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Burgerort ? Wikipedia

Burgerort

Heimatrecht fur Schweizer Burger

Der Burgerort (auch Heimatort bzw. Ort der Heimatberechtigung ) ist in der Schweiz die Gemeinde (beziehungsweise im Kanton Appenzell Innerrhoden der Landesteil ), in der ein Burger der Schweiz sein Heimatrecht hat. Der Burgerort kann, muss aber nicht mit dem Geburtsort oder Wohnort ubereinstimmen. Heutzutage ist die Heimatberechtigung an einem Burgerort von geringerer praktischer Bedeutung als in fruheren Zeiten, ist aber im Schweizer Pass und auf der Schweizer Identitatskarte eingetragen, wahrend in anderen Landern stattdessen der Geburtsort an entsprechender Stelle vermerkt ist.

Burgerrechtsurkunde der Stadt Zurich

Der Erwerb der Schweizer Staatsburgerschaft , die sich aus drei Burgerrechten zusammensetzt (Gemeinde, Kanton und Bund), ist daher gleichzeitig der Erwerb des Burgerrechts einer spezifischen Gemeinde und somit mit der politischen Partizipation im Schweizer Staatswesen verbunden.

Geschichte

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In der Alten Eidgenossenschaft , aber auch in zahlreichen anderen fruheren Herrschaften , war der Burgerort der Ort, in dem die Vorfahren gelebt und Rechte und Pflichten erworben hatten und dadurch heimatberechtigt waren. Der Burgerort war derjenige Ort, in dem ein Burger Rechte an den gemeinsamen Gutern hatte; dazu gehorten zum Beispiel Allmendweide und Holzgerechtigkeiten , also geldwerte Vorteile . Am Burgerort hatte er zudem dem Landesherrn seine Wehrkraft zur Verfugung zu stellen. Wer dort hinzukam, hatte sich in der Regel wie ein neuer Gesellschafter in ein Unternehmen einzukaufen.

Der Burgerort war es auch, der fur seine Burger aufkommen musste, falls diese verarmten und ihren Lebensunterhalt nicht mehr selbst bestreiten konnten. Daher versuchten im 19. Jahrhundert etliche in finanziellen Schwierigkeiten steckende Schweizer Gemeinden ihre Armen loszuwerden, indem sie ihnen die Uberfahrt nach Amerika bezahlten und sie im Gegenzug auf ihr Burgerrecht verzichten liessen.

Durch den Erwerb des Schweizer Burgerrechts, sei es von Gesetzes wegen?? etwa durch Geburt oder Adoption ??, sei es durch Einburgerung , wird gleichzeitig das Burgerrecht einer Gemeinde erworben. Diese Gemeinde ist der Burgerort .

Durch Geburt erhalt ein Kind den Burgerort des Elternteils, dessen Namen es tragt ( Art. 271 ZGB ). Fruher war das generell der Burgerort des Vaters. Dieser Burgerort muss nicht mit dem Wohnort der Familie ubereinstimmen, sondern wird quasi ?vererbt“.

Fruher erlangte eine Schweizer Burgerin durch die Heirat den Burgerort ihres Schweizer Ehemannes und verlor dabei ihren bisherigen Burgerort, den sie als Ledige hatte. Auch nach einer Scheidung behielt die Frau den so erworbenen Burgerort. Im ausgehenden 20. Jahrhundert erfolgte eine Anderung, wonach die Ehefrau zwar weiterhin den Burgerort des Ehemannes erwarb, aber durch Heirat ihren ursprunglichen Burgerort nicht mehr verlor. Seit Inkrafttreten des neuen Namens- und Burgerrechts per 1.?Januar 2013 hat die Heirat keinen Einfluss mehr auf das Burgerrecht der Ehefrau, diese behalt ihr eigenes Burgerrecht als einziges Burgerrecht ( Art.?161 ZGB ).

Bei der Einburgerung erwirbt jemand das Burgerrecht der Gemeinde, in der er wohnt. Voraussetzung ist in der Regel, mehrere Jahre dort gewohnt zu haben. Das Burgerrecht der Wohngemeinde konnen sowohl Auslander als auch Schweizer beantragen. Letztere erhalten dadurch die Moglichkeit, mehrere Burgerorte zu besitzen und an den Versammlungen der Burgergemeinde (die vielerorts von der politischen Gemeinde unabhangig ist) teilzunehmen und dort abzustimmen.

Formal ist es die Burgergemeinde (in einigen Kantonen sowie historisch auch Burgergemeinde genannt), die das Burgerrecht erteilt. An diese Erteilung ist das Burgerrecht des Kantons und der Eidgenossenschaft geknupft. Der fruher sehr grosse Spielraum der Gemeinde wird in jungerer Zeit zunehmend durch Vorgaben des Kantons und des Bundes eingeschrankt, welche die Rechtsgleichheit wahren sollen. So sind einfache Abstimmungen uber Einburgerungsgesuche nicht mehr erlaubt, weil sie nicht begrundet waren ( Art.?16 BuG ).

