Suzanne Valadon
, eigentlich
Marie-Clementine Valadon
, (*
23. September
1865
in
Bessines-sur-Gartempe
,
Departement Haute-Vienne
; †
7. April
1938
in
Paris
) war eine franzosische
Malerin
. Sie gilt als bedeutende Vertreterin der franzosischen
Moderne
.
Marie-Clementine Valadon wurde 1865 als Tochter einer Wascherin in Bessines-sur-Gartempe in Frankreich geboren. 1870 zog die Mutter mit ihr nach Paris, nach
Montmartre
. Hier erlebte sie die Schrecken des
Deutsch-Franzosischen Krieges 1870/71
und der Niederschlagung der
Pariser Kommune
. Mit elf Jahren musste sie die Klosterschule verlassen, um eine Ausbildung zu beginnen. Aufgrund ihrer Fingerfertigkeit schmuckte sie Hute und Hauben mit Federn, Blumen und Vogeln. Spater verdiente sie ihren Unterhalt in einer Fabrik fur Grabkranze, als Gemuseverkauferin in den
Pariser Markthallen
im
Quartier des Halles
und als Serviererin.
Mit 15 Jahren war ihr der Montmartre vertraut. Sie lernte Maler kennen, die sie zum Zirkus Mollier brachten, da sie unbedingt Trapezkunstlerin werden wollte. Ein Unfall bei einem ihrer waghalsigen Sprunge beendete diese Karriere. Sie wurde nun als
Modell
bekannt, zuerst fur
Puvis de Chavannes
, dann fur
Pierre-Auguste Renoir
,
Henri de Toulouse-Lautrec
und viele andere Maler, die sich spater einen Namen machten. Mit den meisten von ihnen, so wurde vermutet, hatte sie Affaren.
Die Beziehung zu Henri de Toulouse-Lautrec wurde fur Suzanne Valadon eine besondere. Er war es auch, der ihr ihren
Kunstlernamen
Suzanne gab, da Marie seiner Ansicht nach ein viel zu braver Name sei, wo er sie doch so leidenschaftlich und wild kenne. Die Beziehung der beiden endete, als Suzanne drohte, sich umzubringen, wenn Toulouse-Lautrec sie nicht heirate. Er tat es nicht, und die Beziehung zerbrach.
- Portrats der Valadon
-
Auguste Renoir:
Portrat der Suzanne Valadon
, 1885
-
Henri de Toulouse-Lautrec:
Portrat der Suzanne Valadon
, 1886?1887
-
Auguste Renoir:
Der Zopf
, Portrat der Suzanne Valadon, 1887
-
Henri de Toulouse-Lautrec:
Die Trinkerin
, Portrat der Suzanne Valadon, um 1888
-
Suzanne Valadon, gezeichnet von
Theophile-Alexandre Steinlen
Suzanne Valadon, die auch der ?Kobold der Butte“ (frz.
butte
? ?Hugel“, gemeint ist der Montmartrehugel) genannt wurde, besuchte als
Autodidaktin
nie eine
Kunstakademie
. Sie erlernte ihren neuen Beruf, indem sie die Maler bei ihrer Arbeit beobachtete und studierte. Wahrend der sieben Jahre als Modell bei Renoir hatte dieser sie einst bei einer Arbeit an einem Selbstportrat uberrascht, und Henri de Toulouse-Lautrec, der wahrend ihrer Beziehung zufallig einige Zeichnungen entdeckte, schickte sie mit den besten davon zu seinem Idol, dem Maler
Edgar Degas
. Der fast blinde, menschenscheue Maler fand Gefallen an ihren Zeichnungen. Die beiden wurden gute Freunde; eine Freundschaft, auf die Henri de Toulouse-Lautrec lange mit Eifersucht reagierte. Degas lehrte sie die Kunst der
Radierung
in der Technik des Weißlackverfahrens.
