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Offentliches Recht

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Das offentliche Recht (auch Offentliches Recht geschrieben) ist derjenige Teil der Rechtsordnung , der das Verhaltnis zwischen Tragern der offentlichen Gewalt (dem Staat ) und einzelnen Privat rechtssubjekten (den Burgern ) oder anderen Hoheitstragern regelt. Im Unterschied dazu regelt das Privatrecht die rechtlichen Beziehungen zwischen Privatrechtssubjekten. Ferner umfasst das offentliche Recht die Rechtsbeziehungen der Verwaltungstrager untereinander sowie das die Organisation und Funktion des Staats betreffende Staatsorganisationsrecht , wie beispielsweise die Zustandigkeit der einzelnen Behorden und Gerichte oder Regelungen uber das Dienstverhaltnis der Beamten .

Abgrenzung zum Privatrecht

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Die Abgrenzung des offentlichen Rechts zum Privatrecht ist strittig, aber im Hinblick auf die Frage, welcher Rechtsweg bei Rechtsstreitigkeiten beschritten werden muss, praktisch notwendig. Heutzutage werden mehrere Ansatze zur Abgrenzung von offentlichem und privatem Recht vertreten. Die herrschende Lehre in Deutschland folgt der modifizierten Subjektstheorie , in der Schweiz der modifizierten Funktionstheorie . Das Schweizer Bundesgericht lehnt es indessen ab, einer Methode den Vorzug zu geben. [1]

Modifizierte Subjektstheorie

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Nach der so genannten modifizierten Subjektstheorie ? auch Sonderrechtstheorie oder Zuordnungstheorie genannt ? ist offentliches Recht immer dann gegeben, wenn die betroffene Gesetzesnorm ausschließlich einen Trager hoheitlicher Gewalt berechtigt oder verpflichtet. Ansonsten liegt Privatrecht vor.

Die Theorie wird bemangelt, weil die Formulierung ?ausschließlich“ (im Sinne von ?nur“) verfehlt sei, da oft die Verpflichtung/Berechtigung eines Hoheitstragers eine Berechtigung/Verpflichtung eines anderen Rechtssubjekts bedingt. Stattdessen sei zu formulieren ?wenn die betroffene Gesetzesnorm einen Trager hoheitlicher Gewalt als solchen berechtigt oder verpflichtet“. Zu verschiedenen Ergebnissen gelangt man etwa bei § 928 II BGB , welcher zwar ausschließlich einen Hoheitstrager berechtigt, aber nicht als Hoheitstrager , sondern als Vermogenstrager und Teilnehmer am burgerlichen Rechtsverkehr. [2]

Modifizierte Funktionstheorie

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Die Funktionstheorie unterteilt nach dem Kriterium, ob die betreffende Norm unmittelbar der Besorgung von Staatsaufgaben dient und ihr Adressat das Gemeinwesen ist. [1] Die Modifikation hier beinhaltet den Vorbehalt, dass besagte Norm das staatliche Handeln nicht ausdrucklich dem Privatrecht unterstellt. [3]

Subordinationstheorie

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Kaum noch vertretene Lehren sind die Subordinationstheorie , hiernach ist ein Rechtsverhaltnis immer dann offentlich rechtlich, wenn ein Uber- und Unterordnungsverhaltnis gegeben ist, wahrend das Privatrecht durch ein Gleichordnungsverhaltnis gekennzeichnet ist. [1]

Interessentheorie

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Nach der Interessentheorie , die sich aus dem romischen Recht ableitet, erfolgte die Abgrenzung im Wesentlichen danach, ob das Rechtsverhaltnis nach seinem Inhalt, zumindest zum wesentlichen Teil, dem offentlichen Interesse dient. [1]

Bei der modalen Theorie wird darauf abgestellt, ob Sanktionen bei Normverstoßen offentlich-rechtlicher (Verwaltungszwang) oder privatrechtlicher Natur sind. [1]

