Als
Uberschwemmung
bezeichnet man einen Zustand, bei dem eine normalerweise trockenliegende Bodenflache vollstandig von Wasser bedeckt ist.
Flutkatastrophen
waren neben besonders starken
Erdbeben
bislang die fur Menschen folgenreichsten
Naturkatastrophen
.
Uberschwemmungen sind meistens Naturereignisse:
- Sturmfluten
schieben Meerwasser uber Flussmundungen dort, wo es keine
Sperrwerke
gibt, tief ins Binnenland hinein sowie uber
Deiche
an der Kuste und an kustennahen Flussabschnitten hinweg oder bewirken
Deichbruche
;
Tsunamis
konnen auch hoch gelegene, nicht durch Deiche geschutzte Kustenabschnitte uberfluten;
- Binnengewasser treten bei
Hochwasser
uber die Ufer, wenn das Wasser nicht zugig genug ?nach unten“ fließt (als Oberflachenwasser talwarts bzw. auf nicht
versiegelten
Boden ins Grundwasser versickernd). Das Hochwasser kann durch ergiebige Niederschlage, aber auch durch den Bruch von
Dammen
oder
Staumauern
infolge zu hohen Wasserdrucks entstanden sein.
- Gletscher
hindern nachfließendes Wasser am Abfließen und bilden auf diese Weise einen
Eisstausee
.
- Sich fullende
Grundwasserreservoirs
fuhren zu steigenden Wasserstanden, wenn das Grundwasser uber wasserundurchlassigen Bodenschichten liegt. Es findet dann von unten oder (unterhalb der Erdoberflache) von den Seiten her seinen Weg in tiefliegende Teile von Bauwerken. Dies betrifft vor allem Gebiete mit einem standig hohen Grundwasserpegel.
Der mangelhafte, teils auch ausbleibende Abfluss
großer Wassermassen
im Binnenland und auf Inseln kann (zumindest teilweise) von Menschen ausgelost sein:
- Die Versiegelung großer Flachen erschwert das Versickern von Oberflachenwasser, das ungehemmt in Bache und Flusse gelangt. Allerdings bewirkt
Starkregen
selbst eine Versiegelung tiefer gelegener Flachen, da er die Fahigkeit zur Aufnahme von Wasser auch in an sich nicht versiegelten Boden ab einem bestimmten Zeitpunkt unterbindet;
[1]
- Die
Begradigung
und Einengung von Flussen fuhrt zu einer Erhohung der Fließgeschwindigkeit des Wassers, das schnell tiefer gelegene Gebiete erreicht und dort auf langsamer fließendes Wasser an Engstellen auflauft. Es gibt vor allem in Ballungsraumen zu wenige Flachen, in denen sich das Wasser ausbreiten kann. Dies fuhrt zwangslaufig zu Hochwasser bei starkem Wasserzustrom durch heftige Niederschlage und/oder in großen Mengen nachruckendes Oberflachenwasser.
- Zusammengebrochene Konstruktionen oder Treibgut konnen sich an
Brucken
,
Sperrwerken
,
Rechen
oder
Uberlaufen, bzw. Ablassen
verkanten und dadurch einen Wasserstau auslosen (
Verklausung
);
- Auch in großer Entfernung zu großeren Flussen kann es zu (meist lokal begrenzten) Uberschwemmungen kommen. Zumeist sorgen hier Starkregenfalle dafur, dass die
Kanalisation
und Entwasserungsgraben die Wassermassen nicht bewaltigen konnen. Zur Zwischenlagerung von Wassermassen geschaffene Einrichtungen wie
Regenruckhaltebecken
oder geplante Uberschwemmungsflachen erweisen sich oft als unterdimensioniert. In den genannten Fallen ist ein Hauptgrund fur den Eintritt von Uberschwemmungen, dass die Eintrittswahrscheinlichkeit und die Wirkung von Starkregenereignissen unterschatzt werden;
[2]
- Obwohl Wasserfluten eine Naturgewalt darstellen, handelt es sich bei einer Uberschwemmung dann nicht um ein ?Naturereignis“, wenn sie durch einen
Wasserrohrbruch
ausgelost wurde oder wenn Gebiete (insbesondere im Zusammenhang mit Kampfhandlungen) absichtlich unter Wasser gesetzt werden.
Generell stellt sich die Frage, ob Schaden durch Uberschwemmungen auf bebauten Grundstucken dann ?schicksalhaft“ fur Geschadigte sind, wenn eine Uberschwemmung durch angrenzende Gewasser oder mangelhafte Entwasserungssysteme aufgrund der Lage der Schadensflache vorhersehbar ist. Auch mussten sich Bauherren des Risikos bewusst sein, das sie eingehen, wenn sie in einem Gebiet mit einem hohen Grundwasserspiegel Anlagen unterhalb des Erdbodens errichten.
