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Lili Elbe – BUNDESSTIFTUNG MAGNUS HIRSCHFELD

Lili Elbe (* 18. Dezember 1882 in Vejle, Danemark; † 12. September 1931 in Dresden), geboren als Einar Wegener [Andreas Sparre], danische Malerin, eine der ersten Menschen, die sich geschlechtsangleichenden Operationen, im Institut von Magnus Hirschfeld und der Dresdener Frauenklinik, unterzog.

Porträtfoto: Lili Elbe

Lili Elbe zahlte damals in ganz Europa zu den aufsehenerregendsten Fallen von Kurt Warnekros [Werner Kreutz], Gynakologe und Leiter der Frauenklinik in Dresden, sowie von Magnus Hirschfeld [Professor Hardenfeld] an seinem Institut fur Sexualwissenschaft [Institut fur Seelenkunde] in Berlin.

Nach mehreren Operationen, die zu einer Geschlechtsangleichung fuhrten, wurde auch ein Versuch der Transplantation einer vollstandigen Gebarmutter unternommen. Ob es sich jedoch wirklich um eine Transplantation gehandelt hat oder eher eine Scheidenplastik durchgefuhrt worden ist, gilt heute als umstritten. Sie verstarb am 12. September 1931 in der Frauenklinik und wurde ebenda am 15. September 1931 beerdigt. Uber die Todesursache ist nicht viel erhalten. In einem Zeitungsartikel aus ?Die Geburtenregelung“ von 1933 wird auf Seite 33 Krebs als Todesursache genannt. Auch wird davon gesprochen, dass sie an einer Herzlahmung starb und diese als Folge der letzten Operation gesehen werden kann. Genaueres ist jedoch unklar, da die Aufzeichnungen der Frauenklinik im Krieg verloren gegangen sind und die Sterbeurkunde keinerlei Vermerke enthalt.

?Ich kampfe gegen die Voreingenommenheit des Spießburgers, der in mir ein Phanomen, eine Abnormitat sucht. Wie ich jetzt bin, so bin ich eine ganz gewohnliche Frau.“

Lili Elbe

Es war der Sommer im Jahr 1929 als Lili Elbe in Paris auf das Anraten einer Freundin hin Kurt Warnekros in einem Pariser Hotel traf. Zu diesem Zeitpunkt klagte sie regelmaßig uber starke Schmerzen im Unterleib und hatte bereits mehrere renommierte Arzte erfolglos besucht. Es fand eine kurze Anamnese statt, gefolgt von einer palpierenden Untersuchung. Danach stand fur Kurt Warnekros eine Diagnose fest, die er aber fur sich behielt und Lili Elbe empfahl alsbald nach Berlin aufzubrechen, um dort Magnus Hirschfeld zu treffen und im Anschluss nach Dresden zu reisen.

Im Februar 1930 kam Lili Elbe der Anweisung von Kurt Warnekros nach und begab sich nach Berlin. Am ersten Tag im Institut fur Sexualforschung war es vermutlich Felix Abraham [Professor Arns], welcher fur Kurt Warnekros eine erste Begutachtung durchfuhrte, sowie ein Blutbild erstellte, da er im Institut als Forensiker tatig gewesen war. Am zweiten Tag im Institut traf Lili Elbe dann auf Magnus Hirschfeld, der ihr zu Beginn einen Fragebogen uberreichte. Im Gesprach teilte er dann mit, dass eine Uberweisung in die Frauenklinik Dresden nur stattfinden kann, wenn in Berlin bereits eine erste Operation erfolgt ware. Dabei betont er ?Frau“ in Frauenklinik und verweist auf die derzeitige außerliche Erscheinung. Als sicher anzunehmen ist, dass damit eine Kastration (Orchiektomie) gemeint gewesen war. Offen ist jedoch die Durchfuhrung einer Penisamputation (Penektomie), weil Details der Operation nicht genau thematisiert werden. Am dritten Tag im Institut erfolgten ein weiteres Gesprach und eine erneute Blutabnahme, da die Ergebnisse des ersten Blutbildes eindeutig weiblich ausgefallen waren. Bei wem die Behandlung am dritten Tag stattfand ist jedoch unklar.

