Dieser Artikel befasst sich mit der Terrororganisation al-Dschihad. Fur den islamischen Begriff siehe
Dschihad
.
Al-Dschihad
, wortl. ?heiliger Krieg“, auch geschrieben
al-Gihad
oder
al-Jihad
, oder besonders missverstandlich
Islamischer Dschihad
(der Name
Islamischer Dschihad
bezieht sich in aller Regel auf die palastinensische Terrororganisation) ist eine ehemalige
agyptische
Terrororganisation
, die mittlerweile unter
Aiman az-Zawahiri
in
al-Qaida
aufgegangen ist. Die Bewegung entstand als jugendliche Splittergruppe der agyptischen
sunnitisch
-
islamistischen
Muslimbruder
, die von den Buchern
Sayyid Qutbs
beeinflusst wurden, insbesondere von seinem Pamphlet
Zeichen auf dem Weg
.
Mehrere fuhrende al-Qaida-Mitglieder sind oder waren Agypter, so beispielsweise
Mohammed Atef
,
Ali Mohammed
und
Mohammed Atta
.
Auch
Saif al-Adel
(eigentlich Muhammad Ibrahim Makkawi) und Zarqawi-Nachfolger
Abu Ayyub al-Masri
haben einen al-Dschihad-Hintergrund.
Am 6. Oktober 1981 wurde
Mohammed Anwar as-Sadat
wahrend einer
Militarparade
in
Kairo
, die an die Uberquerung des
Suezkanals
zu Beginn des
Jom-Kippur-Krieges
erinnerte, durch einen Angriff von vier
Islamisten
der Gruppe al-Dschihad (Heiliger Krieg) ermordet.
[1]
al-Dschihad, eine Abspaltung der
Gamaa Islamija
, gefuhrt von
Abd as-Salam Faradsch
(Kairo) und Karam Zuhdi (Mittelagypten) und ihr Mufti Scheich
Umar Abd ar-Rahman
, ein blinder Professor der
al-Azhar-Universitat
, betrachteten Sadat als unrechtmaßigen Herrscher, weil er nicht ausschließlich auf Grundlage der
Scharia
herrschte. Sie sahen seine Ermordung als notwendiges und angemessenes Mittel zur Errichtung der von ihr angestrebten Form eines islamischen Staates.
[2]
Wahrend konfessioneller Unruhen im Gebiet von az-Zawiya al-Hamra 1981 ermordete die mittelagyptische Gruppe von al-Dschihad sechs
koptische
Christen, die reiche Goldschmiede waren, und erbeutete nach Aussage ihres Fuhrers Karam Zuhdi funf Kilogramm Gold und 3000 agyptische Pfund, mit deren Hilfe Waffen fur die Organisation erworben wurden.
[3]
Zur Unterdruckung dieser Unruhen wurden auf Anweisung von Sadat etwa 1500 Oppositionelle im Raum
Assiut
verhaftet, darunter Muhammad al-Islambuli, Leiter der Dschama?at sowie der betriebswirtschaftlichen Fakultat von Assiut, Bruder des damals 24-jahrigen al-Dschihad-Mitglieds und Oberstleutnants der Artillerie Chalid al-Islambuli.
Dieser unterbreitete neun Tage vor der Militarparade, auf der er ein gepanzertes Fahrzeug fuhren sollte, Abd as-Salam Faradsch den Vorschlag, die drei Soldaten, die neben ihm sitzen sollten, durch Komplizen zu ersetzen, das Fahrzeug auf Hohe der Tribune zu stoppen und dort mit Handgranaten und Maschinengewehren Sadat zu ermorden. Er brauchte dafur Munition (die Waffen der paradierenden Soldaten waren nicht geladen) und Handgranaten.
[4]
Am 26. September beschlossen die in Saft al-Laban, einem Kairoer Elendsviertel, zusammengerufenen Fuhrer und Unterfuhrer der Gruppen aus Kairo und Mittelagypten das Attentat und den anschließenden Start einer Volksrevolution in Kairo und Assiut.
[5]
Chalid al-Islambuli beurlaubte die drei Soldaten, die als seine Beifahrer eingeteilt waren, und schleuste am 5. Oktober drei Komplizen in die Kaserne. Weil Offiziere nicht durchsucht wurden, schmuggelte er selbst Gewehrmunition und die Handgranaten ein.
[6]
Die Attentater brachten vor laufenden Fernsehkameras den gepanzerten Militarlastwagen vor der Tribune zum Stehen, sturmten darauf zu und eroffneten das Feuer mit Handgranaten und Maschinengewehren. Die Granaten verfehlten die Tribune, aber die Kugeln toteten Anwar as-Sadat, dessen Leibwachter uberwiegend davonstoben, und weitere Menschen auf der Tribune.
