Raczkiewicz wuchs in
Twer
auf und schloss 1911 ein Studium der
Rechtswissenschaft
an der
Universitat Tartu
ab. Anschließend praktizierte er bis 1914 in
Minsk
als
Rechtsanwalt
. Bereits wahrend seines Studiums hatte er 1910 unter anderem den
Polnischen Jugendbund in Russland
mitgegrundet und engagierte sich fur weitere konspirative Organisationen, die sich fur die Belange der im Einflussbereich des Russischen Kaiserreiches lebenden
Polen
einsetzten.
Nach dem Ausbruch des
Ersten Weltkrieges
diente Raczkiewicz zunachst von 1914 bis 1917 als Offizier in der
Zaristischen Armee
. Nach der
Oktoberrevolution 1917
war er Mitgrunder des
Obersten Polnischen Militarkomitees
, einer Organisation, die polnischstammige Offiziere und Soldaten der ehemaligen Zaristischen Armee vereinigte. Im Zuge der Ausrufung der
Zweiten Polnischen Republik
trat er 1918 der
Polnischen Armee
bei und diente fur diese wahrend des
Polnisch-Sowjetischen Krieges
als Offizier an der Verteidigung von
Vilnius
mit.
1921 sowie erneut von 1925 bis 1926 und von 1935 bis 1936 war Raczkiewicz Innenminister in verschiedenen Kabinetten und von 1935 bis 1936
Senatsmarschall
. Nach dem
Maiputsch 1926
war Raczkiewicz ubergangsweise auch Woiwode, zuletzt von 1936 bis 1939 in
Pommerellen
. Ab 1934 fungierte er zudem als Vorsitzender des
Weltkongresses der Auslandspolen
.
Nach der Flucht und dem Rucktritt
Ignacy Mo?cickis
in Folge des
Uberfalls Deutschlands auf Polen 1939
und des Ausbruchs des
Zweiten Weltkrieges
ubernahm Raczkiewicz das Amt des
Prasidenten im Exil
. Er ubte diese Funktion bis zu seinem Tod 1947 im britischen Exil aus.
Vier Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges, am 9. Dezember 1943, empfing er
Jan Karski
, einen polnischen Kurier und Widerstandskampfer, der ihm eine geheime Bitte des
Allgemeinen Judischen Arbeiterbundes
und weiterer zionistischer Organisationen in Warschau ubermittelte. Die Juden forderten Raczkiewicz auf, bei Papst
Pius XII.
zu intervenieren.
?Polen ist ein katholisches Land, und einige von denen, die man gerade umbringt, sind Christen judischer Herkunft…Viele Deutsche sind ebenfalls Katholiken; sogar Hitler ist ein getaufter Christ“
Mit moralischer Uberzeugungskraft ? oder zur Not mit der Androhung von Exkommunikation musse es dem Papst doch gelingen, einige Nazis zum Umschwenken zu bringen. In seinem Tagebuch machte sich Raczkiewicz ausfuhrliche Notizen uber die politische Diskussion mit Karski. Die Notlage der Juden erwahnte er nicht.
- E. Thomas Wood und Stanisław M. Jankowski:
Jan Karski ? Einer gegen den Holocaust. Als Kurier in geheimer Mission.
2. Auflage. Bleicher, Gerlingen 1997,
ISBN 3-88350-042-9
.
- ↑
E. Thomas Wood, Stanislaw M. Jankowski:
Jan Karski ? Einer gegen den Holocaust. Als Kurier in geheimer Mission.
2. Auflage. Bleicher, Gerlingen 1997,
ISBN 3-88350-042-9
, S. 207.