Wladimir Dschanibekow
|
|
Land
|
UdSSR/Russland
|
ausgewahlt
|
27. April
1970
|
Einsatze
|
5 Raumfluge
|
Start des
ersten Raumflugs
|
1. Januar
1978
|
Landung des
letzten Raumflugs
|
26. September
1985
|
Zeit im Weltraum
|
145d 15h 56min
|
EVA
-Einsatze
|
2
|
EVA-Gesamtdauer
|
8h 35 min
|
ausgeschieden
|
24. Juni 1986
|
Raumfluge
|
|
Wladimir Alexandrowitsch Dschanibekow
(
russisch
Владимир Александрович Джанибеков
; *
13. Mai
1942
in
Iskandar
,
Provinz Taschkent
,
Usbekische SSR
als Wladimir Alexandrowitsch Krysin) ist ein ehemaliger
sowjetischer
Kosmonaut
. Er war 1978 Kommandant der ersten Raumfahrtmission, bei dem ein Raumschiff an einer Raumstation ausgewechselt wurde, und 1985 Kommandant einer komplizierten Reparatur-Mission zur Rettung der ausgefallenen Raumstation
Saljut 7
.
Wladimir Dschanibekow, damals noch Wladimir Krysin (
Владимир Крысин
), besuchte verschiedene Schulen in
Taschkent
, unter anderem die
Suworow-Schule
bis zu ihrer Auflosung 1958. Ab 1960 studierte er Astrophysik, brach das Studium aber 1961 ab und ging auf das Hohere Militarfliegerinstitut der
sowjetischen Luftstreitkrafte
in
Jeisk
, das er 1965 mit Auszeichnung abschloss. Anschließend arbeitete er dort als Ausbilder.
Bis zu seiner Heirat trug Dschanibekow den Familiennamen Krysin. Seine Frau Lilija Munirowna Dschanibekowa, eine Musiklehrerin im Sternenstadtchen
Swjosdny Gorodok
, entstammte altem usbekischem Adel aus der Nachkommenschaft von
Dschani Beg
. Da ihr Vater nur zwei Tochter hatte, ware der Name Dschanibekow mit seinem Tod ausgestorben. Das Ehepaar verhinderte dies, indem Wladimir Krysin den Namen Dschanibekow annahm.
Dschanibekow wurde am 27. April 1970 als Kosmonauten-Anwarter nominiert. Seine Ausbildungsgruppe bestand aus neun Piloten und Ingenieuren der sowjetischen Streitkrafte. Tatsachlich hatten 16 Personen die Tests bestanden, doch wurden sieben vom KGB oder der Kommunistischen Partei abgelehnt.
Die Grundausbildung erfolgte von Mai 1970 bis Juni 1972, am 15. Juni 1972 wurde er zum Kosmonauten ernannt. Anschließend wurde er dem Projekt
Spiral 50-50
zugeteilt, das die Entwicklung eines wiederverwendbaren Raumgleiters zum Ziel hatte.
Schon im Dezember 1972 wurde Dschanibekow jedoch dem
Apollo-Sojus-Test-Projekt
zugeteilt, dem ersten internationalen Projekt der bemannten Raumfahrt. Im Mai 1973 wurde er als Ersatz-Kommandant fur den Testflug
Sojus 16
nominiert, bei dem ein Sojus-Raumschiff vorab das komplette Programm alleine simulieren sollte. Als Bordingenieur wurde ihm
Boris Andrejew
zugeordnet. Zur Vorbereitung gehorte im Juli 1973 auch ein Aufenthalt im
Johnson Space Center
in
Houston
, bei dem er zusammen mit amerikanischen Astronauten trainierte.
Nachdem der Testflug von Sojus 16 im Dezember 1974 erfolgreich verlaufen war, konzentrierte man sich auf den Flug von
Sojus 19
, bei dem erstmals ein sowjetisches und ein US-amerikanisches Raumschiff koppeln sollten. Dschanibekow diente hierbei in der Unterstutzungsmannschaft. Der historische Flug fand im Juli 1975 statt.
Nach Ende des Apollo-Sojus-Test-Projekts wurde Dschanibekow fur einen Flug zur neuen
Raumstation
Saljut 6
ausgebildet. Er sollte zusammen mit
Pjotr Kolodin
die erste Besuchsmannschaft bilden. Hierbei sollte erstmals ein Raumschiffswechsel an einer Raumstation durchgefuhrt werden, damit die Langzeitbesatzung langer an Bord bleiben konnte als ein Sojus-Raumschiff im All verwendbar war.
