz u. a. Meiner, Hamburg 2006,
ISBN 978-3-7873-1784-4
.
- Uber die Natur und den Ursprung der Seele.
Liber de natura et origine animae. Ubersetzt und eingeleitet von Henryk Anzulewicz. Herder, Freiburg im Breisgau/Basel/Wien 2006,
ISBN 3-451-28698-X
.
- Uber den Menschen. De homine.
Nach dem kritisch erstellten Text ubersetzt und hrsg. von Henryk Anzulewicz. Meiner, Hamburg 2004,
ISBN 3-7873-1547-0
.
- Von Falken, Hunden und Pferden. Deutsche Albertus-Magnus-Ubersetzung aus der 1. Halfte des 15. Jahrhunderts.
Eingeleitet und hrsg. von
Kurt Lindner
. (Originaltitel:
Liber de animalibus
). De Gruyter, Berlin 1962 (=
Quellen und Studien zur Geschichte der Jagd.
Band 7?8).
- Commentaire de la ?Theologie mystique“ de Denys le Pseudo-Areopagite suivi de celui des Epitres I?V. Super Dionysii Mysticam theologiam et Epistulas.
Einleitung, Ubersetzung, Bemerkungen und Index von Edouard-Henri Weber. Ed. du Cerf, Paris 1993,
ISBN 2-204-04712-0
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Ausgewahlte Texte.
Lateinisch-deutsch. Mit einer Kurzbiographie. 2. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1987,
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Lateinisch-deutsch. Eingeleitet und ubersetzt von Maria Burger. Herder, Freiburg im Breisgau 2014 (=
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Albertus Magnus und der Ursprung der Universitatsidee. Die Begegnung der Wissenschaftskulturen im 13. Jahrhundert und die Entdeckung des Konzepts der Bildung durch Wissenschaft.
Berlin University Press, Berlin 2011,
ISBN 978-3-86280-007-0
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Meinolf Lohrum:
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ISBN 3-7608-8906-9
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Vgl. auch Elias H. Fullenbach:
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In: Viliam S. Doci, Gianni Festa (Hrsg.):
Fra trionfi e sconfitte. ?Politica della santita“ dell’Ordine dei predicatori.
Rom 2021 (=
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Band 39), S. 131?147.
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Vgl. dazu Genoveva Nitz:
Albertus Magnus in der Volkskunst.
Die Alberti-Tafeln, Schnell & Steiner, Munchen/Zurich 1980.
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Vgl. etwa
Kurt Flasch
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Meister Eckhart. Die Geburt der ?Deutschen Mystik“ aus dem Geist der arabischen Philosophie.
C. H. Beck, Munchen 2006, S. 37 ff.
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Ingrid Craemer-Ruegenberg:
Albertus Magnus.
1980, S. 75.
- ↑
Vgl. etwa Pearl Kibre:
An Alchemical Tract Atrributed to Albertus Magnus.
In:
Isis.
Band 35, 1944, S. 303?316.
- ↑
Alberti cognomento Magni De secretis mulierum, Liber I; De virtutibus herbarum, lapidum et animalium quorundam, Liber I; De mirabilibus mundi […], Liber I; omnia iam recens sedulo recognita, scholiisque illustratam.
Lyon (Jacob Junta) 1558.
- ↑
etwa
Speculum alchemiae
. Vgl.
Gerhard Baader
:
Die Antikerezeption in der Entwicklung der medizinischen Wissenschaft wahrend der Renaissance.
In:
Rudolf Schmitz
, Gundolf Keil (Hrsg.):
Humanismus und Medizin,
Weinheim 1984, S. 51?66, hier: s. 54.
- ↑
Margaret Schleissner:
Secreta mulierum.
In:
Verfasserlexikon
.
2. Auflage. Band 8, Sp. 986?993.
- ↑
Margaret Schleissner:
Pseudo-Albertus Magnus: ?Secreta mulierum“. Ein spatmittelalterlicher Prosatraktat uber Entwicklungs- und Geburtslehre und die Natur der Frauen.
In:
Wurzburger medizinhistorische Mitteilungen.
Band 9, 1991, S. 115?124.
- ↑
Brigitte Kusche:
Zur ?Secreta mulierum“-Forschung.
In:
Janus.
Band 62, 1975, S. 103?123.
- ↑
Vgl. auch Brigitte Kusche:
Eine mittelniederdeutsche Handschrift aus dem 15. Jh.
Germanistische Lizentiatsabhandlung Stockholm 1971 (Handschrift der
Secreta mulierum
).
- ↑
Christoph Ferckel:
Die Secreta mulierum und ihr Verfasser.
In:
Sudhoffs Archiv.
Band 7, 1914, S. 47 f. (
Digitalisat).
- ↑
Margaret Schleissner:
Pseudo-Albertus Magnus, Secreta mulierum cum commento, Deutsch. Critical text and commentary.
Philosophische Dissertation Princeton 1987.
- ↑
Vgl. auch Peter Amelung (Hrsg.):
Albertus Magnus, Daraus man alle Heimligkeit deß Weiblichen geschlechts erkennen kann.
Faksimile-Ausgabe des Drucks Frankfurt am Main 1581. Stuttgart 1966; erganzte Neuauflage 1977.
- ↑
Albertus Magnus: Bewahrte und approbirte sympathetische und naturliche egyptiche Geheimnisse fur Menschen und Vieh […]
, I-IV, 20. Auflage, angeblich Toledo, ohne Jahr (nach 1814, um 1822).
- ↑
Vgl. auch
Phillip Blommaer
(Hrsg.):
Der vrouwen heimelykheit. Dichtwerk der XIVe eeuw.
Gent [1846] (=
Maetschappy der Vlaemsche bibliophilen.
2e serie, No. 3).
- ↑
pacelli-edition.de
- ↑
Albertus-Magnus-Preis auf der Seite der Universitat Augsburg
(
Memento
vom 29. November 2014 im
Internet Archive
)
- ↑
Pressemitteilung des Bistums zur Preisverleihung 2018
, abgerufen am 2. Dezember 2018
- ↑
Eroffnungsvortrag des Akademischen Forum Albertus Magnus.
Abgerufen am 15. Oktober 2018
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- ↑
stadt-koeln.de: Skulpturen des vierten Obergeschosses
, abgerufen am 15. Januar 2015
- ↑
Albertus Magnus im Okumenischen Heiligenlexikon
- ↑
McClintock, Strong, Biblical Cyclopeda
, Eintrag Pierre Jammy
- ↑
Gilles Gerard Meersseman:
Die neue Kolner (1951) und die erste Lyoner (1651) Gesamtausgabe der Werke Alberts des Großen
. In:
Divus Thomas
.
Band
30
. Freiburg (Schweiz) 1952,
S.
107–114
(102-114 S.,
e-periodica.ch
).