Der
Pilzkorper
(
Corpora pedunculata
,
englisch
Mushroom body
)
[1]
ist eine auffallige, paarig organisierte anatomische Struktur, die im Zentralhirn (
Oberschlundganglion: Protocerebrum
) der
Arthropoden
und einiger
Anneliden
vorkommt.
[1]
Er dient als
olfaktorisches Zentrum
(Riechzentrum 2. Ordnung), spielt aber auch eine wichtige Rolle bei hoheren integrativen Leistungen wie Lernen und Gedachtnis
[2]
und ist eines der Verschaltungszentren (Glomeruli) des Protocerebrums.
[1]
Der Pilzkorper gliedert sich in eine Calyx (Kelch), einen Pedunculus (Stiel) und mehrere Loben. Die Calyx wird von
Dendriten
zahlreicher
intrinsischer
Neuronen
innerviert, die traditionell als
Kenyon-
oder Globuli-Zellen bezeichnet werden (50.000 bei der
Wanderheuschrecke
, 2.000 bei der Taufliege
Drosophila
). Deren vergleichsweise winzige Zellkorper liegen stets in der
Peripherie
des Gehirns. Die zunachst parallel angeordneten Axone der Kenyon-Zellen ziehen gebundelt als Pedunculus ins Innere des Gehirns, wo sie sich terminal aufzweigen und so die einzelnen Loben bilden. Die Zahl der Loben unterscheidet sich artspezifisch ? beispielsweise besitzen die Pilzkorper von
Drosophila
drei Paar Loben (alpha-, beta-, gamma-Lobus)
[3]
und die der
Hufeisengarnele
Hutchinsoniella
insgesamt 19 Loben (acht Paar und drei unpaare).
[4]
Wahrend die beiden Pilzkorper der meisten
Insekten
paarig getrennt vorliegen, sind die Pilzkorper der Hufeisengarnelen,
Doppelschwanze
,
[5]
Tausendfußer
,
[6]
Kieferklauentrager
und
Stummelfußer
[7]
sowie vieler
Ringelwurmer
(Anneliden)
[8]
mittig miteinander verbunden.
Bei
Drosophila
wurde gezeigt, dass sich der Pilzkorper jeder Korperseite aus vier
Neuroblasten
entwickelt, die jeweils einen identischen Satz von Kenyon-Zellen hervorbringen.
[9]
Die komplexen Pilzkorper von
Hutchinsoniella
entwickeln sich ? ebenso wie das restliche olfaktorische System ? extrem fruh und sind bereits zum Zeitpunkt des Schlupfes voll funktionsfahig.
[10]
Aufgrund der detaillierten strukturellen
Homologie
der einzelnen Komponenten des Pilzkorpers und seiner ubereinstimmenden olfaktorischen Funktion innerhalb der Arthropoden wird heute davon ausgegangen, dass bereits der marine Vorfahr aller Arthropoda im
Kambrium
ein Paar mittig verbundener Pilzkorper, d. h. ein gut ausgestattetes Geruchssystem besaß.
[4]
Obwohl den meisten Krebsen Pilzkorper fehlen, lassen sich auch die einfacher gebauten olfaktorischen Zentren der
Hoheren Krebse
[11]
und
Remipedia
[12]
von den Pilzkorpern dieses Ur-Arthropoden ableiten. Die nahe Verwandtschaft der Arthropoda und Annelida (
Articulata-Hypothese
) wurde fruher unter anderem durch die Ubereinstimmungen des Pilzkorpers der beiden Gruppen unterstutzt, gilt aber heute angesichts einer Fulle molekularer Daten als unwahrscheinlich.
- ↑
a
b
c
Oberschlundganglion
, auf: Spektrum.de, Lexikon der Biologie
- ↑
Text zum Pilzkorper von der Uni Freiburg
(
Memento
vom 15. Oktober 2004 im
Internet Archive
)
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b
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and
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Text zur Entwicklung der Pilzkorper auf Flybrain.org
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