Bedeutung

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Heimatschein der Gemeinde Zollikofen im Kanton Bern , 1918

Viele Schweizer haben nie im Burgerort gewohnt. Der Burgerort muss aber in etlichen Formularen angegeben werden. Lange Zeit wurde am Burgerort das Familienregister gefuhrt, das Aufschluss uber Geburt, Heirat, Tod und Burgerrecht gab. 2004 wurde dieses durch das Personenregister ersetzt, das gesamtschweizerisch vom System Infostar verwaltet wird. Der Burgerort stellt den Heimatschein aus, der bei der Wohngemeinde fur die Dauer des Aufenthaltes zu hinterlegen ist.

Der Heimatort ist auf der Identitatskarte und im Pass aufgefuhrt. Bei der Ausarbeitung des Ausweisgesetzes wurde gepruft, ihn in diesen Dokumenten durch den Geburtsort zu ersetzen. Die Idee wurde jedoch wieder fallen gelassen. [1]

Fur die Ausubung der politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten ist nicht der Burgerort, sondern der Wohnsitz massgebend, solange der Burger in der Schweiz wohnhaft ist. Auslandschweizer konnen ihre politischen Rechte entweder in ihrem Burgerort oder alternativ in einer Schweizer Gemeinde ausuben, in der sie in der Vergangenheit ihren Wohnsitz hatten.

In Bezug auf die ortliche Zustandigkeit von Gerichten hat der Burgerort in Binnenfallen keine Bedeutung. So sieht die Schweizerische Zivilprozessordnung vor, dass fur Klagen gegen eine naturliche Person grundsatzlich das Gericht am Wohnsitz zustandig ist ( Art.?10 ZPO ). In internationalen Fallen kann der Burgerort jedoch subsidiar relevant sein: So sind z.?B. ≪die Behorden des Heimatkantons≫, d.?h. die fur den Burgerort zustandigen Gerichte bzw. Behorden, fur Namensanderungen von Auslandschweizern zustandig ( Art.?38 IPRG ), oder es kann ≪am Heimatort≫ (d.?h. Burgerort) auf Ungultigerklarung der Ehe geklagt werden ( Art.?45a IPRG ). Auch in Bezug auf Kindesverhaltnisse (z.?B. Art.?67 IPRG ) oder im Erbrecht spielt der Heimat- bzw. Burgerort noch eine subsidiare Rolle fur die Zustandigkeit: ≪War der Erblasser Schweizer Burger mit letztem Wohnsitz im Ausland, so sind die schweizerischen Gerichte oder Behorden am Heimatort zustandig, soweit sich die auslandische Behorde mit seinem Nachlass nicht befasst.≫ ( Art.?87 IPRG ).

In vielen Schweizer Gemeinden bestehen heute noch Burgergemeinden mit eigenem Vermogen neben den Einwohnergemeinden , wobei die Grenzen nicht deckungsgleich sein mussen. Aktive Burgergemeinden dienen unter anderem der kulturellen Identitatsstiftung, befinden aber auch uber die Verleihung des Ortsburgerrechts. Mancherorts haben heute aber die Einwohnergemeinden Aufgaben der Burgergemeinden (insbesondere Einburgerungen) ubernommen.

Es besteht fur den Heimatort grundsatzlich keine Verpflichtung mehr, seinen Burgern Sozialhilfe zu leisten. Diese Aufgabe wird nach der Regelung des Zustandigkeitsgesetzes vom Wohnort?? ungeachtet des Burgerrechts?? wahrgenommen. Hierdurch hat auch die Moglichkeit der Heimatgemeinde, in bestimmten Fallen gegen die Begrundung eines Vater-Kinds-Verhaltnisses Einspruch zu erheben, [2] an Bedeutung verloren. [3] Der Heimatort bzw. der Kanton , in dem der Burgerort liegt, kamen noch bis 2017 [4] fur die Kosten der Sozialhilfe auf, wenn ein Burger in den ersten zwei Jahren seiner Ankunft in einer neuen Gemeinde bedurftig wurde oder wenn er ohne festen Wohnsitz war. Die standeratliche Kommission fur soziale Sicherheit und Gesundheit empfahl jedoch der Bundesversammlung , diese Pflichten des Heimatortes aus dem Bundesgesetz uber die Zustandigkeit fur die Unterstutzung Bedurftiger zu streichen. Im Jahr 2012 entschied der Standerat einstimmig mit 43 Stimmen und der Nationalrat mit 168 zu 22 Stimmen [5] , diese letzte Bedeutung des Heimatortes aufzulosen. Das hatte zur Folge, dass nun der Wohnsitz bei Sozialhilfefallen keine Ruckerstattung mehr vom Heimatort/Burgerort fordern kann. Der Erlass aus dem Jahre 1681, der damals regelte, dass der Heimatort fur die Sozialhilfeleistungen aufzukommen hat, wurde somit nach 336 Jahren aufgehoben. [6] [7]