Das Kopplungsmanover von
Sojus 25
mit
Wladimir Kowaljonok
und
Waleri Rjumin
an Bord schlug im Oktober 1977 jedoch fehl. Der zweite Versuch von
Sojus 26
mit
Juri Romanenko
und
Georgi Gretschko
gelang aber im Dezember 1977 und Saljut 6 konnte in Betrieb genommen werden.
Wie geplant fuhrte Dschanibekow den Raumschiffwechsel durch. Als Bordingenieur war Kolodin inzwischen durch
Oleg Makarow
ersetzt worden. Dschanibekow und Makarow starteten am 10. Januar 1978 mit
Sojus 27
und landeten am 16. Januar 1978 mit
Sojus 26
. Bei dieser Mission verwendete Dschanibekow erstmals sein Rufzeichen ?Pamir“.
Eine Woche nach der Landung wurde Dschanibekow zum
Oberst
der sowjetischen Luftstreitkrafte befordert.
Ab November 1978 befand sich Dschanibekow im
Interkosmos
-Programm, das Piloten befreundeter Nationen einen Mitflug an Bord eines Sojus-Raumschiffes ermoglichte.
Fur
Sojus 36
, bei dem ein ungarischer Kosmonaut an Bord sein sollte, war Dschanibekow Reserve-Kommandant. Dieser Flug fand im Mai/Juni 1980 statt. Da im April 1979 ein geplanter Raumschiffwechsel mit
Sojus 33
nicht durchgefuhrt werden konnte und
Sojus 34
unbemannt startete, hatte sich das ganze Interkosmos-Programm verzogert.
Nachdem Dschanibekow fur die Interkosmos-Mission Sojus 36 Ersatz-Kommandant gewesen war, ruckte er fur
Sojus 39
in die Hauptmannschaft auf. Sein Begleiter war
Dschugderdemidiin Gurragtschaa
aus der
Mongolei
. Der Start erfolgte am 22. Marz 1981, die Ankopplung an die Raumstation
Saljut 6
am Folgetag. Ein Raumschifftausch war dieses Mal nicht geplant, und nach einer Woche Aufenthalt bei der Stammbesatzung
Saljut 6 EO-6
erfolgte die Landung am 30. Marz.
Im Januar 1982 sprang Dschanibekow fur den erkrankten
Juri Malyschew
ein und ubernahm als Kommandant die Vorbereitung fur eine sowjetisch-franzosische Mission zur Raumstation
Saljut 7
. Als Bordingenieur war
Alexander Iwantschenkow
nominiert. Komplettiert wurde die Mannschaft durch den Franzosen
Jean-Loup Chretien
, der damit der erste Westeuropaer im All wurde.
Der Start von
Sojus T-6
erfolgte am 24. Juni 1982. Dschanibekow war damit der zehnte Kosmonaut, der die damalige Rekordmarke von drei Raumflugen erreichte. Da kurz vor der Kopplung der Bordcomputer von Saljut 7 ausfiel, musste Dschanibekow die Annaherung und die Kopplung ausnahmsweise von Hand steuern.
Von April bis Oktober 1983 trainierte Dschanibekow zusammen mit
Mussa Chiramanowitsch Manarow
fur einen Langzeitaufenthalt an Bord von Saljut 7, die Plane wurden jedoch geandert, weil mit
Sojus T-8
und
Sojus T-10-1
zwei Fluge zu Saljut 7 misslangen. Dschanibekow sollte nun das Kommando fur eine Kurzzeitmission ubernehmen, um dringend benotigte Werkzeuge zur Raumstation zu bringen. Bordingenieurin fur diesen Flug war
Swetlana Sawizkaja
mit ihrem zweiten Raumflug. Außerdem sollte Forschungskosmonaut
Igor Wolk
als kunftiger
Buran
-Pilot die Auswirkungen der Schwerelosigkeits-Anpassung an die Flugfahigkeit eines Piloten untersuchen.
Der Start von
Sojus T-12
erfolgte am 17. Juli 1984. Dschanibekow setzte mit seinem vierten Raumflug eine neue Rekordmarke fur sowjetische Raumfahrer. Vor ihm hatten schon vier US-Astronauten (
Lovell
,
Young
,
Conrad
und
Stafford
) diese Schwelle erreicht.
