Adolph Friedrich Vollmer ca. 1845
Adolph Friedrich Vollmer
(*
17. Dezember
1806
in
Hamburg
; †
12. Februar
1875
ebenda) war ein
deutscher
Landschafts-
und
Marinemaler
und
Grafiker
der
Hamburger Schule
. Er gehort mit
Christian Morgenstern
zu den Bahnbrechern des fruhen malerischen
Realismus
in Hamburg.
[1]
Adolph Friedrich Vollmer:
Fruhes Selbstportrat
Portrat Adolph Friedrich Vollmer, 1859. Detail des Bildes:
Mitglieder des Hamburger Kunstlervereins
von Gunther und Martin Gensler
Gunther u. Martin Gensler:
Mitglieder des Hamburger Kunstlervereins,
1859. (v.l.):
Gunther Gensler
,
Otto Speckter
, Adolph Friedrich Vollmer,
Martin Gensler
,
Rudolf Hardorff
Adolph Friedrich Vollmer wuchs als Sohn eines Hamburger Handlungsbuchhalters, Johann Peter Vollmer (1779?1849), in einfachsten Verhaltnissen auf.
[2]
So war sein Vater und er unter den Zehntausenden, die im Winter 1813, in der sogenannten ?
Franzosenzeit
“ Hamburg verlassen mussten.
[3]
Gegen den Widerstand des Vaters
[4]
trat er eine Lehre in der
Grafikwerkstatt
der
Gebruder Suhr
an und zog anderthalb Jahre mit Cornelius Suhr durch Deutschland, wahrend welcher Zeit er nicht viel anderes als der Bediente Suhrs war.
[5]
Danach wurde er Schuler von
Friedrich Rosenberg
in Altona (1758?1833), ohne dass dieser großen Einfluss auf ihn ausgeubt hatte.
[6]
Wohl auf Rat des
Freiherrn von Rumohr
,
[7]
Mazen und Forderer vieler der jungen Hamburger Kunstler,
[8]
den er 1826 durch den Kunsthandler
Georg Ernst Harzen
(1790?1863) kennenlernte,
[5]
vollendete Vollmer seine Ausbildung an der
Akademie in Kopenhagen
unter
Eckersberg
(1831?1832). Nach seiner Ruckkehr im Jahre 1832 grundete er zusammen mit 13 Hamburger Kunstlern den
Hamburger Kunstlerverein
. Wohl wiederum auf Rumohrs Rat ging Vollmer wie schon vor ihm Morgenstern 1833 nach Munchen, scheint aber ?eine gewisse Distanz“ zu Morgenstern und
Rottmann
gehalten zu haben.
[9]
Von Munchen aus unternahm er Studienreisen nach
Konstanz
,
Tirol
,
Salzburg
,
Venedig
,
Le Havre
und in die
Niederlande
.
Seit 1839 wieder in Hamburg ansassig, heiratete Vollmer die Hamburgerin Auguste Amale Behrmann (1815?1855), Enkelin von Pastor
Rudolph Gerhard Behrmann
, Archidiaconus zu St. Petri.
[10]
Er hatte funf Kinder aus dieser Ehe, unter ihnen den spateren Architekten
Johannes Vollmer
, und drei weitere Kinder aus zweiter Ehe mit Julie Natalie de la Camp. Eine Tochter aus dieser zweiten Ehe heiratete 1891 den bekannten
Gynakologen
Johann Friedrich Ahlfeld
.
[11]
Zwei seiner Enkel, Sohne des Johannes Vollmer, sind der Kunsthistoriker und Enzyklopadist
Hans Vollmer
und der Maler und Plastiker
Erwin Vollmer
.
[12]
Vollmer erblindete 1866; er verstarb 1875 in der Nervenheilanstalt Hamburg-Friedrichsberg.
[1]
Hamburger Hafen, 1840
(Bleistift,
Sepia
getont 21 × 26 cm)
In seinen Landschaften und Ansichten des Hamburger Hafens bricht Vollmer mit der
Vedutenmalerei
der Gebruder Suhr;
[13]
auch haben seine Landschaften nichts von der
transzendentalen Romantik
des 30 Jahre alteren
Caspar David Friedrich
noch beziehen sie gesellschaftliche Positionen, wie es spater der jungere
Menzel
machen wird. Sein Werk steht eher in der Tradition der großen hollandischen Landschaftsmaler des 17. Jahrhunderts, eines
Salomon van Ruysdael
zum Beispiel. Dammann schrieb 1910: ?Die angestrebte und erreichte Wirkung ist nicht Raum schlechthin, sondern Beherrschung und Gestaltung des Raumes in jeder Tiefe.“
[14]
Vollmer hielt sich vornehmlich an das kleine Format. Hier gelang es ihm mit sehr feiner Strichfuhrung Weite und Tiefe zu schaffen. Nach zeitgenossischem Urteil des Kunsthistorikers
Georg Kaspar Nagler
zahlt Adolph Friedrich Vollmer zu den großten Seemalern seiner Zeit
[15]
und Gerhard Kaufmann schrieb 120 Jahre spater: ?Unter den wenigen deutschen Marinemalern kommt ihm in seinen lebhaften, lichterfullten Schilderungen des Hamburger Hafens und der Elbe ein hoher Rang zu.“
[16]
Wie auch in den Werken der anderen Hamburger Kunstler seiner Generation (
Jacob Gensler
,
Gurlitt
,
Morgenstern
, …) besteht eine Diskrepanz zwischen den kleinen, nuchternen Naturstudien ? beispielsweise die
Holsteinische Landschaft
von 1827 ? und den idealisierenden Kompositionen, wie sie die Kaufer schatzten. Bereits
Lichtwark
(1893) schatzt Morgensterns und Vollmers Zeichnungen und Olstudien nach dem unmittelbaren Studium der hamburger Landschaft in den Jahren 1826 bis 1829 als einzigartig fur jene Zeit; nach Verlassen Hamburgs hatte Vollmer sich zersplittert und nach Ruckkehr diese ?schlichte, direkte Auffassung der Natur“ nicht wieder erreicht.
