한국   대만   중국   일본 
"Der Soldat James Ryan" - ein neuer Spielberg-Film - World Socialist Web Site
Deutsch

"Der Soldat James Ryan" - ein neuer Spielberg-Film

"Der Soldat James Ryan" - ein neuer Spielberg-Film

"Naturlich ist jeder Kriegsfilm, sei er gut oder schlecht, ein Antikriegsfilm. ,Saving Private Ryan' wird das immer sein; aber ich hatte ein ganz personliches Anliegen, als ich diese besondere Kriegsgeschichte erzahlte. Der Film stutzt sich auf eine Reihe wahrer Begebenheiten aus dem zweiten Weltkrieg und sogar aus dem Burgerkrieg, er handelt von Brudern, die im Gefecht starben... Was mich vor allem an der Story anzog, war ihre offensichtlich menschliche Seite. Hier geht es um Mitleid, nicht um den Angriff auf den San Juan Hill [Schlacht im ersten Weltkrieg; - die Red.]. Außerdem ist es im Kern ein moralisches Stuck. Ich war fasziniert davon, wie alle diese jungen Arbeiter zu Helden wurden. Ich denke, wenn wir kampfen, dann geht es nicht mehr um hohere Werte, sondern um sehr personliche. Die Jungs in der Schlacht kampfen einfach ums Uberleben, kampfen darum, die Kameraden neben sich zu retten... Sie wurden nicht deshalb zu Helden, weil sie wie John Wayne sein wollten, sondern weil sie uberhaupt nicht nachdachten. Sie handelten instinktiv, aus dem Bauch heraus. Diese einfachen amerikanischen Soldaten, die die Welt befreiten, waren anstandige Jungs. Ihre Geschichte soll hier erzahlt werden." - Steven Spielberg in einem Essay fur Newsweek .

Meiner Meinung nach ist Steven Spielbergs Film "Saving Private Ryan" in kleinen und einfachen Dingen wahrhaftig, in großen und komplexen aber unrealistisch.

Der Film besteht aus einem kurzen Vorspiel, drei Akten und einem Epilog. In der Eroffnungsszene, die in der heutigen Zeit spielt, pilgert ein alter Amerikaner mit seiner Familie zu einem Schlachtendenkmal in der Normandie, von dem er offensichtlich tief beruhrt ist. Dann wird eine Uberschrift eingeblendet: "6. Juni 1944" , und wir werden Zeuge, wie im ersten Akt eine Gruppe von US-Soldaten an der Landung des D-Day teilnimmt und dabei schreckliche Verluste hinnehmen muß. In der zweiten Szene dringen die Uberlebenden dieser Einheit in das franzosische Hinterland vor und treffen wiederholt auf den Feind. Sie suchen nach dem Gefreiten Ryan, den sie aus den Kampfen herausholen wollen. Seine drei Bruder sind in der Schlacht gefallen und der Armeekommandant ist der Ansicht, daß er aus der Schußlinie herausgeholt werden muß. Nachdem Ryan endlich gefunden ist, sieht sich die Einheit im letzten Akt gezwungen, an der Verteidigung einer Brucke teilzunehmen, die von den Deutschen angegriffen wird. Im Nachspiel des Films stellt der Veteran, dessen Identitat wir bereits erraten haben, seiner Frau die Frage, ob sich die Opfer gelohnt hatten, die vor einem halben Jahrhundert gebracht worden waren.

"Saving Private Ryan" muß von mindestens zwei Gesichtspunkten her naher betrachtet werden: Einmal vom geschichtlichen, besonders in Bezug auf die Geschichte des zweiten Weltkriegs, zum andern bezuglich der Filmgeschichte, insbesondere der Kriegsfilme.

Der Sequenz, die die Landung der Alliierten in der Normandie zeigt, wird in den Kritiken große Bedeutung beigemessen. An sich scheint es mir legitim, wenn man eine solche Operation so genau wie moglich nachzuspielen versucht. Es ist sowohl eine bemerkenswerte technische Leistung als auch eine entsetzliche Erinnerung an die Folgen des Krieges, und doch scheint der Wert gering zu sein. Der Zuschauer sieht sich bestatigt in dem, was er schon wußte oder ahnte: Krieg ist die Holle. Aber ist das etwas qualitativ Neues? Außerdem muß man diese Sequenz im Verhaltnis zum ganzen Film beurteilen. Es scheint mir, daß Spielberg eine Realitat entmystifiziert, die offen gesagt fur kaum einen denkenden Menschen ein Geheimnis ist, um im ubrigen Film umso wirkungsvoller viel tiefer sitzende Illusionen und Legenden zu bestarken.

