Das Land befinde sich in einer hochgradigen politischen Krise, und die Mehrheit des Volkes sehe Rumanien auf dem Weg in die falsche Richtung: Nach den tagelangen Massendemonstrationen gegen eine Lockerung des Anti-Korruptionsgesetzes und gegen die linksgefuhrte Regierung trat Prasident Klaus Iohannis (Artikelfoto) vor die Abgeordneten und prasentierte noch einmal seine Vorschlage fur eine Losung. Er ließ im Parlament keinen Zweifel daran aufkommen, dass er vor allem von der Bukarester Fuhrung weiterreichende Konsequenzen erwartet.
"Rucktritt zu wenig, Neuwahl zu viel"
Es reiche nicht, dass ein Minister zurucktrete. Iohannis meinte damit Justizminister Florin Iordache, der fur die inzwischen wieder aufgehobene Korruptionsverordnung mitverantwortlich zeichnete, die den Zorn der Demonstranten provoziert hatte. "Die Losung muss von der (sozialdemokratischen Regierungspartei) PSD kommen", sagte Iohannis.
Die Sozialdemokraten hatten in den Dezember-Wahlen das Recht auf ein Mitregieren gewonnen und mussten die Krise "intern" losen, meinte das Staatsoberhaupt und legte damit nahe, das Kabinett neu zu besetzen. Derzeit halte er es aber fur "uberzogen", schon wieder Wahlen anzusetzen, sagte der Prasident. "Rumanien braucht eine starke Regierung, eine Regierung, die transparent und zuverlassig arbeitet", so Iohannis. Der konservative Prasident war mit dem Versprechen angetreten, das arme EU-Land wahrend seiner funfjahrigen Amtszeit zu demokratisieren und von Korruption zu befreien.
Grindeanu und Dragnea in der Defensive
Ministerprasident Sorin Grindeanu lehnte einen Rucktritt erneut ab. Er werde seinen Standpunkt in der Debatte zum Misstrauensvotum der Opposition am Mittwoch im Parlament ausfuhrlich darlegen, kundigte er an. Auch auf die Spitze der von Postkommunisten gegrundeten PSD wachst der Druck. Deren Vorsitzender Liviu Dragnea gilt als die treibende Kraft hinter der abgemilderten Korruptionsverordnung.
Diese sah vor, dass Amtsmissbrauch nur dann strafrechtlich verfolgt wird, wenn der finanzielle Schaden 200.000 Lei (rund 45.000 Euro) ubersteigt. Dragnea, der wegen einer Vorstrafe wegen versuchten Wahlbetruges derzeit kein Regierungsamt ausuben darf, mochte Ministerprasident werden. Er gilt als Schlusselfigur der aktuellen politischen Krise in Rumanien.
Auch nachdem Grindeanu am Samstag die Rucknahme der Eilverordnung verkundet hatte, rissen die Proteste auf der Straße nicht ab. Am Sonntag beteiligten sich daran landesweit etwa 500.000 Menschen, an Massenaufmarschen, wie man sie seit dem Sturz des Ceausescu-Regimes 1989 nicht mehr erlebt hatte. Auch am Montag versammelten sich tausende Demonstranten. Fur die kommenden Tage sind weitere Kundgebungen geplant.
SC/wl (APE, afp, rtre)