[17]
Nach
Leppien
waren ?die Freilichtstudien ihre eigentliche kunstlerische Leistung, sind ihr Beitrag zur europaischen Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts geworden“.
[18]
Ahnlich urteilt auch Kegel (2001): Die lebendigen kleinformatigen Naturstudien werden vor allem im spateren Werk Vollmers ?geschont“, erstarren und nahern sich den vom Publikum geschatzten Genrebildern.
[19]
Arbeiten von Adolph Friedrich Vollmer befinden sich unter anderem in der
Hamburger Kunsthalle
, im
Museum fur Hamburgische Geschichte
, im
Altonaer Museum
, in der
Eremitage
in
Sankt Petersburg
, dem
Staatlichen Kunstmuseum Kopenhagen
und dem
British Museum
London. Das
Philadelphia Museum of Art
halt einen kompletten Satz seiner Radierungen inklusive vieler Probeabdrucke.
- 2019:
Hamburger Schule ? Das 19. Jahrhundert neu entdeckt
(12. April bis 14. Juli),
Hamburger Kunsthalle
- Andreas Andresen
:
Die deutschen Maler-Radirer (Peintres-Graveurs) des neunzehnten Jahrhunderts nach ihren Leben und Werken.
Band 3, Weigel, Leipzig 1872, S. 24?41 (unv. Nachdruck: Olms, Hildesheim / New York 1971).
ISBN 3-487-04007-7
(
archive.org
)
- Walter H. Dammann
:
Panorama und Tafellandschaft ? Anfange und Fruhzeit der Landschaftsmalerei in Hamburg bis 1830.
Druck Lutcke & Wulff (Vertrieb Commetersche Kunsthandlung), Hamburg 1910, 89 S. u. 12 schwarz-weiß Abb.
- Gerhard Kegel:
Ein Brief des Hamburger Malers Adolph Friedrich Vollmer an Otto Speckter aus dem Jahre 1827.
In:
Zeitschrift des Vereins fur Hamburgische Geschichte
.
Band/Jahrgang, Nr. 83,1, 1997, S. 343?366,
ISSN
0083-5587
,
uni-hamburg.de
(PDF; 5,7 MB).
- Gerhard Kegel:
Adolph Friedrich Vollmer ? ein fruher Vertreter des malerischen Realismus in Hamburg.
In:
Weltkunst
? Zeitschrift fur Kunst und Antiquitaten
, Munchen, Band/Jahrgang, Nr. 71, 2001, S. 1582?1584,
ISSN
0043-261X
- Helmut R. Leppien
:
Licht, Farbe und bewegendes Leben.
In:
Im Lichte Caspar David Friedrichs ? Fruhe Freilichtmalerei in Danemark und Norddeutschland.
Katalog zur Ausstellung 1999/2000 in der
National Gallery of Canada
, Ottawa, der
Hamburger Kunsthalle
und dem
Thorvaldsen-Museum
, Kopenhagen.
- Alfred Lichtwark
:
Herrmann Kauffmann und die Kunst in Hamburg von 1800-1850.
Verlagsanstalt fur Kunst und Wissenschaft, Munchen 1893; Nachdruck der Originalausgabe: SEVERUS Verlag, Hamburg 2013 (
partielles Digitalisat
).
- Hermann Arthur Lier
:
Vollmer, Adolf Friedrich
.
In:
Allgemeine Deutsche Biographie
(ADB). Band 40, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 251 f.
- Georg Kaspar Nagler
:
Neues allgemeines Kunstler-Lexicon oder Nachrichten von dem Leben und den Werken der Maler, Bildhauer, Baumeister, Kupferstecher, etc.
Band 20, E. A. Fleischmann, Munchen 1850, S. 516?517 (
Textarchiv ? Internet Archive
)
- Adolph Friedrich Vollmer
. In:
Hans Vollmer
(Hrsg.):
Allgemeines Lexikon der Bildenden Kunstler von der Antike bis zur Gegenwart
.
Begrundet von
Ulrich Thieme
und
Felix Becker
.
