Die
Academie Julian
war eine angesehene, im Jahr 1868 von dem
Maler
Rodolphe Julian
(1839?1907) in der Nummer 27 der Galerie Montmartre (heute Passage des Panoramas) im
2. Arrondissement
von
Paris
gegrundete private
Kunstakademie
. Sie unterhielt im Laufe der Jahre mehrere
Ateliers
in Paris und bestand bis zum Beginn des
Zweiten Weltkrieges
. Von ihrem Grundungsjahr bis 1939 ermoglichte diese Kunstschule tausenden von Malern und
Bildhauern
? in teilweise nach Geschlechtern getrennten Klassen ? eine kunstlerische Ausbildung.
Ihre beiden 1890 in der rue du Dragon im
6. Arrondissement
gegrundeten Werkstatten ubernahm 1959 das nach einem seiner Lehrer und Begrunder benannte
Atelier Penninghen
[1]
, das seit 1968 die offizielle Bezeichnung Ecole superieure d’arts graphiques, kurz ESAG
Penninghen
tragt. Der Volksmund nennt die Schule jedoch weiterhin Academie Julian, die unter dieser Bezeichnung auch heute noch im Telefonbuch verzeichnet ist. Ebenso ziert der Name Julian, inzwischen zum Markennamen geworden, noch immer an der 31, rue du Dragon, in großen Buchstaben den Eingang der Schule.
Unter den zahlreichen privaten Kunstakademien im Paris des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die eine Konkurrenz fur die offizielle
Ecole des Beaux-Arts
darstellten, war die Academie Julian die bekannteste. Vor allem bei auslandischen Kunstlern hatte sie den hochsten Bekanntheitsgrad und galt deshalb vor allem außerhalb Frankreichs als Inbegriff fur eine private Pariser Kunstausbildung.
Den massiven Zulauf, den diese und andere private Kunstschulen im 19. Jahrhundert in Paris erfuhren, verdankten sie unter anderem der Tatsache, dass die Ecole des Beaux-Arts einerseits auslandischen Studenten die Aufnahme durch eine sehr schwierige Franzosischprufung zu verwehren trachtete ? was mit dem Vorwand begrundet wurde, Fremde seien nicht durch die Vorzuge dieser durch franzosische Steuergelder finanzierten staatlichen Einrichtung zu begunstigen ? und andererseits bis zum Jahr 1897 keine Frauen zuließ. Abgesehen davon war das auf 30 Jahre festgelegte Hochstalter ein weiteres Hindernis fur die Aufnahme in die Ecole des Beaux-Arts.
Beliebt war die Akademie, die Kunststudenten unabhangig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht und ihrem Alter aufnahm, sowohl bei Franzosen als auch insbesondere bei auslandischen Studenten, zumal sie neben angehenden und erprobten Berufsmalern auch ambitionierten Amateurkunstlern offenstand. Besonders zahlreich waren die US-Amerikaner vertreten, ein großes Kontingent bildeten Englander, Ungarn, Polen, Russen, Skandinavier, Osterreicher, Schweizer und nicht zuletzt die Deutschen.
An der ?Julian“ konnten
Frauen in der Kunst
dieselben Kurse belegen wie Manner und wurden ebenfalls in den Klassen der
Aktmalerei
nach dem lebenden Nacktmodell zugelassen, was in der damaligen Zeit ? insbesondere fur die Academie des Beaux-Arts ? einem unerhorten
Affront
gleichkam. Da vor allem auch das franzosische Publikum den gemischten Klassen eher reserviert gegenuberstand, eroffnete die Academie Julian in der rue Vivienne zusatzlich separate Damenklassen und stieß damit in eine Marktlucke.
So wurden in den Jahren von 1878 bis 1896 auf der
Rive Gauche
wie auf der
Rive Droite
weitere Ateliers eingerichtet, und die Kunstschule expandierte uber die ganze Stadt.
Ihren Ruhm verdankte die Akademie, die zwischen Tradition und
Avantgarde
vermittelte, allerdings nicht der Zahl ihrer Schuler oder Ateliers, sondern dem hohen Ansehen ihrer Lehrer, die zum großen Teil aus dem Establishment der Ecole des Beaux-Arts kamen und uber entsprechenden Einfluss im Pariser Kunstbetrieb verfugten. Beispielsweise konnten diese Lehrer ihre Schuler fur den
Prix de Rome
kandidieren lassen und sie durch ihre Anwesenheit in der Jury des
Pariser Salons
dabei unterstutzen, ihre Werke in dieser vielbesuchten Ausstellung zu zeigen. Zu den Lehrern der Academie Julian zahlten neben
William Adolphe Bouguereau
und
Tony Robert-Fleury
unter anderem auch die
Bruder Laurens
.
Ihre Marktfuhrerschaft brachte die Akademie mit einer eigenen Zeitschrift,
L’Academie Julian
, deutlich zum Ausdruck.
Der Schulerschaft, die ahnlich wie in der Ecole des Beaux-Arts nach Jahrgangen und
Meriten
hierarchisiert
war, stand ein aus ihren Reihen gewahlter
massier
(Obmann), beziehungsweise in den Damenklassen eine
massiere
vor, deren Aufgabe darin bestand, zwischen Schulern, Verwaltung und Lehrpersonal zu vermitteln. Der
massier
nahm die unterschiedlichsten Aufgaben wahr, so auch die Auswahl der Modelle, die montags fur die ganze Woche getroffen wurde. Korrekturen fanden ein- bis zweimal wochentlich statt.
Um 1888/89 grundete sich die
post-impressionistische
Kunstlergruppe
Nabis
an der ?Julian“.
Nachdem die Academie Julian bei Beginn des Zweiten Weltkrieges geschlossen worden war, wurden 1946 die Ateliers der rue du Dragon verkauft. Im Jahr 1959 kamen sie in den Besitz des Malers und Keramikers Guillaume Met de Penninghen und seines Partners Jacques d’Andon, die bereits 1953 in der beim
Montparnasse
gelegenen rue Falguiere Ateliers zur Vorbereitung auf die Prufungen der renommierten Schulen der
angewandten Kunste
eingerichtet hatten. Seither nutzt diese 1968 in ESAG
Penninghen
umbenannte Einrichtung die ehemaligen Raumlichkeiten der Academie Julian.
- Siehe auch die Liste der Lehrer und Schuler der Academie Julian im Abschnitt
Weblinks
.
- Peter Kropmanns, Carina Schafer:
Private Akademien und Ateliers im Paris der Jahrhundertwende
. In:
Die große Inspiration. Deutsche Kunstler in der Academie Matisse, Bd. 3
. Kunst-Museum Ahlen/Westf., 2004,
ISBN 3-89946-041-3
(Katalog der gleichnamigen Ausstellung, 27. Februar bis 1. Mai 2000).
- ↑
Guillaume Met de Penninghen
(1912?1990).
48.871111111111
2.3416666666667
Koordinaten:
48° 52′ 16″
N
,
2° 20′ 30″
O