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Matchwinner Jonas Hector : Made in Koln?

Lesezeit: 3 min

Der 26-Jahrige hat keinen gewohnlichen Weg genommen, um Profi und ein Fixpunkt im DFB-Team zu werden. Dass er zum entscheidenden Mann im Viertelfinale wird, ist eine Sensation.

Von Sebastian Fischer ?, Bordeaux/Munchen

Vielleicht war Jonas Hector auf dem Rasen in Bordeaux in Gedanken auf einem Traktor. Es ist etwas mehr als sieben Jahre her, dass er auf einem solchen durch einen kleinen Ort im Saarland fuhr, die Menschen jubelten ihm zu. Der SV Auersmacher war gerade in die funfte Liga aufgestiegen, auch dank des herausragenden Spielmachers Hector, damals 18 Jahre alt. In einer nicht enden wollenden Feiernacht schwor er damals seinem Heimatverein die Treue, dem VfL Bochum sagte er ab. Profifußball, von zu Hause wegziehen, das konnte er sich einfach noch nicht vorstellen?damals.

Vielleicht war er am Samstag in Gedanken dort. Vielleicht dachte er daran, wie unwahrscheinlich seine Geschichte ist. Jedenfalls war er in Gedanken ganz woanders als auf dem Rasen, auf dem er soeben die deutsche Nationalmannschaft ins Halbfinale geschossen?hatte.

Hector, 26, der vor sechs Jahren dann doch Profi wurde und zum 1.FC Koln wechselte, hat von allen deutschen Nationalspielern im Jahr 2015 die meisten Landerspiele absolviert. Es war zum Start dieses Turniers also keine Sensation, dass der so schuchterne junge Mann als Stammspieler auf der Linksverteidiger-Position begann. Joachim Low hat ubher Hector vor dem Turnier gesagt, er sei "gesetzt", der Bundestrainer schert sich nicht um die leise Kritik an seinem unauffalligsten Spieler, er stellt ihn einfach immer auf, auch wenn er am Samstag von einem grippalen Infekt geschwacht war. Doch dass Hector dann zum entscheidenden Spieler wurde, in einem EM-Viertelfinale, das war dann doch irgendwie eine?Sensation.

"Und dann hab ich mein Herz in die Hand genommen"

"Es waren nicht mehr viele Leute da. Irgendwann muss man dann, und dann hab ich mein Herz in die Hand genommen", stammelte er nach dem Spiel ins ARD-Mikrofon, er schaute wie durch den Reporter hindurch, als ware alles um ihn herum rosarot. Er sagte: "Wir sind zum Gluck eine Runde weiter. Es war sehr anstrengend. Naturlich war etwas Gluck?dabei."

Hector war als neunter Schutze nominiert. Als neunter Schutze atmet man eigentlich beruhigt durch, als neunter Schutze druckt man die Daumen, eigentlich muss man nicht schießen. Und als er dann wider Erwarten dran war, schoss Hector auch keinen uberragenden Elfmeter. Gianluigi Buffon hatte noch den Arm am etwas zu mittigen Schuss des Kolners. Doch er war einen Tick zu feste geschossen, als dass Buffon ihn tatsachlich hatte halten konnen. Hector drehte wie von Sinnen zum Jubeln?ab.

Es war ja nicht nur dieses Tor, das ihn zum Mann des Spiels machte in seinem 19. Einsatz fur Deutschland. Linksverteidiger Hector hatte die Drei-Mann-Innenverteidigung gemeinsam mit seinem Pendant Joshua Kimmich auf der rechten Seite entlastet, gleichzeitig liefen viele Angriffe uber ihn. In diesem 3-5-2-System, das in der Defensive zu einem 5-3-2-System wird, sind die Außenverteidiger ja der entscheidende taktische?Joker.

Beim 1:0 durch Mesut Ozil stach der Joker, wenn auch auf ungeahnte Weise: nach einer traumhaften Vorlage von Mario Gomez vom linken Flugel. Aber dann war es Hector, der Gomez' Vorlage aufnahm und den Ball prazise in die Mitte schickte, wo Ozil?vollstreckte.

Nicht im Internat, sondern im Dorfklub groß geworden: Das ist selten

Hector war fruher Spielmacher in der funften Liga, auch in der vierten Liga fur die Kolner U21 spielte er noch offensiv. Beim FC war er dann zunachst der taktisch disziplinierte Dauerlaufer links in der Viererkette, doch in dieser Saison, auch durch das dazu gewonnene Selbstbewusstsein in der Nationalmannschaft, ist er in Koln immer weiter ins Zentrum geruckt, nimmt eine immer zentralere Rolle ein. Spieler wie ihn, die nicht in einem Internat groß geworden sind sondern bei einem Dorfklub, gibt es eigentlich nicht mehr. Doch seinem Spiel sieht man etwaige Defizite langst nicht mehr an. Im Gegenteil: Die Entwicklung, die andere mit Anfang 20 machten, macht er mit Mitte 20 umso?rasanter.

"Made in Koln!" twitterte Lukas Podolski, Deutschlands Feierkonig in der Nacht. Dazu postete er ein Bild aus der Kabine: Poldi mit einer Effzeh-Mutze auf dem Kopf und mit dem Spieler des Tages im Arm. Made in Koln: Dort, am Geißbockheim, nennen sie Jonas Hector seit Jahren "Harry Hektik". Nicht etwa weil Hector wirklich hektisch Fußball spielen wurde, nein, der Name ist ironisch gemeint. Seine Mitspieler dort wissen schon lange, was in der Nacht von Bordeaux beim entscheidenden Elfmeter alle Deutschen, alle Italiener und ganz viele Europaer gesehen haben: Jonas Hector ist eine coole?Sau.

SZ vom 03.07.2016 - Rechte am Artikel konnen Sie hier erwerben.
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