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Erzgebirgischer Schwibbogen ? Wikipedia

Erzgebirgischer Schwibbogen

Lichterbogen aus dem Erzgebirge

Als Schwibbogen bezeichnet man einen Lichterbogen aus dem Erzgebirge , welcher vor allem der Weihnachtsdekoration dient. Hier sind Schwibbogen ein fester Bestandteil der Erzgebirgischen Volkskunst .

Schwibbogen mit Rauchermann , Nussknacker und Olbernhauer Reiterlein auf einem Sockel

Name und Geometrie

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Der Name leitet sich von seiner Form, der eines Schwebe- oder Strebebogens , ab, die sich in ahnlicher Form in der Architektur wiederfindet. [1] Mit dem Schwibbogen in der Architektur hat aber der erzgebirgische Schwibbogen nur gemeinsam, dass ein Bogen als Gestaltungselement benutzt wird und dass das ?Schweben“ nicht wortlich zu nehmen ist. Schwibbogen als Produkte der Volkskunst stellen geometrisch die Verbindung eines Kreisbogens mit einer waagerecht verlaufenden Sekante dar. Im Korper (seltener auch auf ihm) befinden sich szenische Darstellungen, die von Kerzen beleuchtet werden. Das Kunstwerk wird meistens auf Sockeln aufgestellt. Außenschwibbogen konnen auch zwischen zwei Mauern ?schweben“ (wie ihre Vorbilder in der Architektur; tatsachlich sind Schwibbogen aber keine Mobiles , sondern in letztgenanntem Fall fest mit den Objekten rechts und links von ihnen verbunden).

Symbolische Bedeutung und Darstellungsabsicht

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Zwischen zwei Mauern: Scheinbar ?schwebende“ Variante eines Schwibbogens mit Nussknacker und Rauchermannern in Seiffen
 
Schwibbogen im Fenster eines erzgebirgischen Wohnhauses

Entgegen der oft geaußerten Behauptung, die Form des Erzgebirgischen Schwibbogens symbolisiere das Mundloch eines Stollens , wurden ursprunglich im Halbrund der ersten bekannten Schwibbogen zunachst christliche Motive, dann Sonne, Mond und Sterne dargestellt. Wahrscheinlich sollte bei den altesten Objekten der ?Himmelsbogen“ oder das ?Tor zum Paradies [2] symbolisiert werden. Bis weit ins 20.?Jahrhundert wurden Schwibbogen meist aus Metall gefertigt. Heute ist Holz als Werkstoff am weitesten verbreitet, und es haufen sich Darstellungen, die nur in einem sehr weiten Sinn mit Religion zu tun haben.

In moderner Deutung stehen die auf dem Bogen aufgesetzten Lichter fur die Sehnsucht der Bergleute nach Tageslicht, das sie vor allem in den Wintermonaten oft uber Wochen nicht zu Gesicht bekamen; zum Arbeitsbeginn am fruhen Morgen war es noch dunkel, und nach dem Ende der Schicht am Abend war die Sonne bereits untergegangen. [3]

Die Motive im Bogen spiegeln den Alltag der Bergleute und ihrer Familien wider. Eines der bekanntesten Motive, der sogenannte ?Schwarzenberger Schwibbogen“, zeigt neben verschiedenen kleineren Symbolen zwei Bergleute , die ein Wappen mit den sachsischen Kurschwertern tragen, einen Schnitzer und eine Klopplerin und verkorpert damit drei der Haupterwerbsquellen der erzgebirgischen Landbevolkerung des 18. und 19.?Jahrhunderts. Weitere Varianten sind christliche Motive aus der Weihnachtsgeschichte oder der Wald und dessen Tiere. Ein weiteres bekanntes Motiv ist die Kirche des fur seine Volkskunst bekannten Erzgebirgsdorfes Seiffen . Die Darstellung des Sundenfalls und der Vertreibung Adams und Evas aus dem Garten Eden, die sich durchweg auf den altesten erhaltenen Schwibbogen des 18. Jahrhunderts findet, ist inzwischen nicht mehr gebrauchlich. [3] Der 24.?Dezember war der liturgische Gedenktag Adams und Evas im Kirchenjahr .