Wandel der Dogmatik des offentlichen Rechts

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Das Verhaltnis Staat ? Burger wurde traditionell im offentlichen Recht als Uber-/Unterordnungsverhaltnis begriffen. Diese Sicht war grundlegend fur die gesamte Dogmatik des offentlichen Rechts. Grundlage fur eine Anderung dieser Sicht war seit den 1970er Jahren die Unterscheidung von Staatsfunktion und Recht, die das Verhaltnis Recht, Staat, Burger als Dreiecksverhaltnis erscheinen lasst. Danach entscheidet das Recht in einem Konflikt zwischen Staat und Burger, die einander grundsatzlich im Sinn der Gleichordnung gegenubertreten. Dieses Verhaltnis von Staat und Burger wird auch als Rechtsverhaltnis gedeutet, in dem Staat und Burger Rechte gegeneinander geltend machen. [4] [5] [6] Das offentliche Recht entscheidet dabei uber Konflikte von Gruppen, wahrend das Zivilrecht die Interessen in der Zwei-Personen-Beziehung entscheidet. [7] [8]

Das offentliche Recht umfasst eine Vielzahl von Materien. Jenseits der innerstaatlichen Ebene umfasst es das Volkerrecht sowie das Europarecht , das einen supranationalen Charakter tragt.

Auf der innerstaatlichen Ebene umfasst es das gesamte Staatsrecht , dessen Kern das Verfassungsrecht bildet. Es untergliedert sich in das Staatsorganisationsrecht , das Organisation, Zusammensetzung und Kompetenzen der obersten Staatsorgane regelt, die Grundrechte , die im Schutz vor staatlichen Eingriffen in individuelle Freiheiten sowie in gewissem Umfang Teilhaberechte bieten, sowie das Staatskirchenrecht , das die rechtliche Stellung der staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften regelt.

Daneben umfasst das offentliche Recht das allgemeine und besondere Verwaltungsrecht sowie das verwaltungsrechtliche Prozessrecht . Schließlich werden daruber hinaus noch Sondermaterien des Verwaltungsrechts erfasst wie das Sozialrecht und das Steuerrecht , die wegen ihres Umfangs eine gewisse Autonomisierung erfahren haben.

Das Strafrecht kann einerseits zum offentlichen Recht gezahlt werden, da es das Burger-Staat-Verhaltnis betrifft. Andererseits wird es oft als eigenstandiges Rechtsgebiet angesehen, da es historisch dem offentlichen Recht voraus geht und in der Juristenausbildung in Deutschland eigenstandig unterrichtet wird.

Das offentliche Recht umfasst folgende Materien:

  • Kai-Uwe Kock, Richard Stuwe, Hans-Michael Wolffgang, Heiko Zimmermann: Offentliches Recht und Europarecht. 3. Auflage. nwb, Herne 2004, ISBN 3-482-48343-4 .
  • Michael Stolleis : Geschichte des offentlichen Rechts in Deutschland. 4 Bande, Munchen 1988?2012.
Wiktionary: Offentliches Recht  ? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen
Wikisource: RE:Ius privatum  ? Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Pierre Tschannen / Ulrich Zimmerli : Allgemeines Verwaltungsrecht . Stampfli AG , Bern 2005, ISBN 3-7272-0781-7 , S.   111 .
  2. Hartmut Maurer , Allgemeines Verwaltungsrecht. 15. Auflage. Munchen 2004, § 3 Rn 18.
  3. Pierre Tschannen/Ulrich Zimmerli: Allgemeines Verwaltungsrecht . Stampfli AG , Bern 2005, ISBN 3-7272-0781-7 , S.   112 .
  4. Jan Schapp : Das subjektive Recht im Prozess der Rechtsgewinnung. Duncker & Humblot, Berlin 1977, Kap. 7, ISBN 978-3-428-03849-7 .
  5. Wilhelm Henke : Das subjektive Recht im System des offentlichen Rechts. In: Die offentliche Verwaltung (DOV). Zeitschrift fur offentliches Recht und Verwaltungswissenschaft. Kohlhammer, Stuttgart 1980, ISSN   0029-859X , S. 621 ff.
  6. Katharina Grafin von Schlieffen (Hrsg.): Republik, Rechtsverhaltnis, Rechtskultur. Mohr Siebeck, 2018.
  7. Jan Schapp: Zum Verhaltnis von Recht und Staat. In: Uber Freiheit und Recht ? Rechtsphilosophische Aufsatze 1992?2007. Mohr Siebeck, Tubingen 2008, ISBN 978-3-16-155290-8 , S. 35?59.
  8. Albert Janssen: Die gefahrdete Staatlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland. Beitrage zur Bewahrung ihrer verfassungsrechtlichen Organisationsstruktur. v&r unipress, 2014, ISBN 978-3-8471-0280-9 , S. 96ff, 416f, 583.