Die erste Operation, von der Magnus Hirschfeld sprach, fand in einer Praxis in Berlin statt und er selbst war auch zugegen. Am 4. Marz 1930 fand sich Lili Elbe dort ein. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um Ludwig Levy-Lenz [Professor Gebhard], der seine Praxis am Rosenthaler Platz hatte und einen Schwerpunkt in Gynakologie, sowie kosmetischer Medizin hatte. Ebenso veroffentlichte Levy-Lenz einige Berichte uber ahnliche Operationen [1] und ein Artikel von 1933 verweist ebenfalls auf seine Tatigkeit am Institut. Am 5. Marz fand die Operation dann in Anwesenheit eines Assistenten von Kurt Warnekros statt, damit dieser ihm direkt berichten konnte.

Die anfanglichen Veranderungen nach der Operation verwunderten auch die Arzte. So war die Stimme von Lili Elbe viel hoher als zuvor und einem Sopran gleich. Die Gesichtszuge wurden weiblicher und von dem Personal wurde sie als Frau wahrgenommen.

Am 14. Marz 1930 bereitete Lili Elbe ihre Abreise nach Dresden vor und musste noch eine letzte Blutabnahme uber sich ergehen lassen. Der Assistenzarzt, der diese in der Praxis von Levy-Lenz durchfuhrte, erkannte sie nicht wieder.

In der Frauenklinik Dresden musste noch einige Zeit des Wartens vergehen, weil die Folgen der ersten Operation noch nicht abgeheilt waren. Am 26. Mai 1930 fuhrte Kurt Warnekros dann die geschlechtsangleichende Operation durch. Sicher ist, dass er weibliche Gonaden (Ovarien) transplantierte. Weitere Details der Operation werden nicht genannt und sind auch nicht mehr zu rekonstruieren.

Im Juli 1930 wurde Lili Elbe gesund aus der Frauenklinik Dresden entlassen und reiste mit ihrer Frau Gerda [Grete] nach Kopenhagen. Dort verbrachte sie ihre Zeit im Kreis von Freunden und Bekannten aus ihrer Zeit in der Kunstszene Kopenhagens, um dann am 14. Juni 1931 fur eine letzte Operation in die Frauenklinik zuruckzukehren.

Anfangs war Kurt Warnekros wohl nicht uberzeugt von der Idee sie noch einmal zu operieren und ließ sich dann nach einer weiteren Untersuchung doch darauf ein. Lili Elbe hatte den Wunsch einmal eine richtige Mutter werden zu konnen, so dass die Vermutung der Transplantation einer Gebarmutter sehr naheliegend ist [2] . Am 17. Juni 1931 wurde Lili Elbe operiert. Nach der Operation nehmen die Berichte von starken Schmerzen und dem Gefuhl von Schwache, sogar dem Willen zu sterben, nicht ab und vier Monate spater, am 12. September, verstarb Lili Elbe im Kreis der Familie.

Anfang September schrieb sie noch einen letzten Brief:

?…Jetzt weiß ich, dass der Tod kommt…ich habe heute Nacht von Mutter getraumt…sie nahm mich in ihre Arme…sie sagte Lili zu mir….und Vater war auch dabei…“

Uber die familiaren Umstande von Lili Elbe ist nur wenig bekannt. Sie wurde als jungstes von vier Kindern, drei Sohnen und einer Tochter, eines Kaufmannes in Vejle, Danemark geboren. Vaterlicherseits stammt die Familie von Mallorca und erst die Großeltern zogen nach Jutland. In jungen Jahren wurde Lili oft aufgrund ihrer langen blonden Locken und sehr hellen Haut fur ein Madchen gehalten. Im Alter von 5 Jahren verlieh ihr der Kindergarten fur gute Leistungen im Sticken und Stricken eine Auszeichnung im Handarbeiten. Von ihren Brudern ist sie oftmals wegen ihrer Madchenstimme gehanselt worden. Die Schulzeit verbrachte Lili sehr unauffallig. Sie besuchte oft die Bibliothek und war als ?richtiger Junge“ an Prugeleien beteiligt. Im Schwimmunterricht empfand Sie jedoch immer ein Unbehagen aufgrund ihrer Knabenfigur. Die Jungen waren im Vergleich meist korperlich weiter entwickelt als sie, wie sie berichtete.

