Ignacy Mo?cicki stammte aus einer vermogenden Familie des mittleren
Adels
und studierte
Chemie
an der
Technischen Hochschule Wien
und am
Polytechnikum zu Riga
, wo er auch Mitglied der Studentenverbindung
Welecja
war.
[1]
1892 emigrierte er nach London, wo er sich an der Arbeit des Auslandsverbandes Polnischer Sozialisten beteiligte. Dort lernte er 1896
Jozef Piłsudski
kennen. 1897 ubersiedelte er in die Schweiz, wo er als Professor fur Chemie an die Universitat Fribourg berufen wurde. In der Schweiz patentierte er auch eine Methode zur gunstigen industriellen Herstellung von
Salpetersaure
.
[2]
[3]
1912 wurde er auf den Lehrstuhl fur Chemie an der
Universitat Lemberg
berufen und war dort bis 1922 tatig. Bis 1926 schrieb er uber 60 wissenschaftliche Arbeiten aus dem Gebiet der Chemie, die ihm internationale Anerkennung verschafften.
Nach dem
Maiputsch
von
Jozef Piłsudski
im Mai 1926, der den Abgang des bisherigen Staatsprasidenten
Stanisław Wojciechowski
verursachte, wurde Mo?cicki von Piłsudski (der
die Annahme des Prasidentenpostens ablehnte
) als Prasidentschaftskandidat vorgeschlagen und am 1. Juni 1926 von der
Nationalversammlung
zum Prasidenten gewahlt
. Nach dem Ablauf der Amtsperiode am 8. Mai 1933
auf Wunsch Piłsudskis wiedergewahlt
, blieb er aber bis 1935 in dessen Schatten, ohne politische Bedeutung zu erlangen.
Am 23. April 1935 (19 Tage vor dem Tode Piłsudskis) trat die neue
polnische Verfassung
in Kraft, die dem Prasidenten weitgehende Vollmachten gab, u.?a. das Recht, wahrend eines Krieges oder
Ausnahmezustandes
seinen Nachfolger zu nominieren. Obwohl alle erwarteten, dass der Prasident nach dem Inkrafttreten der neuen Verfassung zurucktrate und dass Neuwahlen stattfinden wurden, wollte Mo?cicki nicht abtreten (seine Amtsperiode ware erst 1940 abgelaufen).
Nach Piłsudskis Tod entstanden zwei Machtzentren in Polen: die Gruppe ?Schloss“ (polnisch
Zamek
, so genannt nach der Residenz des Prasidenten, dem
Warschauer Konigsschloss
) um Mo?cicki und die Gruppe der ?Obristen“ (polnisch
Pułkownicy
) um den neuen
Marschall von Polen
Edward Rydz-?migły
. Ministerprasident war
Felicjan Sławoj Składkowski
.
Die polnische Niederlage nach dem
deutschen
und sowjetischen
Uberfall im September 1939
zwang Mo?cicki zur Flucht, um eine Kapitulation zu vermeiden. Er fluchtete zuerst nach
Rumanien
und reiste von dort im Dezember 1939 in die
Schweiz
, wo er am 2. Oktober 1946 verstarb. Die Urne mit seiner Asche wurde 1993 nach Warschau uberfuhrt und in der Krypta der
Kathedrale zum Heiligen Johannes
bestattet. Seine Frau wurde in der Verdientenallee des traditionsreichen Warschauer
Pow?zki-Friedhofs
bestattet. Im Warschauer Konigsschloss wurde vor ein paar Jahren das Mobiliar aus seinem Arbeitszimmer wieder aufgestellt.
Am
1. September 1939
wurde nach dem deutschen
Uberfall auf Polen
der folgende Aufruf des Staatsprasidenten an das polnische Volk veroffentlicht:
[4]
- Obywatele Rzeczypospolitej!
- Nocy dzisiejszej odwieczny …
Ubersetzung:
- Burger der Republik!
- In der heutigen Nacht begann unser Erzfeind Angriffshandlungen gegen den polnischen Staat, was ich vor Gott und der Geschichte feststelle.
- In diesem historischen Augenblick wende ich mich in der tiefen Uberzeugung an alle Staatsburger, dass das ganze Volk sich in der Verteidigung seiner Freiheit, Unabhangigkeit und Ehre um den Oberbefehlshaber und die Streitkrafte konzentriert und dem Angreifer eine angemessene Antwort gibt, wie sich dies schon oftmals in der Geschichte der polnisch-deutschen Beziehungen ereignet hat.
- Das ganze polnische Volk, das von Gott gesegnet [und] im Kampf um seine heilige und gerechte Sache mit der Armee vereinigt ist, geht Arm in Arm in den Kampf und zum vollen Sieg.
- Ignacy Mo?cicki
- Der Prasident der Republik
- Warschau, den 1. September 1939
Am 22. Februar 1892 heiratete Ignacy Mo?cicki Michalina Czy?ewska in
Płock
. Er war eng mit ihr verwandt ? sie war die Tochter der Schwester seiner Mutter, also seine Cousine ?, daher bedurfte die Hochzeit einer papstlichen Ausnahmegenehmigung.
[5]
In dem Kontext muss auch Mo?cicki Ubersiedlung 1892 in Ausland gesehen werden. Gemeinsam mit seiner Frau Michalina hatte er drei Kinder, Helena, Michał und Jozef, zudem auch drei Enkelkinder.
[6]
- Paweł Zaremba:
Historia Dwudziestolecia. 1918?1939
(=
Kultura. Biblioteka kultury
333,
ISSN
0406-0393
). 2 Bande. Ddo druku przygotował Marek Łaty?ski. Instytut Literacki, Paris 1981.