Vornehmlich zur Advents - und Weihnachtszeit werden die inzwischen uberwiegend elektrisch beleuchteten Bogen seit Mitte des letzten Jahrhunderts in die Fenster vieler Hauser, auch weit außerhalb der Erzgebirgsregion, gestellt und finden als Großbogen auch im Außenbereich Verwendung. Der mit 25 m Breite derzeit großte freistehende Schwibbogen der Welt wurde 2012 in Johanngeorgenstadt aufgestellt. [4]

Mit dem beleuchteten Schwibbogen im Fenster war eine weitere Symbolik verbunden: das Licht des Schwibbogens sollte den Bergleuten den sicheren Weg zuruck ins Heim weisen.

Geschichte

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Der alteste bekannte Schwibbogen, datiert auf das Jahr 1740, entstand in Johanngeorgenstadt und besteht aus Metall. Erst 2003 wurde die Jahreszahl unter einer jungeren Farbschicht entdeckt. Bis dahin wurde davon ausgegangen, dass sich der Bogen mit der Aufschrift ?1778“ und ?J. C. Teller“ in seiner ursprunglichen Bemalung befunden hatte. [5] Weitere fruhe Schwibbogen stammen von 1796 und um 1810.

Eines der bekanntesten Motive, mit Bergleuten, sachsischen Kurschwertern, Schnitzer und Klopplerin, entstand 1937 im Rahmen der vom nationalsozialistischen Heimatwerk Sachsen und dem Schwarzenberger Fabrikanten Friedrich Emil Krauß initiierten ? Feierohmd -Ausstellung“. Krauß hatte einen Wettbewerb fur einen Schwibbogen fur alle ausgelobt. Der von der Leipziger Illustratorin Paula Jordan eingereichte Entwurf wurde am ehesten dem Anspruch gerecht, die Elemente fruherer Motive in einem Schwibbogen zu vereinen, und gewann den Wettbewerb. [6] Nach ihrer Vorlage wurde von den Bergschmiedemeistern Max Adler und Curt Teller ein 7 × 4 Meter messender Schwibbogen fur die Ausstellung gebaut und aufgestellt, der nach Ausstellungsende seinen Standort in Johanngeorgenstadt erhielt. [3] Krauß ließ das Motiv noch 1937 als Warenzeichen schutzen. Noch heute zahlt dieser Schwibbogen zu den bekanntesten und am meisten verbreiteten Ausfuhrungen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Schwibbogen zunehmend aus Holz gefertigt. Da die Nachfrage in der DDR großer als das Angebot war, wurden Schwibbogen oft als Laubsagearbeit nach dem Vorbild einer nachgezeichneten Vorlage (z.?B. eines Blechschwibbogens) privat hergestellt.

Sonderformen und Sonderformate

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Seit den 1990er Jahren bildeten sich Abweichungen von der traditionellen, halbrunden Form heraus. Die als Dreieck ausgefuhrte Bauart tragt die Bezeichnung Lichterspitze und zeigt haufig als Motiv Waldszenen, Forsthaus, Christkrippe, Nikolaus oder Sakralbauten wie die Dresdner Frauenkirche. Auch außerhalb vom Erzgebirge werden immer mehr Stadtsilhouetten als Motive genutzt. Als Neuheit seit 2010 finden sich Gotische Bogen . Diese Form versieht den Bogen mit einer ausgepragten, mittigen Spitze im Stile eines gotischen Kirchenfensters und wird von den ublichen winterlich-weihnachtlichen Motiven geschmuckt. [7]

Rezeption

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Der Soziologie Thorsten Mense stellte im Mai 2024 auf dem ersten Kongress des Leipziger Else-Frenkel-Brunswik-Instituts fur Demokratieforschung in Sachsen fest, am traditionellen ?Schwarzenberger Schwibbogen“ mit Bergleuten und Klopplerin zeige sich die ?repressive Harmonie“ des sachsischen Nationalismus. Holzschnittartige Geschlechterbilder und NS-Geschichte seien notwendiger und unterdruckter Anteil jenes Kulturguts, das als Symbol der Hoffnung und Zuversicht gelte. [6]