Viele historische Pramissen Spielbergs sind ganz einfach falsch. Es ist falsch, so zu tun, als ob amerikanische Soldaten "die Welt befreit" hatten, selbst wenn man annimmt, daß der Sieg der alliierten, nicht nur der amerikanischen Truppen, uber den Faschismus so etwas gewesen sei. Im Juni 1944 war das Schicksal des Hitlerregimes schon weitgehend durch die Niederlage besiegelt, die ihm die Rote Armee beigefugt hatte; erstens im Januar 1943 vor den Toren von Stalingrad, und zweitens in der massiven Panzerschlacht bei Kursk im Juli diesen Jahres.

Zunachst standen die sowjetischen Truppen 1941 75 Prozent der deutschen Armee gegenuber, und nur ein Viertel von Hitlers Heeren war an allen andern Fronten eingesetzt. Bis zum D-Day waren es nur noch 58 Prozent, aber die Streitkrafte der Achsenmachte, die gegen die UdSSR kampften, verhielten sich zu denen, die eine Invasion uber den Armelkanal abwehren sollten, immer noch im Verhaltnis drei zu eins (157 zu 58 Divisionen). Im Ganzen haben 13,6 Millionen sowjetische Soldaten und 8,2 Millionen Zivilisten im zweiten Weltkrieg ihr Leben verloren, im Vergleich dazu waren es 292.000 US-Soldaten. Die sowjetische Bevolkerung spielte - den Verbrechen und Fehlleistungen der stalinistischen Burokratie zum Trotz - eine entscheidende Rolle im Sieg uber die Nazis. Anhand von Spielbergs Film kame man nicht auf die Idee, daß außer den amerikanischen noch irgend welche anderen Truppen am Kampf gegen die Armeen Hitlers beteiligt waren.

Es gibt guten Grund fur die Annahme, daß 1944 eines der Motive fur die Invasion in Nordfrankreich die Angst war, die Rote Armee konnte Osteuropa uberrollen und ganz Deutschland besetzen. Washington erkannte die Dringlichkeit, zu intervenieren und seine Vorherrschaft uber den europaischen Kontinent zu sichern. Es diktierte England die Bedingungen der Invasion und setzte einen amerikanischen Kommandanten, den General Dwight D. Eisenhower, an ihre Spitze.

Man kann auch nicht mit Spielberg ubereinstimmen, wenn er sagt, daß gewohnliche Soldaten "zu Helden wurden... weil sie uberhaupt nicht nachdachten. Sie handelten instinktiv, aus dem Bauch heraus". Ein solcher Instinkt, der nicht durch ideologische Uberzeugung auf die eine oder andere Weise gelautert wurde, wurde einen durchschnittlichen Soldaten eher dazu bringen, den Kampf um jeden Preis zu meiden. Fur Zehntausende amerikanischer Soldaten und Offiziere war der zweite Weltkrieg ein Kreuzzug gegen den Faschismus. Nur deswegen war die US-Regierung uberhaupt in der Lage, eine wirkliche Unterstutzung im Volk fur den Krieg zu mobilisieren und Widerstand gegen eine Intervention zu uberwinden. Frank Capras Propagandafilmserie, "Warum wir kampfen", welche unter anderem die Teile "Der Nazi-Angriff", "Die Schlacht um Rußland", "Die Schlacht um China" umfaßte, wurde jedem US-Soldaten gezeigt, der nach Ubersee in den Krieg zog.

James McPherson, der hervorragende Historiker, hat am Beispiel des Burgerkriegs recht uberzeugend gegen eine solche Auffassung argumentiert. Auf der Grundlage eines erschopfenden Studiums von Briefen und Tagebuchern wies er nach, daß die Burgerkriegssoldaten "an das glaubten, was sie ,die ruhmreiche Sache' nannten und was viele von ihnen bei der Stange hielt. Wenn ihre Erfahrungen uberhaupt etwas bewirkten, dann daß die Ideologie noch starker und reiner wurde."