Im Anschluss an das Gymnasium folgte im Alter von 19 Jahren ein Studium an der Koniglich Danischen Kunstakademie in Kopenhagen. Im Laufe des ersten Jahres lernte sie dort Gerda kennen und beide verliebten sich auf den ersten Blick ineinander. Ein Jahr spater heirateten beide und einige Jahre spater waren sie in der europaischen Kunstlerszene sehr begehrt. Sie reisten viel und verbrachten ihre Zeit in Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und hatten Zeit Lebens eine enge Bindung an Kopenhagen. Auf fruhen Bildern von Gerda finden sich bereits Motive und Darstellungen von Lili Elbe und sie nahm diesen Vornamen bereits ein paar Jahre vor ihrer ersten Operation an. Der Nachname Elbe kam erst spater in der Frauenklinik Dresden hinzu und sollte sie an jenen Ort erinnern, der ihr ein neues Leben schenkte. Dort beschloss sie dann auch ein Buch uber ihr Leben zu schreiben, welches ein Jahr spater von Niels Hoyer herausgegeben wurde und auf Deutsch erschien. Am 5. Juni 1931 beschloss Lili Elbe, sollte sie die letzte Operation nicht uberleben, ihr Buch mit den Worten von Hans Jager ausklingen zu lassen.

Diesem Wunsch komme ich an dieser Stelle zum Abschluss gerne nach:

?Ich wollte, dass, wenn ich selber nicht mehr bin, mein tristes Liebesbuch meine Hinterlassenschaft sein wurde, als ein Zeugnis, dass ich einmal gelebt! Ich bilde mir ein, dass dieses Buch gelesen werden wurde ? gelesen, wie wenige Bucher -, von allen, die unglucklich lieben, denen es in die Hande fallen wurde durch Jahre und aber Jahre -, und mir ist, als konnte ich allen von ihnen die Hand drucken. Und danach habe ich ein so unsagbares Verlangen, ja, das ist eigentlich das einzige Verlangen, das ich habe, wenn ich jetzt allem Lebewohl sagen muß ? oh, Sie ahnen nicht, was fur eine letzte Genugtuung dies fur mich sein wurde.“

Hans Jager in Lili Elbe

[*] in der Biografie verwendete Decknamen

[1] Diese erste komplette operative ?Genitalumwandlung“ wurde wie der zweite Fall von Arno (Toni) E. von Ludwig Levy-Lenz am Institut vorgenommen. Beide Falle wurden von Abraham 1931 in der Zeitschrift fur Sexualwissenschaft publiziert.

[2] “Ich mochte so gern einmal Mutter werden!“ drangt es mich, Ihnen, dem Freunde und ? Beichtvater, noch einmal recht ausfuhrlich zu schreiben. ? Seite 241

Autorin: Niki Trauthwein/Bundesstiftung Magnus Hirschfeld

Literatur (Auswahl)

  • Niels Hoyer (Hrsg.) Lili Elbe: Ein Mensch wechselt sein Geschlecht. Eine Lebensbeichte. Carl Reissner Verlag Dresden, 1932.
  • Sabine Meyer: Mit dem Puppenwagen in die normative Weiblichkeit. Lili Elbe und die journalistische Inszenierung von Transsexualitat in Danemark. In: Nordeuropaforum. 20 (2010: 1 ? 2), S. 33-61. ( Online PDF , 283 Kb)
  • Sabine Meyer: ‚Wie Lili zu einem richtigen Madchen wurde‘: Lili Elbe: Zur Konstruktion von Geschlecht und Identitat zwischen Medialisierung, Regulierung und Subjektivierung. Transcript Verlag (2015).
  • Susanne Kailitz: Das Experiment. In: Die Zeit. 12. Januar 2012. (siehe Linkliste)Die Geburtenregelung ? Zeitschrift des Reichsverbandes fur Geburtenregelung und Sexualhygiene e.V. 1. Jahrgang, Nr. 4, 1933.

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