Literatur

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  • Richard Truckenbrodt : Der Schwibbogen (=? Gluckauf . Nr.  50 ). 1930, S.  296?297 .
  • Siegfried Sieber : Der Schwibbogen als Weihnachtsleuchter (=? Der Heimatfreund fur das Erzgebirge . Nr.  15 ). 1970, S.  241?243 ( GND 4828864-0 ).
  • Chemnitzer Fachschule fur Tourismus (Hrsg.): Deckenleuchter und Schwibbogen im Sachsischen Erzgebirge . Husum, Husum 1997, ISBN 978-3-88042-805-8 .
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Commons : Schwibbogen ?? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Schwibbogen aus dem Erzgebirge ? Geschichte und Bedeutung. seiffen.com, ehemals im Original (nicht mehr online verfugbar) ; abgerufen am 26.?Oktober 2017 . @1 @2 Vorlage:Toter Link/www.seiffen.com ( Seite nicht mehr abrufbar . Suche in Webarchiven )
  2. Andreas Roth: Erzgebirge: Altester Schwibbogen in Johanngeorgenstadt verbirgt Ratsel der Weihnacht. In: mdr.de. Abgerufen am 10.?Januar 2024 : ?Vor fast 300 Jahren schuf ein Vorfahre von Harald Teller in Johanngeorgenstadt den ersten erhaltenen Schwibbogen … Harald Teller kann ins Paradies gehen. Er muss nur den Lichterbogen in der Johanngeorgenstadter Kirche unterqueren ?Dieser Bogen stellt das wieder geoffnete Himmelstor dar“, da ist sich Harald Teller beim Blick nach oben sicher. … Einen solchen Lichterbogen gibt es auch weiter ostlich im Erzgebirge in der Scheibenberger Kirche . Eine Rechnung von 1716 belegt, dass er dort zur Christmette aufgestellt wurde - das fruheste Zeugnis dieser erzgebirgischen Besonderheit. … ?Der 24. Dezember war nach alter Tradition der Tag von Adam und Eva“, erklart Harald Teller … ?Deshalb ist hier auf der einen Seite der Sundenfall dargestellt, wo Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis essen. Von den beiden Erzengeln werden sie deswegen aus dem Paradies vertrieben.“ Auch das ist auf dem eisernen Lichterbogen zu sehen. … ?Weihnachten wird Jesus geboren. Weil er sein Leben fur die Menschen opfert, kann mit dem Schlussel hier das Tor zum Paradies wieder geoffnet werden.“ All das ist auf dem altesten erhaltenen Schwibbogen zu sehen, als ware er selbst dieses Tor. Ganz so wie die Lichterbogen in den Kirchen von Johanngeorgenstadt und Scheibenberg. Sie waren das Vorbild fur den Tischleuchter …“
  3. a b c Geschichte der Lichterbogen. erzgebirgsstube.com, ehemals im Original (nicht mehr online verfugbar) ; abgerufen am 26.?Oktober 2017 . @1 @2 Vorlage:Toter Link/www.erzgebirgsstube.com ( Seite nicht mehr abrufbar . Suche in Webarchiven )
  4. Bergstadt Johanngeorgenstadt - Stadt des Schwibbogens. In: johanngeorgenstadt.de. Abgerufen am 10.?Januar 2024 (Mit Erlauterung der Symbole im Schwibbogen).
  5. Christian Teller : Neue Erkenntnisse zum Schwibbogen. In: Erzgebirgische Heimatblatter 6/2004, S. 16 f.
  6. a b Alex Struwe: Antworten, die keiner horen will . In: nd . nd.Genossenschaft eG, 8.?Juni 2024, ISSN  0323-3375 , S.  19 ( nd-aktuell.de [abgerufen am 9.?Juni 2024]).
  7. Gotische Schwibbogen als Fensterbeleuchtung. In: erzgebirge-weihnachten.de. Abgerufen am 10.?Januar 2024 .