Am Folgetag koppelte das Raumschiff an Saljut 7 an, wo sie von der dritten Langzeitbesatzung
Saljut 7 EO-3
(
Leonid Kisim
,
Wladimir Solowjow
und
Oleg Atkow
) begrußt wurden.
Am 25. Juli kam Dschanibekow zu seinem ersten
Weltraumausstieg
. Zusammen mit Sawizkaja verließ er die Raumstation, um unter Weltraumbedingungen neue Werkzeuge und Verfahren zu testen, unter anderem zum Schweißen, Schneiden und Beschichten von Metall. Dies war auch der erste Ausstieg einer Frau ins All.
Dschanibekow und Sawizkaja waren auch darauf vorbereitet, eine defekte Treibstoffleitung der Saljut zu reparieren. Kisim und Solowjow bestanden jedoch darauf, dies selbst durchzufuhren, so dass Dschanibekow und Sawizkaja sich auf eine Einweisung beschrankten. Die Ruckkehr von Sojus T-12 erfolgte am 29. Juli 1984.
Der Start der vierten Langzeitbesatzung von Saljut 7 war fur Marz 1985 vorgesehen. Im Februar fiel jedoch der Funkkontakt zur unbemannten Raumstation vollstandig aus, so dass an eine normale Mission nicht mehr zu denken war. Stattdessen musste kurzfristig eine Reparatur-Mission vorbereitet werden, die unter dem Kommando von Dschanibekow stehen sollte.
Zusammen mit seinem Bordingenieur
Wiktor Sawinych
startete Dschanibekow am 6. Juni 1985 im Raumschiff
Sojus T-13
. Dieses Mal lagen sogar nur etwa 10 Monate zwischen seinen Raumflugen. Außerdem war er der erste sowjetische Kosmonaut, der einen funften Raumflug durchfuhrte. Auf amerikanischer Seite hatte nur
John Young
diese Marke erreicht.
Dschanibekow koppelte das Sojus-Raumschiff mit Handsteuerung an die funktionslose Raumstation an. Unter der Bezeichnung
Saljut 7 EO-4
bildeten er und Sawinych damit die vierte Langzeitbesatzung von Saljut 7. Die Kosmonauten fanden die Station dunkel und kalt vor. Bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt und unter standiger Gefahr einer
Kohlendioxidvergiftung
untersuchte Dschanibekow das elektrische System der Saljut. Er trennte unbrauchbare Batterien ab und schaltete die anderen so, dass nur jeweils eine Batterie geladen wurde, nachdem das Sojus-Raumschiff die Station so gedreht hatte, dass die Solarzellen zur Sonne ausgerichtet war.
So konnten Dschanibekow und Sawinych in den folgenden Tagen die Raumstation wieder notdurftig in Betrieb nehmen. Zwei Raumfrachter brachten Ersatzteile und Lebensmittel. Am 2. August 1985 fuhrten Dschanibekow und Sawinych einen Ausstieg durch, um neue Solarzellen zu montieren. Dabei wurden neue Raumanzuge verwendet, die mit einem der Frachter angeliefert worden waren.
Im September 1985 waren die Reparaturarbeiten so weit abgeschlossen, dass der normale Betrieb wieder aufgenommen werden konnte. Am 18. September koppelte
Sojus T-14
an. An Bord waren mit
Wladimir Wasjutin
und
Alexander Wolkow
zwei der ursprunglich vorgesehenen Besatzungsmitglieder. Sawinych, der ebenfalls zur ursprunglich vorgesehenen Mannschaft gehorte, war bereits an Bord.
Das dritte Besatzungsmitglied von Sojus T-14 war der erfahrene Ingenieur
Georgi Gretschko
, dessen Aufgabe es war, die Station genau zu untersuchen. Nach einer Woche zu funft bestiegen Dschanibekow und Gretschko das Raumschiff Sojus T-13 und fuhrten umfangreiche Annaherungstests an die Raumstation durch. Die Landung fand am 26. September 1985 statt. Die Mission von Sojus T-13 gilt als eine der umfangreichsten Reparaturarbeiten im Weltraum.
Wahrend dieses Fluges gelang es Dschanibekow, die besondere Art der freien Rotation zu dokumentieren, die ein unregelmaßig geformter Korper ausfuhrt, wenn er nicht um eine
Haupttragheitsachse
rotiert (siehe
Dschanibekow-Effekt
).