Der zweite Weltkrieg hatte einen anderen gesellschaftlichen Charakter als der Burgerkrieg, trotz Spielbergs Versuche, eine Parallele zwischen beiden zu ziehen. Auch wenn dieser Krieg der amerikanischen Bevolkerung als Kampf um Demokratie und Freiheit und gegen Faschismus prasentiert wurde, so ging es doch in Wirklichkeit um Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen von kapitalistischen Großmachten um ihre Vormachtstellung. Deutschland, das die Buhne der Geschichte als letzte imperialistische Nation betreten hatte, forderte die alten, zerfallenden europaischen Machte, Frankreich und England, heraus und beanspruchte die Vormacht auf dem Kontinent und die Kontrolle der Kolonien und Weltmarkte. Die USA, die in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg zur erstrangigen Weltmacht geworden waren, versuchten ihre eigene globale Herrschaft zu errichten.

Wurde der wahre Charakter dieses Krieges fur die Soldaten auf dem Schlachtfeld in der einen oder anderen Art sichtbar? Oder, was die Sache vielleicht etwas mehr auf den Punkt bringt: War der amerikanische Soldat der vierziger Jahre - im allgemeinen ein Arbeiter, Angestellter oder Kleinbauer, der bittere Erfahrungen mit dem Kapital und seinen Politikern gemacht hatte, der außerdem gerade das Elend der großen Depression durchgemacht hatte - war dieser Soldat bereit und in der Lage, die gleiche Art von politisch bewußter Hingabe fur den Krieg zu entwickeln wie achtzig Jahre vor ihm der Unionist, der fur republikanische Demokratie und gegen die Sklaverei gekampft hatte? Wohl kaum.

In jedem Fall erscheint Spielbergs Herabsetzung der "hoheren Werte" zugunsten der "personlichen" nicht akzeptabel und im Kern zutiefst undemokratisch. Der Film impliziert, daß nur die Autoritaten in Washington sich mit ideologischen Fragen befaßten, wahrend die Manner im Feld ohne zu denken die Drecksarbeit erledigen. Dies sagt gewiß einiges uber Spielbergs eigene privilegierte soziale Stellung und seine Weltanschauung aus, aber auch uber den heutigen Abgrund zwischen jenen, die Politik machen, und der uberwiegenden Mehrheit, die davon ausgeschlossen ist. Eine derart absolute Trennung ware jedoch in der Atmosphare der Depression und der Kriegsjahre undenkbar gewesen.

Wahrend die gewohnlichen Soldaten in Spielbergs Film im großen und ganzen ein roher und ruckstandiger Haufen sind und bestenfalls nach ihrem Instinkt handeln, sind die Offiziere bemerkenswerte Personlichkeiten, glanzend, geistreich und aufopferungsvoll. Der Film verherrlicht General George Marshall, den Mann, von dem die Operation zur Rettung des Gefreiten Ryan ausgeht.

Dies wirft eine weitere Frage auf. Welche fruheren selbsternannten "Antikriegsfilme" haben die Armeefuhrung als Verkorperung der Vernunft und Menschlichkeit dargestellt? Es gab Filme, die den Krieg offen befurworteten, jedoch das Oberkommando in weit weniger schmeichelhaftem Licht zeigten. Selbst großere Studioproduktionen der unmittelbaren Nachkriegszeit erlaubten sich eine kritischere Haltung. Man muß nur zwei Titel nennen: John Fords elegischer Film "They Were Expendable" ("Ein verlorener Haufen") und William Wylers Film mit dem ironischen Titel "The Best Years of Our Lives" ("Die besten Jahre unsres Lebens"). Spielberg scheint den Begriff "Antikriegsfilm" fast im Sinne von Orwells Neusprech zu verwenden. Als "Antikriegsfilm" konnte man Werke wie "Im Westen nichts Neues" von Lewis Milestone und "Paths of Glory" ("Wege zum Ruhm") von Stanley Kubrick bezeichnen, oder auch Filme voller schwarzen Humors wie Richard Lesters "How I Won the War" ("Wie ich den Krieg gewann") und Mike Nichols "Catch-22", - alles Filme, in denen die Armeespitze entweder als boswillig, dumm oder unfahig gezeigt wird. Ich denke, der Begriff "Antikriegsfilm" hatte immer zu Recht auch einen "anti-militaristischen" Inhalt und richtete sich ganz allgemein gegen das Establishment. Spielberg hat eine neue Kategorie erfunden, den durch und durch konformistischen, regierungstreuen "Antikriegsfilm".

