Albert Bierstadt
(*
7. Januar
1830
in
Solingen
; †
18. Februar
1902
in
New York City
) war ein
US-amerikanischer
Landschaftsmaler
deutscher
Herkunft.
Als Bierstadt zwei Jahre alt war, verließen seine Eltern gemeinsam mit zwei weiteren Sohnen
Deutschland
und siedelten sich 1833 in
New Bedford
,
Massachusetts
an, damals ein wichtiges Zentrum der US-amerikanischen
Walfangindustrie
. Bierstadts Vater hatte dort Arbeit als
Kellermeister
gefunden. Uber seine Jugendjahre ist wenig bekannt. 1850 begann Bierstadt, der
Autodidakt
war, eine professionelle Laufbahn als
Zeichenlehrer
. In dieser Fruhphase lernte er
Daguerreotypisten
kennen, die sein Interesse fur
Fotografien
weckten. Seine Bruder Charles Bierstadt (1819?1903) und Edward Bierstadt (1824?1906) wurden Berufsfotografen.
In der Absicht, von dem
Cousin
seiner Mutter, dem Maler
Johann Peter Hasenclever
, eine formale Ausbildung zu erhalten, ging er 1853 zuruck nach Deutschland. Kurz vor Bierstadts Ankunft in
Dusseldorf
starb Hasenclever. Bierstadt kam bei dessen Malerfreunden unter, die ihn unterstutzten. Von 1853 bis 1857 studierte er an der
Kunstakademie Dusseldorf
, unter anderem
Landschaftsmalerei
bei
Carl Friedrich Lessing
und
Andreas Achenbach
sowie anderen Vertretern der
Dusseldorfer Malerschule
. Er schloss sich dem sechs Jahre alteren Maler
Emanuel Leutze
an, in den USA aufgewachsen wie er und ebenfalls auf der Suche nach seinen europaischen Wurzeln. Gemeinsam mit anderen Malerfreunden ?
Sanford Robinson Gifford
und
Worthington Whittredge
? bereiste er Deutschland, die
Schweiz
und
Italien
. Hier fertigte er zahlreiche Skizzen an, die er spater im Atelier als Vorlage fur großflachige Olgemalde verwandte; das
Monumentale
sollte sein Markenzeichen werden.
Im Juli 1857 kehrte er in die USA zuruck, organisierte zunachst Kunstausstellungen in seiner Heimatstadt und zog dann in die Nahe von
New York City
, wo er rasch Anerkennung fand. 1858 zeigte er erstmals einige seiner großformatigen Arbeiten bei der Jahresausstellung der
National Academy of Design
:
Sein Gemalde des
Vierwaldstattersees
mit den
Schweizer Alpen
im Hintergrund fand großen Anklang ? Bierstadt wurde 1860 zum Mitglied (
NA
) der Akademie gewahlt.
[1]
Im Fruhling und Sommer des Jahres 1859 nahm er an einer
Expedition
in den
Westen
teil: Der Oberst Frederick W. Lander hatte vom
US-Innenministerium
den Auftrag erhalten, eine
Planwagenstrecke
nach
Kalifornien
auszukundschaften. Bierstadt studierte vor allem Gegenden in
Colorado
und
Wyoming
und brachte zahlreiche Skizzen, Fotografien und
indianische
Artefakte
mit nach Hause. Er bezog ein Atelier in dem beruhmten Kunstlerhaus
The Tenth Street Studio Building
[2]
in
Manhattan
, wo er seine neuen Bilder des amerikanischen Westens ausstellte und bald beruhmt wurde.
Bierstadts Arbeiten sind meist
romantisch-verklart
und selten
realistisch
. Oft anderte er um des Effektes willen Details und liebte dramatische Lichteffekte. Bierstadt steht in der Tradition der akademischen Landschaftsmalerei und des Konzepts der
heroischen Landschaft
, wie sie in Europa ublich waren. Hierbei werden Landschaften nicht schlicht ?abgemalt“, sondern in akademischer Manier
komponiert
? bestimmte Landschaftstypen losen im Menschen nach Uberzeugung der abendlandischen Maltradition bestimmte Emotionen beim Betrachter aus. In dieser Tradition arbeitete auch Bierstadt.