1895 wurden erste Radierungen veroffentlicht. Degas war es auch, der die ersten Zeichnungen von ihr kaufte und ihre Werke bei Kunstsammlern und -handlern einfuhrte.
Mit der Zeit horte Suzanne Valadon auf zu zeichnen und wandte sich verstarkt der Farbe zu. Sie malte
Selbstportrats
, Bilder von Blumen, Motive mit Mutter und Kind und unkonventionelle Frauenakte.
Im Jahr 1909 entstand das Gemalde
Adam und Eva
, das die beiden biblischen Gestalten in einer Neuinterpretation der Szene nackt zeigt. Um das Bild ausstellen zu konnen, musste sie aus Grunden des damaligen Anstands Adams Hufte mit einer Ranke ubermalen. 1911 folgte
Lebensfreude
, 1914
Das Auswerfen der Netze
.
Ihr Sohn
Maurice
wurde am 26. Dezember 1883 in Paris geboren. Wer sein Vater war, ist nicht bekannt. Der
Kunstkritiker
Miguel Utrillo y Molins, ein spanischer Adliger, mit dem sie seinerzeit ein Verhaltnis hatte, erkannte jedenfalls die Vaterschaft an, aber der Sohn nahm dessen Namen nur widerwillig an und signierte daher spater all seine Bilder mit ?Utrillo V.“, wobei ?V.“ fur Valadon stand. Als Maurice Utrillo noch klein war, wurde er von Suzannes Mutter erzogen. Seine Mutter kummerte sich wenig um ihn, und schon als Jugendlicher wurde er Alkoholiker. Nach einer Entziehungskur ermunterte die Mutter ihn, sich der Malerei als Therapie zu widmen.
Im Jahr 1893 hatte Suzanne Valadon eine kurze Beziehung mit dem Komponisten
Erik Satie
. Dieser machte ihr noch in der Nacht ihres Kennenlernens einen Heiratsantrag, den sie jedoch ablehnte. Einige Monate spater trennten sich die beiden wieder.
1894 gestaltete Suzanne Valadon ihre erste Ausstellung im
Salon de Nationale
. 1896 heiratete sie den reichen Bankier Paul Mousis, der ihr ein gesichertes Leben bot ? ein Leben, das sie langweilte. Sie entfernte sich immer weiter von Mousis, und als sie 1909 in Paris den 24-jahrigen Maler
Andre Utter
kennenlernte, der ihr Modell und ihr Liebhaber wurde, trennte sie sich von Paul Mousis und nahm ihren Sohn mit. Bei der Trennung war sie 42 Jahre alt. Lange weigerte sie sich, Andre Utter zu heiraten; sie hegte mittlerweile einen Groll gegen die Ehe an sich. Erst als ihr Geliebter in den Krieg zog, fasste sie den Entschluss, ihn einen Tag vor seiner Abreise zu heiraten. Mit ihm und ihrem Sohn Maurice Utrillo fuhrte sie eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft in der Rue Cortot auf dem Montmartre jenseits aller burgerlicher Konventionen. Utter kummerte sich bis zu ihrem Tod um sie, seine Eifersucht machte ihr aber immer zu schaffen. Ein junger Maler namens Gazi, der seinen Unterhalt hauptsachlich als Gitarrenspieler verdiente, war ihr letzter Freund und Liebhaber, der sie fast abgottisch verehrte.
Wahrend sie an einem Gemalde arbeitete, erlitt sie einen Schlaganfall, dem sie, 73-jahrig, am 7. April 1938 auf dem Transport ins Krankenhaus erlag. Montmartre trauerte um eine seiner bekanntesten Personlichkeiten. Utter ging dem Trauerzug voran, Sohn Maurice konnte aufgrund eines psychischen Zusammenbruchs, den er bei der Nachricht vom Tode seiner Mutter erlitten hatte, nicht teilnehmen. Ihre letzte Ruhe fand Suzanne Valadon auf dem Friedhof
Saint-Ouen (Seine-Saint-Denis)
(
Cimetiere parisien de Saint-Ouen
) nordlich von Montmartre.