Uberschwemmungen konnen unter Umstanden erhebliche
Wasserschaden
am Eigentum von Menschen hervorrufen sowie die Gesundheit und das Leben von Menschen und Nutztieren gefahrden. Besteht eine solche Gefahr, so sprechen Rettungskrafte von einem
Wassernotstand
. Zu unterscheiden sind temporare Uberschwemmungen, die durch das Ablaufen oder Hochpumpen des eingedrungenen Wassers enden, von dauerhaften Uberschwemmungen. Letztere drohen insbesondere tiefgelegenen Kustengebieten infolge des
klimabedingten Anstiegs des Meeresspiegels
.
Bei einer Uberschwemmung in bergigem Gelande konnen Schaden auch unterhalb des eigentlichen Wasserspiegels ausgelost werden, indem Grundstucke in Hanglage unterspult werden. Durch den Materialabtrag kann der Hang oberhalb des Wasserspiegels abrutschen und Gebaude oder deren Inhalt (z. B. ein Auto in einer Garage) nach unten sturzen.
Nicht jede Uberschwemmung stellt jedoch fur Menschen ein Problem dar. So gabe es z. B. in Wustengebieten ohne das regelmaßige Uber-die-Ufer-Treten von Flussen wie dem
Nil
abseits von
Oasen
kein fruchtbares Land fur den
Acker-
und
Gartenbau
, und unter okologischen Aspekten werden naturbelassene
Feuchtgebiete
, die regelmaßig uberschwemmt werden, als uberaus wertvoll bewertet.
Auch in Deutschland gibt es Kulturlandschaften, deren Bewohner ihren Wohlstand der Fruchtbarkeit ihres Landes verdanken, welche wiederum durch
Sedimente
zu erklaren ist, die nach Uberschwemmungen auf dem Boden zuruckgelassen wurden. Dies trifft beispielsweise auf das
Artland
zu, welches großenteils im
Hase-Binnendelta
liegt.
Der Begriff der Uberschwemmung als wirtschaftlicher Schaden ist zugleich ein Rechtsbegriff, der insbesondere im Zusammenhang mit der Gebaude-, Hausrats-, Kfz-Teilkasko- und Betriebsunterbrechungsversicherung relevant ist. Besteht nach diesen Versicherungen Schutz gegen Elementarschaden, so wird dabei ublicherweise auch das Uberschwemmungsrisiko abgedeckt. Zum Zwecke der Risikoabschatzung und damit der
Pramienkalkulation
hat der
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft
ein geographisches Informationssystem erarbeitet: Das
Zonierungssystem fur Uberschwemmung, Ruckstau und Starkregen
(ZURS).
[3]
Grundlage sind statistische Berechnungen des Softwareunternehmens IAWG (Ingenieurhydrologie, Angewandte Wasserwirtschaft und Geoinformatik) in Ottobrunn.
[4]
Uberschwemmungsgebiete sind Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewassers uberschwemmt oder durchflossen werden.
[5]
Der Begriff der Uberschwemmung, also eine ?Uberflutung des Grund und Bodens, auf dem das versicherte Gebaude steht (Versicherungsgrundstuck)“, ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofes aus der Sicht eines verstandigen Versicherungsnehmers auszulegen. Demnach ist die ?Uberflutung von Grund und Boden“ dann anzunehmen, wenn sich erhebliche Wassermengen auf der Gelandeoberflache ansammeln.
[6]
Einschrankend urteilte hingegen das Landgericht Dortmund:
[7]
Erforderlich sei es, dass die normalerweise trocken liegenden Flache eine
Bodenflache
im Sinne einer mit dem Erdboden niveaugleichen Flache sei. Wegen fehlender Niveaugleichheit gelten Flachdacher oder Balkone nicht als ?Bodenflachen“. Schaden, welche etwa durch das Eindringen von (Tau-)Wasser uber das Dach hervorgerufen wurden, seien daher durch Gebaudeversicherungen nicht gedeckt. Es fehle bereits an einer Uberflutung, sofern es nicht zu einer Ansammlung von Wasser auf der Gelandeoberflache gekommen ist. Aber auch eine Uberschwemmung von Terrassen gilt nicht als Versicherungsschaden (trotz der Niveaugleichheit mit dem Erdboden). Den Begriff
Uberschwemmung
fasst das LG Nurnberg-Furth weiter.
[8]
- ↑
Axel Bojanowski:
Zehn Fakten zur Flut
.
Spiegel Online
. 6. Juni 2013
- ↑
Starkregen: Die unterschatzte Gefahr
. Fernsehdokumentation.
NDR Fernsehen
. 7. Oktober 2019. 45 Minuten.
- ↑
ZURS Geo.
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. GDV,
abgerufen am 29. Januar 2021
.
- ↑
IAWG - Projekte.
Ingenieurhydrologie, Angewandte Wasserwirtschaft und Geoinformatik,
abgerufen am 29. Januar 2021
.
- ↑
§ 72 Abs. 1 Satz 1 WHG.
Abgerufen am 29. Januar 2021
.
- ↑
BGH, Urt. v. 20. April 2005 ? IV ZR 252/03.
- ↑
LG Dortmund, Urt. v. 4. Juli 2012 ? 2 O 452/11.
- ↑
LG Nurnberg-Furth, Urt. v. 26. Juli 2012 ? 8 O 9839/10.