1863 unternahm er in Begleitung des Schriftstellers
Fitz Hugh Ludlow
, eine Reise durch die
Rocky Mountains
, das
Yosemite Valley
, durch
Oregon
zum
Columbia River
bis an die Kuste des
Pazifischen Nordwestens
Amerikas; Ludlow veroffentlichte uber diese Reise spater ein Buch.
Ludlow und seine Frau Rosalie Osborne (?1841?1893) hatten 1864 eine Ehekrise. Rosalie wurde im Mai 1866 geschieden; einige Monate spater heiratete sie Bierstadt.
[3]
1867 begab er sich in Begleitung seiner Frau zu einem zweieinhalbjahrigen Aufenthalt nach Europa, wo er bereits zu großer Beruhmtheit gelangt war. Zwei seiner Bilder ?
The Rocky Mountains, Lander’s Peak
(1863) und
Storm in the Rocky Mountains, Mount Rosalie
(1866) wurden in
London
Konigin Victoria
vorgestellt. Die Meinung der Kritiker war allerdings geteilt. 1868 wurden seine Werke in der
Koniglichen Akademie der Kunste Berlin
ausgestellt, und er bekam fur sein Bild
Among the Sierra Nevada Mountains
eine Goldmedaille verliehen.
Bierstadt hielt Kontakt zu Malern der
Schule von Barbizon
und zu englischen Landschaftsmalern. 1867 wurde ihm der Orden der
Franzosischen Ehrenlegion
verliehen, 1869 der osterreichische
Sankt-Stanislaus-Orden
.
Von 1871 bis 1873 lebte er mit seiner Frau in Kalifornien, bereiste noch einmal den Westen und
Kanada
und besuchte die
Bahamas
, wo seine Frau, die an
Schwindsucht
erkrankt war, des milden Klimas wegen Wohnung bezogen hatte. Um 1874 bezog er mit seiner Frau in
Irvington-on-Hudson
die
Villa Malkasten
, ein nach dem Dusseldorfer
Malkasten-Haus
benanntes stattliches Landhaus mit großem Landschaftspark am
Tappan Zee
, einer Verbreiterung des
Hudson River
, knapp 40 Kilometer vor dem Zentrum
New York Citys
gelegen. Diese Villa, die etwa einen guten Kilometer vom Flussufer entfernt auf einer Anhohe stand, ganz in der Nahe von
Washington Irvings
Landsitz
Sunnyside
, verfugte uber große Atelierraume und eine großartige Aussicht auf die Landschaft.
[4]
Auf Reisen, die Bierstadt weiterhin unternahm, entstanden mehrere hundert Skizzen fur spatere Olbilder. Bis in die 1880er Jahre reiste der außerst produktive Bierstadt noch durch Nordamerika und schuf Auftragsarbeiten, unter anderem fur die US-amerikanische Regierung. Zwei seiner Monumentalwerke hangen im
Capitol
in
Washington, D.C.
[5]
Nachdem Bierstadts Villa mit Atelier in Irvington-on-Hudson 1882 vollstandig ausgebrannt war und er dabei alle seine noch unverkauften Bilder verloren hatte, zog er endgultig nach New York City. Allmahlich schwand in dieser Zeit das Interesse an seinen Werken. Die US-amerikanische Gesellschaft war ganz auf technischen Fortschritt und
industrielle Entwicklung
ausgerichtet. Im ausgehenden 19. Jahrhundert, in dem in der Kunst
Realismus
und
Naturalismus
im Schwange waren, fanden
romantisch
inspirierte Monumentallandschaften, die einen heilen
Garten Eden
idealisierten und dessen Gefahrdung pathetisch beschworen, kaum noch Anklang. Sein riesiges Gemalde
The Last of the Buffalo
, das er fur die
Pariser Weltausstellung 1889
einreichte, wurde vom US-amerikanischen Auswahlkomitee abgelehnt.