Da das Gemeindeburgerrecht fur den Erwerb des Schweizer Burgerrechts Voraussetzung ist, ist die Verleihung des Burgerrechts durch eine Gemeinde bei der ordentlichen Einburgerung bedeutsam. Dabei variieren die Voraussetzungen fur den Erwerb des Ortsburgerrechts zwischen den Gemeinden zum Teil erheblich, etwa bezuglich geforderter minimaler Wohnsitzdauer in der Gemeinde oder Integrationsleistungen .

Geburtsort in Formularen

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Ein praktisches Problem der Nennung nur des Burgerorts (nicht aber des Geburtsorts) in Schweizer Ausweisdokumenten ist, dass in nicht-schweizerischen Formularen oft der Geburtsort gemass offiziellem Dokument einzutragen ist, in den amtlichen Dokumenten der Schweiz jedoch ausschliesslich der Burgerort steht.

Gemeindereformen

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Durch Gemeindereformen kann sich der Burgerort einer Person ohne sein Zutun andern. Beispiele sind:

  • Gemeinden, die den Kanton wechseln
  • Gemeinde, die einem neu gegrundeten Kanton zugeordnet werden (zuletzt Kanton Jura )
  • Gemeindefusionen

Uberdies konnen Gemeinden ihren Namen andern.

Gemeindefusionen

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Bei Gemeindefusionen erhalten Personen mit Burgerrecht von sich zusammenschliessenden Gemeinden das Burgerrecht der neuen politischen Gemeinde. [8]

In einigen Kantonen bzw. ehemaligen Gemeinden ist es moglich, den fruheren Burgerort in Klammern eintragen zu lassen. [8] [9] [10] Der Eintrag erscheint dann auch so auf Identitatskarten und im Pass. [8] [9]

Auswirkungen

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Ausgestellte Ausweise mit dem fruheren Burgerort behalten ihre Gultigkeit, bei Erneuerung kann es aber erforderlich sein, den aktuellen Gemeindenamen nachzusehen. [11]

Liechtenstein

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Der Heimatort spielt in Liechtenstein eine ahnliche Rolle wie in der Schweiz. Der Heimatort stellt insbesondere auch den Heimatschein aus.

Fruher wurde in den Fuhrerscheinen des Furstentums Liechtenstein der Heimatort eingetragen, mittlerweile wie international ublich der Geburtsort. [12]

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Commons : Burgerrechtsurkunde ?? Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Heimatort ?? Bedeutungserklarungen, Wortherkunft, Synonyme, Ubersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Botschaft zum Ausweisgesetz, Bundesblatt 2000 4758 (PDF; 148?kB)
  2. Art. 259 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB, Art. 260a Abs. 1 ZGB, Art. 269a Abs. 1 ZGB
  3. Heinz Hausherr, Regina Aebi-Muller: Das Personenrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (=? Stampflis juristische Lehrbucher . Band  171 ). Stampfli, Bern 2005, ISBN 3-7272-0791-4 , S.  92  f .
  4. Anderung Zustandigkeitsgesetz. In: Bundesblatt 2012 9645. Abgerufen am 4.?April 2022 .
  5. Schlussabstimmung Nationalrat. Das Schweizer Parlament, abgerufen am 4.?April 2022 .
  6. Silvan Hartmann: Anderung im Sozialhilfegesetz: Heimatort verliert seine Bedeutung. In: Aargauer Zeitung . 8.?Januar 2012, abgerufen am 1.?Januar 2019 .
  7. Daniel Friedli: Der Heimatort wird irrelevant. In: NZZ am Sonntag . 8.?Januar 2012, abgerufen am 1.?Januar 2019 .
  8. a b c https://www.gr.ch/DE/institutionen/verwaltung/djsg/afm/aktuelles/2018/Seiten/201801151.aspx
  9. a b https://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/grosser-rat-gemeindegesetz-nimmt-erste-huerde-aargauer-verlieren-nach-einer-fusion-ihren-alten-heimatort-nicht-ganz-ld.2429513
  10. Gultige reine Heimatorte
  11. https://www.agvchapp.bfs.admin.ch/de/mutated-communes/query
  12. Fuhrerschein im Kreditkartenformat. Landesverwaltung Furstentum Liechtenstein, 18.?Juli 2023, abgerufen am 17.?Mai 2024 .