[7]
Der Anfuhrer der Attentater rief horbar in der Aufzeichnung des amerikanischen Fernsehens:
Ich habe den Pharao getotet.
[8]
Wahrend in Kairo nur eine Bombe explodierte, gingen am 8. Oktober Zuhdis Manner in Assiut zum Angriff uber, um die Volksrevolution auszulosen. Da dies der erste Tag des
Opferfestes
war, das traditionsgemaß zu Hause in der Familie verbracht wird, gelang der uberraschende Schlag gegen das Hauptquartier der Sicherheitspolizei, das nur von einem Bereitschaftsdienst unter Fuhrung eines christlichen Offiziers besetzt war. Dieser wurde enthauptet, die Schawisch-s, schlecht bezahlte Polizisten, niedergemetzelt. Die mittelagyptische Polizei konnte die Stadt nicht unter ihre Kontrolle bringen, doch am ubernachsten Tag zerschlugen aus Kairo eingeflogene
Fallschirmjager
die Rebellion.
[8]
Die erhoffte islamische Volksrevolution blieb aus, Nachfolger Sadats wurde sein Stellvertreter
Muhammad Husni Mubarak
.
Den Trauerzug am Tage der Beisetzung begleiteten zahlreiche westliche Politiker, so die ehemaligen Prasidenten der Vereinigten Staaten
Jimmy Carter
,
Richard Nixon
und
Gerald Ford
, sowie
Prinz Charles
von England, der deutsche Kanzler
Helmut Schmidt
, der damalige Prasident Frankreichs,
Francois Mitterrand
, sowie politische Fuhrer aus der
Sowjetunion
und Afrika. Außer dem Prasidenten des
Sudan
,
Numeiri
, und dem Prasidenten
Somalias
,
Siad Barre
, war kein arabischer Fuhrer gekommen, um Sadat die letzte Ehre zu erweisen. In
Libyen
und im
Sudlibanon
wurde sein Tod sogar gefeiert. In der
iranischen
Hauptstadt
Teheran
wurde eine Straße nach dem Morder Sadats benannt, die jedoch im Jahre 2001 in ?
Intifada
-Straße“ umbenannt wurde, um die iranisch-agyptischen Beziehungen zu verbessern.
Nach Massenverhaftungen von Islamisten wurden die meisten nach und nach freigelassen. Nur die gefassten al-Dschihad-Mitglieder wurden in zwei Prozessen abgeurteilt. Im ersten Prozess wurden 5 der 24 Angeklagten ? die vier Attentater und der Chefideologe Faradsch, welcher die Kairoer Gruppe leitete ? zum Tode verurteilt und am 15. April 1982 hingerichtet. Im zweiten Prozess standen 302 Personen unter Anklage.
[9]
Die Prozessprotokolle sind, da die Attentater stolz auf ihre Taten waren und aussagten, ein wertvolles Zeugnis uber die Denkweise und Einstellung einer islamistischen Terrorgruppe.
In den 1980er Jahren zersplitterte sich die ursprungliche Organisation, die
Tala’at-al-Fatih
-Fraktion unter Zawahiri wurde der bedeutendste Erbe des Ausgangsgebildes und wird in der Regel allgemein als al-Dschihad bezeichnet, zumal der Fuhrer der Konkurrenzfraktion Abbud az-Zumar eingesperrt wurde. 1993 versuchte sie, den Innenminister Hasan al-Alfi und Premierminister Atif Sidqi zu toten. 1995 beging sie einen Anschlag auf die agyptische Botschaft in Pakistan, scheiterte aber mit einem Anschlag auf Prasident
Husni Mubarak
in
Addis Abeba
.
- ↑
Kepel, Schwarzbuch, S. 103?111, vor allem S. 109.
- ↑
Kepel, Prophet, S. 208?262, vor allem S. 224,225
- ↑
Kepel, Prophet, S. 208?262, vor allem S. 227
- ↑
Kepel, Prophet, S. 208?262, vor allem S. 230
- ↑
Kepel, Prophet, S. 208?262, vor allem S. 230?231
- ↑
Kepel, Prophet, S. 208?262, vor allem S. 232
- ↑
Kepel, Prophet, S. 208?262, vor allem S. 208
- ↑
a
b
Kepel, Prophet, S. 208?262, vor allem S. 233
- ↑
Kepel, Prophet, S. 208?262, vor allem S. 234