Der Tod seiner Frau 1893 und andere Schicksalsschlage belasteten den alternden Kunstler, der vereinsamt und mittellos im Jahr 1902 in New York verstarb; bereits 1895 hatte er seinen
Bankrott
erklaren mussen. Nach seinem Tod war Bierstadt bald nahezu vollig vergessen, bis er in den 1960er Jahren im Zuge der Natur- und
Umweltbewegung
in den USA wiederentdeckt wurde. Vor allem seine kleinen, als ?Vorarbeiten“ gedachten Olskizzen wurden wieder ausgestellt und fanden spate Anerkennung. In den Wohnungen vieler amerikanischer Familien hangen heute wieder Reproduktionen seiner das Paradies des ?
Wilden Westens
“ beschworenden Bilder.
Heute gilt Albert Bierstadt als einer der bedeutendsten Maler der
Dusseldorfer Malerschule
. Auch der
Hudson River School
, gelegentlich auch
Rocky Mountain School
genannt, wird er zugeordnet. Dabei handelte es sich um einen losen Zusammenschluss von US-amerikanischen Ostkusten-Malern, die in ihren monumentalen Landschaftsbildern den unberuhrten amerikanischen Westen als Garten Eden der
Neuen Welt
verklarten. Bierstadts Werke hangen in den bedeutendsten Museen der USA und Europas und erzielen bei namhaften internationalen Auktionshausern (etwa bei Christie’s) bisweilen Preise im siebenstelligen Bereich.
[6]
1898 wurde er in die
American Academy of Arts and Letters
gewahlt.
[7]
- Canyonlandschaft
(um 1860),
Kunstmuseum Solingen
, Solingen-Grafrath
- The Rocky Mountains, Lander’s Peak
(1863),
Museum of Modern Art
,
New York City
[8]
- Looking Down Yosemite Valley, California
(1865),
Birmingham Museum of Art
,
Alabama
- Storm in the Rocky Mountains, Mount Rosalie
(210,8 × 361,3 cm) 1866, The
Brooklyn Museum
, New York City
[9]
- The Domes of the Yosemite
(1867), St. Johnsbury Athenaeum,
Vermont
[10]
- Emigrants Crossing the Plains
(1867), National Cowboy Hall of Fame,
Oklahoma City
[11]
- Valley of Kern’s River, California
(1875),
Eremitage
,
Sankt Petersburg
- The Shore of the Turquoise Sea
(1878), Privatbesitz
- Sunlight Through Storm
(1870/80),
Nordfriesisches Museum. Nissenhaus Husum
- The Last of the Buffalo
(1888), Corcoran Gallery of Art, Washington, D.C.
- Matthew Baigell:
Albert Bierstadt
. New York 1981,
ISBN 0-8230-0493-7
.
- Gordon Hendricks:
Albert Bierstadt, Painter of the American West
. New York 1973,
ISBN 0-517-66284-1
.
- Stephan Koja (Hrsg.):
America (sic!). Die Neue Welt in Bildern des 19. Jahrhunderts
. Prestel-Verlag, Munchen, London, New York 1999,
ISBN 3-7913-2051-3
.
- Albert Bierstadt,
in: Karsten Muller, Ortrud Westheider (Hrsg.):
Neue Welt. Die Erfindung der amerikanischen Malerei
. Hirmer-Verlag, Munchen 2007, S. 192?201.
- Werke von
Albert Bierstadt
bei
Zeno.org
.
- Paintings by Albert Bierstadt in Chronological Order
- Kurzbio mit Foto
- William S. Talbot uber die Westexpedition
- Michaela Maier:
Albert Bierstadt: Rocky Mountains ? Lander's Peak
. Heidelberg 1999 (Magisterarbeit)
(PDF-Datei; 580 kB)
- Lance Mayer, Gay Myers:
Bierstadt and Other 19th-Century American Painters in Context
(JAIC, 1999, Volume 38, Number 1, Article 6, pp. 55?67)
- Kunstmuseum Solingen
- Paola von Wyss-Giacosa
:
Bierstadt, Albert.
In:
Sikart
(Stand: 2018)
- Bio Bierstadt in National Gallery of Art
- Yosemite Valley
by Albert Bierstadt sold at Sotheby’s, New York for 2,517,000 USD
, 2014