Band
34
:
Urliens?Vzal
. E. A. Seemann, Leipzig 1940,
S.
527
(
biblos.pk.edu.pl
).
- Gerhard Wietek
(Hrsg.):
Maler sehen Blankenese
? Katalog zur Ausstellung des Altonaer Museums im B.A.T.-Haus, Hamburg 1969. Einfuhrung: Gerhard Kaufmann, 36 S. u. schwarz-weiß Abb.
- Gerhard Wietek:
Maler sehen Blankenese und die Elbe
. Mit 107 teils farb. Reproduktionen nach Bildern, Aquarellen u. Zeichnungen, Radierungen, Lithographien u. Holzschnitten sowie einigen liter. Beilagen, Christians Verlag Hamburg 1971, 172 S.,
ISBN 3-7672-0000-7
- ↑
a
b
Adolph Friedrich Vollmer
. In:
Hans Vollmer
(Hrsg.):
Allgemeines Lexikon der Bildenden Kunstler von der Antike bis zur Gegenwart
.
Begrundet von
Ulrich Thieme
und
Felix Becker
.
Band
34
:
Urliens?Vzal
. E. A. Seemann, Leipzig 1940,
S.
527
(
biblos.pk.edu.pl
).
- ↑
Kegel: In:
Zeitschrift des Vereins fur Hamburgische Geschichte.
Band/Jahrgang, Nr. 83,1, 1997, S. 345 u. Anm. 13.
- ↑
Ernst Vollmer (1858?1945, Sohn von A.F.V.):
Einiges aus meinem Leben,
unveroffent. Manuskript, Archiv Vollmer.
- ↑
Andresen: Band 3, Weigel, Leipzig 1872, (unv. Nachdruck: Olms, Hildesheim 1971), S. 24.
- ↑
a
b
Andresen: Band 3, Weigel, Leipzig 1872, (unv. Nachdruck: Olms, Hildesheim 1971), S. 25.
- ↑
Lier. In:
ADB
. Band 40, 1896, S. 251?252.
- ↑
Adolph Friedrich Vollmer
. In:
Hans Vollmer
(Hrsg.):
Allgemeines Lexikon der Bildenden Kunstler von der Antike bis zur Gegenwart
.
Begrundet von
Ulrich Thieme
und
Felix Becker
.
Band
34
:
Urliens?Vzal
. E. A. Seemann, Leipzig 1940,
S.
527
(
biblos.pk.edu.pl
).
u. Kegel 1997, S. 364 u. Anm. 73.
- ↑
Allerdings kam es ?uber die angemessene Darstellung der Natur zu Unstimmingkeiten zwischen Vollmer und Rumohr.. Vollmer maß der getreuen Wiedergabe der Natur und deren eindringlichem Studium eine großere Rolle zu als sein Gonner,“ (KvO, In:
Im Lichte Caspar David Friedrichs ? Fruhe Freilichtmalerei in Danemark und Norddeutschland.
Katalog zur Ausstellung 1999/2000 in der National Gallery of Canada, Ottawa, der Hamburger Kunsthalle und dem Thorvaldsens Museum, Kopenhagen, S. 51. Dazu auch: Kegel 2001, 1583. und Kegel 1997, 359, Anm. 5.)
- ↑
Kegel 2001, 1583-4.
- ↑
Dr. Rudolph Gerhard Behrmann (1743?1827)
hatte am 15. Januar 1807 Adolph Friedrich Vollmer getauft (siehe den
Taufbuch Auszug
).
- ↑
NDB
. Band 1, Berlin, 1953, S. 111.
- ↑
Erwin Vollmer
. In:
Hans Vollmer
(Hrsg.):
Allgemeines Lexikon der Bildenden Kunstler von der Antike bis zur Gegenwart
.
Begrundet von
Ulrich Thieme
und
Felix Becker
.
Band
34
:
Urliens?Vzal
. E. A. Seemann, Leipzig 1940,
S.
528
(
biblos.pk.edu.pl
).
- ↑
Dammann:
Panorama und Tafellandschaft ? Anfange und Fruhzeit der Landschaftsmalerei in Hamburg bis 1830.
Druck Lutcke & Wulff (Vertrieb Commetersche Kunsthandlung), Hamburg 1910, S. 71?73.
- ↑
Dammann: Hamburg 1910, S. 67.
- ↑
Nagler: Band 20, E. A. Fleischmann, Munchen 1850, S. 516.
- ↑
In: Gerhard Wietek (Hrsg.):
Maler sehen Blankenese
? Katalog zur Ausstellung des Altonaer Museums im B.A.T.-Haus, Hamburg 1969, S. 7?8.
- ↑
Lichtwark 1893, 54
- ↑
Leppien 1999/2000, 27.
- ↑
Beispielsweise beschreibt Kegel (2001) das fur Vollmer ungewohnlich große Bild des
Stangenmuhlengrund im Sachsenwald
von 1852 als eine ?kunstvolle Inszenierung“, ?dramatisch ausgeleuchtet“ mit ?obligatem Reh“.