Ajatollah
(
persisch
????????
?yatoll?h
, von
arabisch
??? ????
?yat
All?h
?Zeichen Gottes‘) ist der hochste
religiose Titel
des
zwolferschiitischen
Islam
.
[1]
Die Entstehung des Ehrentitels
Ajatollah
, eines
islamischen Rechtsgelehrten
, wird direkt mit dem Verweis auf den
Koran
begrundet: ?ein Zeichen Gottes“.
[2]
[1]
Er wurde erstmals fur
al-Hasan ibn Yusuf ibn Ali ibn al-Muchtar al-Hilli
(1250?1325), genannt ?der Hochgelehrte“
(al-?All?ma)
, vergeben. Mit Beginn des theologischen Wettstreits zwischen den Seminaren in
Ghom
(
Feizie
) und
Nadschaf
in den 1930er Jahren soll in der Neuzeit
Abdolkarim Haeri Yazdi
als erster wieder mit dem Titel Ajatollah benannt worden sein. In der Zeit nach dem
Zweiten Weltkrieg
fand der Titel im Zuge der
Islamischen Wiedergeburt
eine großere Verbreitung.
[1]
Ein Ajatollah hat im Regelfall jahrzehntelange theologische Studien an einer
schiitischen Universitat
hinter sich und steht im Ansehen in der schiitischen Geistlichkeit uber einem
Hodschatoleslam
, der durch seine Ausbildung zur selbstandigen Rechtsfindung (
Idschtihad
) berechtigt ist. Dabei existiert kein verbindliches Verfahren oder ein fester Ausbildungsweg. Ajatollah wird man durch Anerkennung anderer Ajatollahs, also durch die gewohnheitsmaßige Bezeichnung als solcher. Wie ein Hodschatoleslam ist ein Ajatollah zum Idschtihad befugt und kann Rechtsgutachten (
Fatwas
) ausstellen.
Der Titel wird nur von
Schiiten
vergeben.
Sunniten
benutzen den Titel des Ajatollah nicht, da die sunnitische Geistlichkeit weit weniger institutionalisiert ist. Buchta beschreibt 5000 Trager dieses Titels im
Iran
im Jahre 2004, davon insgesamt 80 in offiziellen Staatsamtern.
[3]
Besonders anerkannte Ajatollah werden
Großajatollah
genannt; fur ihre Anhanger sind sie unhinterfragte ?Quelle der Nachahmung“
(
mardscha?-e Taghlid
)
. Die hochste Stufe, eines allgemein anerkannten
mardscha?-e taqlid
, hatte zuletzt der 1961 verstorbene Großajatollah
Hossein Borudscherdi
inne.
Die Glaubigen erwarten vom Ajatollah innerhalb der Gemeinde neben den drei Funktionen (Lehre, Beratung in religiosen Fragen, Zeremonie) die Unterhaltung der Moschee, Finanzierung der Schulen und anderer Institutionen, die durch direkte Spenden an ihn abgedeckt werden ? im Gegensatz zum sunnitischen Islam, wo die Geistlichkeit uberwiegend vom Staat finanziert wird.
Das Spendenaufkommen variiert je nach Ajatollah extrem, was ausschließlich von der Große der Anhangerschaft abhangig ist. Ruhollah Chomeini soll 1978 Spenden in Hohe von 25 Millionen Dollar erhalten haben.
[4]
Im Januar 1970 hielt Ajatollah
Ruhollah Chomeini
in
Nadschaf
eine Reihe von Vorlesungen, die als Broschure unter dem Titel
Der islamische Staat
erschien.
[5]
Er stellte sich darin gegen die vorherrschende
quietistische
Haltung der schiitischen Geistlichen in politischen Fragen, insbesondere seines Lehrers Großajatollah Borudscherdi, und schuf eine Begrundung fur die Verfassung der Islamischen Republik Iran, in der der anerkannteste Ajatollah in Vertretung des
verborgenen Imams
die politische Herrschaft ausubt.
Chomeinis Ansichten versuchten eine Zusammenlegung von schiitischem Islam und politischem System (?Herrschaft der Geistlichkeit“:
Velayat-e Faqih
), die nach der Iranischen Revolution auf seine eigene Person zugeschnitten wurde.
Im Zusammenhang mit der unter den ? insbesondere
Ghomer
? fuhrenden Ajatollahs nur widerwillig akzeptierten Ernennung des Religiosen Fuhrers des Irans
Ali Chamenei
zum Ajatollah und der dem politischen Kalkul entsprungenen Ernennung von Ruhollah Chomeini zum Ajatollah, um seine Gefangnisbefreiung unter dem Schah zu erreichen, sind an der Titelbezeichnung
(Ajatollah, Großajatollah, mardscha?-e Taghlid)
politische Sichtweisen ablesbar.
- ↑
a
b
c
Ajatollah
. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.):
Encyclopædia Iranica
. (englisch,
iranicaonline.org
– mit Literaturangaben).
- ↑
vergl.: Koran
Sure 41
, Vers 53: ?Wir werden sie […] in der weiten Welt und in ihnen selber unsere Zeichen sehen lassen.“ Ubersetzung nach
Rudi Paret
- ↑
Wilfried Buchta:
Schiiten.
2004.
- ↑
Le Monde
, vom 3./4. Dezember 1978.
- ↑
Ruhollah Chomeini:
Der islamische Staat
(=
Islamkundliche Materialien
.
Bd. 9). Aus dem Persischen ubersetzt von Nader Hassan und Ilse Itscherenska. Schwarz, Berlin 1983,
ISBN 3-922968-21-X
.