Almohadenreich (um 1160)
Minarett
der unter den Almohaden in Marrakesch erbauten
Koutoubia-Moschee
Iberische Halbinsel
zur Zeit der Herrschaft der Almohaden (Pfeile zeigen die Stoßrichtungen der christlichen Heere wahrend der
Reconquista
; A=
Aragon
, C=
Kastilien
, L=
Leon
, N=
Navarra
, P=
Portugal
)
Flagge der Almohaden
Die
Almohaden
(von
arabisch
????????
al-muwahhidun
,
DMG
al-muwa??id?n
?Vereiniger, Bekenner der
Einheit Gottes
‘;
Tifinagh-Schrift
???????
) waren eine
muslimische
marokkanische
Berber
-Dynastie, die zwischen 1147 und 1269 uber weite Teile des
Maghreb
und von
al-Andalus
herrschte.
Die Dynastie der Almohaden wurde im Jahr 1121 von
Ibn Tumart
begrundet, der die
Masmuda
-Berber des
Hohen Atlas
fur seine
Glaubensauffassung
missionierte. Diese sah allein den
Koran
und die Tradition des Propheten
Mohammed
als legitime Quellen an und lehnte die Fortschreibung von Entscheidungen fruherer Autoritaten ab. Sie verstand den Koran so, dass sich die Erkenntnis der Existenz und Einheit Gottes aus der Schopfung heraus auf rein rationale Uberlegungen grunden kann, und richtete sich dagegen, anthropomorphe Gottesbeschreibungen im Koran literalistisch zu deuten. Sie war außerdem mit einem strengen
Moralismus
verbunden.
[1]
Im Jahr 1129 scheiterte ein erster Angriff auf
Marrakesch
, doch fuhrte Tumarts Nachfolger
Abd al-Mumin
(reg. 1130?1163) die Bewegung zum Erfolg und sturzte mit der Eroberung von al-Andalus (1148) und Marrakesch (1149) die Dynastie der
Almoraviden
. Nach der Sicherung der Herrschaft uber
Marokko
eroberten die Almohaden das Reich der
Hammadiden
in
Algerien
(1152) sowie das Reich der
Ziriden
im heutigen
Tunesien
(1155?1160), womit sie den gesamten Westen der islamischen Welt beherrschten. Durch die Umsiedlung arabischer
Beduinenstamme
von
Ifr?qiya
und
Tripolitanien
nach Marokko wurde die
Arabisierung
der Berber auch in diesem Teil des Maghrebs erheblich beschleunigt.
Unter
Kalif
Abu Yaqub Yusuf I.
(reg. 1163?1184) wurde das Reich weiter gefestigt und vor allem in al-Andalus gegen die Ruckeroberungsversuche
(
reconquista
)
der christlichen Reiche verteidigt. Die Almohaden fuhrten den durch die
Abbasiden
angelegten
Architekturstil
fur
Moscheen
, der durch die T-Disposition aus dem hervorgehobenen Mittelschiff und dem Querschiff vor der
Qiblawand
gekennzeichnet ist, fort. Beispiele sind die
Kutubiyya-Moschee
in Marrakesch und die
Moschee von Tinmal
im
Atlasgebirge
. Abu Yaqub Yusuf I. und sein Sohn
Ya?q?b al-Mans?r
waren den Wissenschaften gegenuber aufgeschlossen und forderten u. a. die philosophische Tatigkeit von
Averroes
, wenn auch Ya?q?b al-Mans?r Averroes, wohl aus vorubergehenden politischen Interessen, im Jahr 1197 fur zwei Jahre nach
Lucena
, nahe
Cordoba
, verbannte und zuließ, dass seine ideologischen Gegner seine Schriften verbrannten.
[2]
In Ifriqiya fuhrten die Almohaden einen lang andauernden Kleinkrieg gegen die Anhanger der Almoraviden, wodurch die Wirtschaft im ostlichen und zentralen Maghreb ruiniert wurde. Dennoch konnten unter
Ya?q?b al-Mans?r
(reg. 1184?1199) in al-Andalus die Vorstoße
Kastiliens
in der
Schlacht bei Alarcos
(1195) abgewehrt werden.
In der Folgezeit gewannen unter Kalif
Muhammad an-Nasir
(reg. 1199?1213) einige Provinzen an Autonomie. In al-Andalus wurde die almohadische Herrschaft im Gefolge der katastrophalen Niederlage des jungen Kalifen in der
Schlacht bei Las Navas de Tolosa
im Sommer 1212 gegen die vereinigten christlichen Konigreiche zwar zunachst nicht wesentlich erschuttert, aber langfristig geschwacht, und ging in den folgenden Jahrzehnten verloren.
Als
Yusuf II. al-Mustansir
(reg. 1213?1224) minderjahrig an die Macht kam und Auseinandersetzungen unter den Stammesfuhrern der Almohaden ausbrachen, begann der Niedergang des Reiches. In der sich ausweitenden Anarchie gewannen die arabischen
Beduinen
an Bedeutung. Bis zum Jahr 1235 hatten die Almohaden die Herrschaft uber al-Andalus an
Ibn Hud
,
Ifr?qiya
an die
Hafsiden
und
Algerien
an die
Abdalwadiden
verloren.
In Marokko begannen die
Meriniden
(Banu Marin)
ihre Macht auszudehnen, um nach der Eroberung von
Fes
(1248) eine neue Dynastie zu begrunden. Zwar konnten sich die Almohaden in Marrakesch noch bis zum Jahr 1269 gegen die Meriniden behaupten, doch hatten sie ihre Bedeutung seit dem Fall von Fes weitgehend verloren.
Die Herrschaft der Almohaden war durch einen zunehmenden Ausgleich zwischen arabischen und berberischen Bevolkerungsgruppen auf dem Land gekennzeichnet. Wahrend des Niedergangs setzten sich allerdings die nomadischen Stamme gegenuber der sesshaften Bevolkerung als wichtigste politische Kraft im Maghreb durch. Dies trug spater maßgeblich zum wirtschaftlichen Niedergang der Region bei.
Die
Giralda
von
Sevilla
war das Minarett der zerstorten Moschee der Stadt.
In ihrer Blutezeit (ca. 1140?1248) errichteten die Almohadenherrscher ? auch zum Zeichen ihres Machtanspruchs ? eine Vielzahl von imposanten religiosen und weltlichen Bauten in Marokko und al-Andalus:
Moschee von Tinmal
, Pfeilerhalle mit
Mihrab
Bab des Oudaias, Rabat
Die bereits unter den Almoraviden errichteten Stadtmauern von Fes, Marrakesch und Sevilla wurden restauriert und verstarkt.
- ↑
David Wirmer:
Averroes, Uber den Intellekt.
Herder, Freiburg 2008, S. 289 f
- ↑
David Wirmer:
Averroes, Uber den Intellekt.
Herder, Freiburg 2008, S. 296 f.