Am Tag nach seiner Landung wurde Dschanibekow zum
Generalmajor
der sowjetischen Luftstreitkrafte befordert.
Dieser Einsatz wird im Film
Salyut-7
dramaturgisiert.
Dschanibekow trat am 24. Juni 1986 aus dem Kosmonautenkorps aus und wurde stellvertretender Bereichsleiter im
Juri-Gagarin-Kosmonautentrainingszentrum
, 1988 stieg er zum Bereichsleiter auf und behielt diese Position auch nach dem
Zerfall der Sowjetunion
bis zum Erreichen der Altersgrenze im August 1997. Auch danach war er noch als wissenschaftlicher Mitarbeiter tatig.
Schon als Kind begann Dschanibekow mit der Malerei. Inzwischen ist er neben
Alexei Leonow
und
Alan Bean
der dritte Raumfahrer, dessen Werke in Museen ausgestellt wurden. Die Motive seiner Gemalde entnimmt er seinen Weltraum-Missionen. Dschanibekow illustrierte auch mehrere Bucher, außerdem entwarf er vier Briefmarken fur die sowjetische Post.
Zwischen 1991 und 1998 machte er zusammen mit
Larry Newman
mehrere erfolglose Versuche einer Weltumrundung in
Heißluft-
und
Gasballons
.
[1]
Dschanibekow war von 1970 bis 1991 Mitglied der
KPdSU
. Er war Abgeordneter im
Obersten Sowjet der Usbekischen SSR
.
[2]
Dschanibekow hat unter anderem folgende Auszeichnungen erhalten:
- Held der Sowjetunion
(zweifach: 16. Marz 1978, 30. Marz 1981)
- Leninorden
(funffach: 1978, 1981, 1982, 1984, 1985)
- Orden des Roten Sterns
(1976)
[2]
- Orden der Freundschaft
(1996)
[2]
- Mitglied der
Russischen Akademie der Wissenschaften
- Orden der Flagge der Ungarischen Volksrepublik
III. Klasse (1980)
[2]
- Held der Mongolei
(1981)
[2]
- Suche-Bator-Orden
(Mongolei, 1981)
[2]
- Kommandeur der franzosischen
Ehrenlegion
(1982)
[2]
- K.-E.-Ziolkowski-Goldmedaille (1987)
[2]
- Medaille ?Fur Verdienste in der Weltraumforschung“
(2011)
[2]
- Ehrenburger von
Gagarin
(1978),
Kaluga
(1978),
Baikonur
(1978),
[2]
Arqalyq
,
Ulaanbaatar
sowie
Houston
- Pilot-Kosmonaut der Sowjetunion (1978)
- Der Asteroid des außeren Hauptgurtels
(3170) Dzhanibekov
, den der sowjetische Astronom
Nikolai Tschernych
am 24. September 1979 entdeckt hatte, wurde nach ihm benannt.
[3]
Dschanibekow ist in zweiter Ehe verheiratet und hat zwei Kinder aus erster Ehe. Nach ihm wurde der
Dschanibekow-Effekt
bezeichnet. Er war Trauzeuge bei der Hochzeit
Franz Viehbocks
.
[4]
- ↑
Peter Stekel:
Transglobal Attempts ? A Retrospective.
9. Februar 1998, archiviert vom
Original
(nicht mehr online verfugbar) am
25. Oktober 2003
;
abgerufen am 6. Juli 2009
(englisch).
- ↑
a
b
c
d
e
f
g
h
i
j
Джанибеков, Владимир Александрович.
Abgerufen am 17. Oktober 2023
.
- ↑
Lutz D. Schmadel
:
Dictionary of Minor Planet Names
. Fifth Revised and Enlarged Edition. Hrsg.: Lutz D. Schmadel. 5. Auflage.
Springer Verlag
,
Berlin
,
Heidelberg
2003,
ISBN 3-540-29925-4
,
S.
186
,
doi
:
10.1007/978-3-540-29925-7_3171
(englisch, 992 S., Originaltitel:
Dictionary of Minor Planet Names
. Erstausgabe: Springer Verlag, Berlin, Heidelberg 1992):
“1981 LA. Discovered 1981 June 4 by E. Bowell at Anderson Mesa.”
- ↑
Franz Viehbock
/
Clemens Lothaller
:
Austromir '91. Der osterreichische Schritt ins Raumzeitalter.
Edition Tau, Bad Sauerbrunn 1991,
ISBN 3-900977-27-5
, S. 56.