Der
Asteroid
(6937) Valadon
und ein
Venuskrater
sind nach ihr benannt.
Schon zu ihren Lebzeiten war Suzanne Valadon eine der bedeutendsten Malerinnen ihrer Zeit und uber die Grenzen Frankreichs hinaus bekannt. Sie hinterließ ein Gesamtwerk mit fast 500 Gemalden sowie etwa 300 Zeichnungen und Drucken. Ihre erste Einzelausstellung fand 1915 in der Pariser Galerie von
Berthe Weill
statt. Ein Teil ihrer Werke ist heute im
Centre Georges Pompidou
in Paris, im
Musee de Grenoble
und im
Metropolitan Museum of Art
in New York, aber auch im
Museum Ludwig
in Koln, zu sehen. Im Jahr 1964 wurden Arbeiten von ihr auf der
documenta III
in
Kassel
in der beruhmten Abteilung
Handzeichnungen
gezeigt, 2009 wurden in der
Pinacotheque de Paris
Werke von Suzanne Valadon und Maurice Utrillo gezeigt.
- 1967:
Suzanne Valadon
, Musee National d’Art Moderne, Paris.
- 1996:
Suzanne Valadon
, Fondation Gianadda, Martigny.
- 2009:
Valadon, Utrillo. Au tournant du siecle a Montmartre. de l'Impressionnisme a l'Ecole de Paris
, Pinacotheque de Paris.
- 2015?2016:
Valadon, Utrillo et Utter
, Musee de Montmartre, Paris.
- 2020?2021:
Suzanne Valadon et ses contemporaines: l'art moderne au feminin
, Musee des Beaux-Arts de Limoges.
- 2023:
Suzanne Valadon. Eine eigene Welt
, Centre Pompidou Metz, Frankreich, 15. April ? 11. September 2023
[1]
[2]
- 2024: Suzanne Valadon. A modern epic, Museu Nacional d’Art de Cataluny, Spanien, 19. April ? 1. September 2024
[3]
- Jeanne Champion:
Die Vielgeliebte ? Kunst und Leben der Suzanne Valadon.
Knaus, 1990,
ISBN 3-442-09634-0
.
- Valeska Doll:
Suzanne Valadon (1865?1938). Identitatskonstruktion im Spannungsfeld von Kunstlermythen und Weiblichkeitsstereotypen.
Herbert Utz, Munchen 2001,
ISBN 3-8316-0036-8
- Ursula Sigismund:
Suzanne Valadon, Modell und Malerin.
Kranichsteiner Literaturverlag, Darmstadt 1997,
ISBN 3-929265-06-0
.
- Elke Vesper:
Schreckliche Maria. Das Leben der Suzanne Valadon.
Roman. Lubbe, Bergisch Gladbach 1995,
ISBN 3-404-12203-8
.
- Therese Diamand Rosinsky:
Suzanne Valadon.
Flammarion, Paris 2005,
ISBN 2-08-068465-5
(franzosisch).
- Janine Warnod:
Suzanne Valadon
(Bildband). Gondrom, Bindlach 1994,
ISBN 3-8112-1145-5
.
- Montmartre: Die Freiheit der Suzanne Valadon.
Regie: Anne Sedes;
Arte
, Frankreich 2020.
- ↑
Suzanne Valadon. Eine eigene Welt
, Centre Pompidou, Metz, Frankreich, 2023
- ↑
Suzanne Valadon in Metz. Die vergessene Revolutionarin
Text von Felix Leitmeyer, monopol Magazin fur Kunst und Leben, 19. Juni 2023
- ↑
Suzanne Valadon. A modern epic.
Museu Nacional d’Art de Cataluny, 2024,
abgerufen am 9. Mai 2024
(englisch).