Meiner Ansicht nach ist Spielberg viel zu begeistert von der Welt und seinem Platz in ihr, als daß er ein ernsthafter Kunstler sein konnte. Wenn er sein angebliches Thema nur halbwegs ernst genommen hatte - hat sich Amerika der enormen Opfer, die von seinen Soldaten im zweiten Weltkrieg erbracht worden waren, wurdig erwiesen? - dann hatte er einen ganz anderen, kritischeren Film gemacht. Das hat er aber nicht. Sein Ausgangspunkt war die Selbstgefalligkeit und Rechtschaffenheit der amerikanischen Mittelklasse, die ihre Existenz dem Krieg verdankt, und von einem solchen Standpunkt aus wandte er sich der Geschichte zu.

Auch als kunstlerische Leistung ist "Saving Private Ryan" schwach. Tom Hanks, der den Kommandanten der Einheit spielt, ist der zeitgenossische und vollkommen liebenswerte amerikanische Jedermann, aber er ist als Darsteller und als Personlichkeit kein James Stewart, und schon sein Forrest Gump reichte kaum an das auch nicht sonderlich hohe Niveau von Jefferson Smith heran. Die Person, die Hanks darstellt, das erfahren wir an einem wichtigen Wendepunkt, ist ein fruherer Englischlehrer, der durch den Krieg ein geharteter Anfuhrer und effizienter Killer geworden ist. Seine Hand zittert, ein Symptom der Wandlung. "Ich habe mich so verandert", sagt er. "Je mehr Menschen ich tote, desto weiter von zu Hause entfernt fuhle ich mich." Dies sind interessante und berechtigte Gedanken, aber bei allem Respekt, Hanks bleibt im Ganzen viel zu angenehm und floßt niemals wirklich Angst ein.

Tom Sizemore beeindruckt als ruppiger Feldwebel. Die Soldatengruppe besteht zum großten Teil aus vorhersehbaren ethnischen und regionalen Klischees: ein Italiener, ein Jude, ein Mann aus Brooklyn, ein hinterwaldlerischer Scharfschutze, ein feiger Bucherwurm, etc.

Das Zusammenspiel der Charaktere schien mir erstaunlich schematisch und konstruiert zu sein. Daruber hinaus fand ich eines der zentralen Themen nicht uberzeugend. Hanks Einheit ist soeben dem Fleischwolf der D-Day-Landung entkommen; ihre Zahl ist dezimiert. Dennoch beschweren sie sich bitterlich, als sie einen vergleichsweise leichten Auftrag zugewiesen bekommen, namlich Ryan zu finden und aus der Schußlinie zu nehmen. An einer Stelle bricht sogar beinahe eine Meuterei aus. Naturlich ist dies vom Standpunkt des Films aus notwendig, weil Hanks die Gelegenheit erhalten muß, eines der Leitthemen des Films darzulegen: Die Rettung von Ryan wird zum Inhalt ihres Krieges, d.h. wieder kampfen Menschen nicht fur eine große Sache, sondern bloß fur kleine und unmittelbare Ziele.

Spielberg ist offensichtlich begabt. Er ist einer der wenigen zeitgenossischen Filmemacher, die aus dem klassischen Hollywood-Kino die Fahigkeit mitgebracht haben, eine Geschichte schlussig zu erzahlen. Aber in seinen Handen hat diese Fahigkeit viel zu oft einen einschlafernden, beschwichtigenden Effekt auf das Publikum: man weiß von Anfang an, daß es kein boses Ende und keine Zweideutigkeiten geben wird. Der deutsche Soldat, den Hanks Manner in der Mitte des Filmes freigelassen haben, taucht naturlich am Ende des Films in der finalen Schlacht wieder auf. Charaktereigenschaften haben zwangslaufige Konsequenzen. Der impulsive Italiener wird fur seine Unbeherrschtheit bezahlen mussen. Die fehlende Kampftauglichkeit des Intellektuellen, das wissen wir schon im voraus, wird jemanden das Leben kosten. Schließlich wird auch die Frage, ob die Rettung Ryans ihren Preis wert war, durch den Auftritt des geretteten Mannes funfzig Jahre danach als geachteter und wurdiger Pater Familias endgultig geklart.

