Trotz ihres mehrfachen Makels des
"falschen" Geschlechts, der "falschen" Herkunft und der
schlechten Erziehung, ohne Vermogen, Witwe, gab sich Marie Gouze mit dem ihr
vorherbestimmten Leben nicht zufrieden. Sie zog mit einem reichen
Transportunternehmer ins vorrevolutionare Paris, wo sie sich den schoner und
aristokratischer klingenden Namen "Olympe de Gouges" gab und Kontakt
zu den gebildeten Kreisen, den kulturellen Zirkeln und Salons suchte. Sie lebte
von Unterhaltszahlungen ihrer Liebhaber, und die Verleumdungen, sie sei eine
Hure, nahm sie in Kauf, um ihren Traum zu verwirklichen: Sie wollte
Schriftstellerin werden.
Olympe de Gouges versuchte ihren
Lebensunterhalt als Theaterautorin zu bestreiten. Jahrelang kampfte sie um die
Auffuhrung ihrer Stucke in dem konservativen, dem Konig unterstellten Theater
Comedie Francaise. Bereits eines ihrer ersten Stucke wurde in Paris zu einem
Politikum. In "L´Esclavage des Negres" prangerte sie die Sklaverei
in den Kolonien an. Bereits nach drei Vorstellungen ließ der Burgermeister von
Paris das Stuck wieder absetzen. In den Zeitungen wurde de Gouges verhohnt.
Erbittert schrieb sie: "
Warum diese
unerschutterliche Voreingenommenheit gegen mein Geschlecht? Und warum sagt man,
wie ich es habe laut sagen horen, daß die Comedie Francaise keine Stucke von
Frauen spielen sollte? Ich bin eine Frau, wenig reich ... Wird es den Frauen
denn niemals erlaubt sein, den Schrecken der Armut anders zu entkommen als mit
niedertrachtigen Mitteln?
"
Angeregt durch die revolutionaren Ereignisse
ab 1789 wandte sie sich immer mehr der Politik zu. De Gouges besuchte
regelmaßig die Sitzungen der Nationalversammlung. Ihre Ideen verwandelte sie
in Vorschlage zu sozialpolitischen Maßnahmen, die sie auf eigene Kosten
drucken und als Plakate anschlagen ließ. So wurden sie in ganz Paris
diskutiert.
Mit ihrer "
Erklarung
der Rechte der Frau und Burgerin
" war Olympe de Gouges die erste
Person, die wirklich umfassende Menschen- und Burgerrechte formuliert hatte.
Die Deklaration erregte in ganz Frankreich und sogar im Ausland Aufsehen. Ihre
Schrift "Die drei Urnen oder das Wohl des Vaterlandes" fuhrte
schließlich zu ihrer Verhaftung. Diese gab Anlass, in Olympe de Gouges eine
Anhangerin der Partei der Girondisten zu sehen, die zur selben Zeit (im
Mai/Juni 1793) aus dem Konvent ausgeschlossen wurden. De Gouge hatte darin eine
Volksbefragung zu drei moglichen Regierungsformen vorgeschlagen:
"Republikanische Regierung, eins und unteilbar; foderative Regierung;
Monarchie." Zudem hatte sie im Dezember 1792 den Konig, vor allem aus
humanitaren Grunden, offentlich verteidigt. Sie wollte die Umgestaltung der
Gesellschaft nicht durch sinnlose Gewalt, sondern durch Worte, durch die
Veroffentlichung ihrer Schriften und den unablassigen Appell an die Vernunft
erreichen. Dadurch blieb sie ? trotz ihrer Differenzen zu Rousseau ? eine
wahre Vertreterin der Aufklarung.
De Gouges kam vor das Revolutionstribunal.
Beide Aktionen, ihre Schrift wie auch die Verteidigung des Konigs, wurden ihr
als Propaganda zur Wiederherstellung der Monarchie ausgelegt. Am 3. November
1793 wurde Olympe de Gouges gekopft.
Olympe wurde nicht nur als Parteigangerin der
Girondisten, sondern auch als Frauenrechtlerin verurteilt. Zwei Wochen nach
ihrem Tod wurde sie in einer Rede des Fuhrers Chaumette anderen Frauen als
warnendes Beispiel vorgehalten: "
Erinnert
Euch dieser Virago... der schamlosen Olympe de Gouges, ... die die Pflichten
ihres Haushaltes vernachlassigt hat, die politisieren wollte und Verbrechen
beging. Alle solchen unmoralischen Wesen wurden vom Rachefeuer der Gesetze
vernichtet... Ihr mochtet sie imitieren? Nein, Ihr spurt wohl, daß ihr nur
dann interessant und der Achtung wurdig seid, wenn Ihr das seid, was die Natur
wollte, das Ihr seid.
"
[veroffentlicht im Courrier Republicain,
19.November 1793]
[Autorin: Dorette Wesemann, Redaktion: Ragnar
Muller]