Ich bin kein Experte fur Kriegsfilme, von denen so mancher nur Hurrapatriotismus verbreitet. Eine fleißige Forschergruppe hat eine Liste von 581 Filmen zusammengestellt, die sich alle auf die eine oder andere Weise mit dem zweiten Weltkrieg beschaftigen. "Air Force" von Howard Hawks ist einer der hervorstechenden amerikanischen Filme auf der Liste. "They Were Expendable" ("Ein verlorener Haufen") ist sicherlich auch einer. "Objective Burma", unter der Regie von Raoul Walsh, ist ein sehr energisches und kompaktes Werk. "Sands of Iwo Jima" ("Iwo Jima - die große Schlacht") von Allan Dwan ist ein hoch patriotischer aber ebenfalls bemerkenswert gemachter Film. Don Siegels "Hell Is For Heroes" ("Die ins Gras beißen") ist ein eher anarchistischer und unsentimentaler Kriegsfilm. Der Film uber die deutsche Armee von Douglas Sirk nach der Novelle von Erich Maria Remarque, "Zeit zu leben und Zeit zu sterben", ist ein weiteres wertvolles Werk. Unter den jungeren Filmen erinnert man sich an "The Big Red One" von Samuel Fuller.

"Men in War" ("Tag ohne Ende") unter der Regie von Anthony Mann, ein Film uber den Koreakrieg mit Robert Ryan und Aldo Ray, behandelt die personlichen Konsequenzen des Kriegs viel aufwuhlender und uberzeugender als "Saving Private Ryan".

Alle diese Filme haben eins gemeinsam: Sie sind zu allererst dramatische Geschichten uber menschliche Beziehungen, die zufallig unter den besonderen und außergewohnlichen Bedingungen eines Kriegs handeln. Die Tatsache, daß die Filmemacher die Kriegsjahre wie andere Erwachsene selbst miterlebt haben, hat vielleicht zu dieser Herangehensweise beigetragen. Der Krieg war ein Teil ihres Lebens, mit dem sie als Kunstler und als Mensch konfrontiert wurden. Spielberg setzte sich hingegen das Ziel, einen großen Film uber Krieg zu machen. Der Regisseur und sein Drehbuchautor Robert Rodat schufen sich ihre Figuren, wie sie es brauchten, und konstruierten Verhaltensweisen, die zu ihren Vorstellungen paßten. Die Hohlheit und der gekunstelte Charakter der Story haben hauptsachlich hier ihre eigentliche Ursache.

In diesen Film konnte man leicht das Schlimmste hinein interpretieren. Das amerikanische Militar hat zwanzig Jahre lang versucht, das Vietnamdebakel zu uberwinden. Das Ende des Kalten Kriegs hat die Welt ironischerweise unsicherer gemacht. Es erfordert keine außergewohnliche Einsicht, zu verstehen, von welch entscheidender Bedeutung militarische Macht fur die amerikanische herrschende Elite geworden ist. Es wird weitere abenteuerliche Interventionen geben, im Nahen Osten, auf dem Balkan oder anderswo. Dabei ist es nicht unwichtig, daß die Armee ein hohes und demokratisches Ansehen genießt. Spielberg hat sein Teil dazu geleistet, das Ansehen der Armee in diesem Sinne aufzupolieren. Man sollte nicht uber die Tatsache hinweggehen, daß der Film mit demselben Bild beginnt und endet: Die Leinwand wird von der amerikanischen Flagge ganz ausgefullt.

Spielberg macht populare Filme. Viele Menschen glauben seinen Filmen mehr als der offiziellen Politik. Er ist wahrscheinlich anstandiger und ehrenhafter als die Politiker. Sein vager, lahmer Liberalismus ist jedoch ziemlich nutzlos. Viele seiner Filme dienen der Aufrechterhaltung von Illusionen. Sie sprechen großenteils nostalgische Gefuhle und Konservatismus an. In seinen Filmen stellt er Amerika oft so dar, wie viele Menschen sich gerne vorstellen oder wunschen, daß es mal gewesen sei. Aber in Wirklichkeit war es das nie. (So zum Beispiel das atemberaubend unrealistische Bild der Farm in Iowa, wo Ryans Mutter lebt). Die Illusionen, die er schafft, haben eine gewisse Kraft, weil er sie teilt, - Spielberg ist Amerika tatsachlich dankbar, weil es ihn beruhmt und erfolgreich gemacht hat, - aber sie sind hohl. Es fehlt ihnen die Leidenschaft. Ihnen liegen nicht einmal die alten Uberzeugungen von Regisseuren wie Ford und Hawks zugrunde, die die USA fur das Land der Freiheit und Gerechtigkeit fur jeden hielten. Sie konnen daher, wie man an "Saving Private Ryan" sehen kann, auch nicht die Grundlage ernsthafter kunstlerischer Arbeit sein.

Siehe auch:
Korrespondenz
Zur Besprechung des Films "Der Soldat James Ryan" von Steven Spielberg

(8. September 1998)

Loading